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Stadtwerke-AffäreDiese Absprachen standen im Geheimpapier von 2018

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Die Unternehmenszentrale der Rhein-Energie AG in Ehrenfeld.

Köln – Der Stadtrat steht vor einem der wichtigsten Beschlüsse dieser Wahlperiode: Am kommenden Donnerstag werden die Politikerinnen und Politiker darüber entscheiden, wie die Rhein-Energie AG ihre Rolle als öffentlicher Energieversorger und Gewinnbringer sichern soll. Dafür soll das Unternehmen seine Tätigkeit in der Region in Absprache mit Eon ausweiten.

Der Plan: Der bereits heute mit 20 Prozent beteiligte Konzern soll seine Anteile an dem städtischen Energieunternehmen erhöhen. In einem ersten Schritt Anfang des kommenden Jahres auf 24,9 Prozent; in einem zeitlich noch nicht festgelegten zweiten Schritt, den der Rat dann gesondert bewilligen müsste, auf bis zu 40 Prozent. Als Gegenleistung soll die Rhein-Energie die Mehrheit der Versorgungsgesellschaft Rhenag übernehmen, die an etlichen Stadtwerken im Umland beteiligt ist.

Wenn sich das umsatzstärkste kommunale Unternehmen neu ausrichtet, dürfte das für die Kölner Stadtwerke insgesamt nicht ohne Folgen bleiben. Es ist davon auszugehen, dass der von Rhein-Energie-Chef Dieter Steinkamp und zwei weiteren Managern nebenamtlich geleitete Konzern erwägen wird, einen hauptamtlichen Geschäftsführer einzustellen.

Alles zum Thema Kölner Verkehrs-Betriebe

Eben diese Absicht hatte vor gut drei Jahren zu einer Postenaffäre geführt, die den Ruf Kölns als Hort des Klüngels untermauerte. Damals hatten Spitzenpolitiker der SPD, der CDU und der Grünen in kleinstem Kreis eine Reihe von Personalabsprachen getroffen. Über das Ergebnis, das sie in einer „Interfraktionellen Vereinbarung“ notierten, wurde Stillschweigen vereinbart. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“, dem das vertrauliche Schriftstück mittlerweile exklusiv vorliegt, dokumentiert und erklärt die einzelnen Punkte des Papiers.

Stadtwerke-Chef

Auf Vorschlag von CDU und Bündnis 90/Die Grünen: Bestellung von Herrn Timo von Lepel (parteilos) als nebenamtlichen Geschäftsführer der Stadtwerke Köln GmbH in 2. Quartal 2018.

In der Person Timo von Lepels sollte erstmals ein Geschäftsführer des Telekommunikationsunternehmens Netcologne im Management der Stadtwerke vertreten sein. Er sollte den Vertreter der Hafengesellschaft HGK ablösen.

Bestellung eines hauptamtlichen Geschäftsführers der Stadtwerke Köln GmbH auf alleinigen Vorschlag der SPD-Fraktion in einem formlosen Verfahren ebenfalls im 2. Quartal 2018. Der hauptamtliche Geschäftsführer wird marktadäquat bezahlt und übernimmt die Funktion des Vorsitzenden der Geschäftsführung mit Querschnittszuständigkeiten. Der Vorschlag zur Einführung dieses weiteren Geschäftsführers und der Personalvorschlag der SPD zur Besetzung wird als gemeinsamer Vorschlag der drei Vertragspartner eingeführt.

Der mit bis zu 500.000 Euro im Jahr vergütete Posten sollte mit dem SPD-Politiker Martin Börschel besetzt werden, der lange Jahre Vorsitzender des Aufsichtsrates war. Im Zuge der Aufarbeitung hat der Stadtrat für Aufsichtsratsmitglieder eine zweijährige Sperrfrist beschlossen, innerhalb derer ihnen ein solcher Wechsel nicht erlaubt ist.

KVB-Manager

Bestellung einer neuen Vorstandsvorsitzenden für die KVB AG im 2. Quartal 2018. In einem marktüblichen Auswahlverfahren erhält die CDU das Vorschlagsrecht.

Die CDU hatte wohl die Absicht, die ihr als nahestehend geltende damalige Verkehrsdezernentin Andrea Blome zur Chefin der Verkehrs-Betriebe wählen zu lassen. Blome sollte Nachfolgerin des Sozialdemokraten Jürgen Fenske werden, dessen Vertrag endete. Sie wurde im März 2021 zur Stadtdirektorin bestellt.

Auf Vorschlag von Bündnis 90/Die Grünen: Verlängerung des Arbeitsvertrages und Wiederbestellung von Herrn Peter Hofmann im 3. Quartal 2018.

Die Grünen, für die die KVB eine Schlüsselrolle bei der Verkehrswende einnimmt, wollten den intern in die Kritik geratenen Hofmann unbedingt im Amt halten. Er ist zwar nicht Mitglied der Grünen, soll ihnen jedoch nahestehen.

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Bestellung eines weiteren Vorstandsmitglieds, das sich vordringlich um die Generierung neuer Fördermittel aus dem zusätzlichen Bundesprogramm kümmern soll, erfolgt im 3. Quartal 2018. Für das unverzüglich einzuleitende, marktübliche Auswahlverfahren erhält die SPD das Vorschlagsrecht. Verzicht auf die Wiederbestellung von Herrn Jörn Schwarze in 2019 und keine Wiederbesetzung der dann ab 2020 vakanten Vorstandsposition.

Die SPD wollte sich für die Zeit nach dem Ausscheiden des KVB-Chefs Fenske ihre Nähe zur Unternehmensführung halten. Für KVB-Vorstandsmitglied Schwarze (CDU) wäre dann kein Platz mehr gewesen.

Kulturdezernat

Gemeinsame Vorgehensweise zur Herbeiführung einer vorgezogenen Neubesetzung der Position des Kulturdezernenten. Die gemeinsame Vorgehensweise umfasst nicht ein förmliches Abwahlverfahren. Zur Nachbesetzung der Stelle des Beigeordneten für Kunst und Kultur wird eine überparteiliche Findungskommission verabredet. Für die Entscheidung gilt zwischen SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen das Konsensprinzip.

Das schwarz-grüne Ratsbündnis wollte die unter anderem wegen des Debakels um die Opernsanierung in der Kritik stehende Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach abwählen, brauchte dafür aber die Stimmen der SPD. Die Vereinbarung sollte als Kompromiss dienen.

Die Strippenzieher

Der Postendeal wurde zwischen drei führenden Ratspolitikern ausgehandelt, dem damaligen SPD-Fraktionschef Martin Börschel, seinem CDU-Amtskollegen Bernd Petelkau sowie dem Ex-Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Jörg Frank. Die damalige Grünen-Fraktionschefin Kirsten Jahn war ebenfalls eingeweiht. Unterzeichnet wurde das Geheimpapier von den drei Fraktionsgeschäftsführern, von denen allein Niklas Kienitz von der CDU noch im Amt ist. Ihm wird aktuell Interesse am Posten des Stadtentwicklungsdezernenten nachgesagt. Die beiden anderen Unterzeichner, Barbara Lübbecke (SPD) und Jörg Frank, sind nicht mehr politisch tätig.  

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