Statt Wein und BierDas ist der neue Getränke-Trend in Kölner Sterne-Restaurants

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Sonja Baumann mit Sommelier Volker Arndt (m.) und Erik Scheffler im Restaurant Neobiota

  • Der Startschuss für den neuen Getränke-Trend ist nach Berlin nun auch in Köln gefallen.
  • Angeboten wird er zu Gourmet-Menüs in verschiedenen Kölner Sternerestaurants. Etwa im Ox & Klee und im Neobiota.
  • Wobei ihn wohl der ein oder andere Gast für unvorstellbar halten könnte.

Köln – Irgendwann wird man sie vielleicht belächeln: die Gastronomen, die lediglich Korkenzieher oder Flaschenöffner bevorraten mussten, um die flüssige Menü-Begleitung servieren zu können. Oder man wird sich lustig machen über Lokale mit mehrseitigen Weinkarten; ähnlich wie man vor Jahren Scherze machte über Leute, die kein Fleisch mehr auf dem Teller haben — oder noch schlimmer: gar nichts Tierisches mehr essen wollten.

Der Startschuss ist jedenfalls gefallen. In Köln noch nicht so laut wie in Berlin, wo sich kulinarische Neuerungen viel schneller verbreiten. Aber auch hier gibt es inzwischen das Unvorstellbare: Gourmet-Menüs ohne begleitenden Wein. Und noch unvorstellbarer: Zu den Genießern gehören nicht nur schwangere oder stillende Frauen, trockene Alkoholiker oder Personen, die aus religiösen Gründen nicht trinken, sondern Leute, die jenseits kirchlich oder Detox-begründeter Fastenzeiten Lust haben, sich auf Getränke einzulassen, die mit der gemeinhin als „Softdrinks“ deklarierten Auswahl nichts zu tun haben.

Klassische Weinbegleitung abgeschafft

Im seit knapp einem Jahr bestehenden Restaurant Neobiota kann man sich das zum Beispiel so vorstellen: Zur Vorspeise „Geräucherter Sellerie-Apfel-Birne“ wird eine zuckerarme Limonade auf Gurkenbasis mit Holunder und einem Kaltauszug aus Kaffeebohnen serviert. Und zum Dessert „Karotte-Honig-Milch“ gibt es ein erfrischendes lila Karottenferment mit fermentiertem Fliederhonig.

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„Die klassische Weinbegleitung haben wir abgeschafft“, sagt Erik Scheffler, der Ende Februar für das gemeinsam mit seiner Geschäftspartnerin Sonja Baumann geführte Restaurant einen Michelin-Stern erhielt. „Bislang betrachtete man ein Menü als nicht wertig, wenn es keinen Alkohol beinhaltete. Aber diese Beschränkungen gelten für uns nicht mehr.“

„Alles, was trinkbar und gut ist, ist möglich“, lautet die Maxime des Neobiota-Sommeliers Volker Arndt, der das neue Experimentierfeld ausgesprochen spannend findet. Hinzu komme: „Einen Gast mit einem Wein noch überraschen zu können“, sagt Scheffler, „ist deutlich schwieriger als mit einem Getränk, das außerhalb der Norm liegt.“

„Absolute Avantgarde“

Ein Pionier auf dem Gebiet und jemand, der damit Maßstäbe in Deutschland gesetzt hat, ist Daniel Gottschlich, Kölns neuer Zwei-Sterne-Koch. Mit dem Bayleaf im Rheinauhafen hat der 37-Jährige Cocktailbar und Restaurant gepaart und das Konzept des „Food & Drink Pairing“ ins Leben gerufen. Dabei müsse nicht, „wenn Tomate im Gericht ist, auch Tomate im Getränk sein“, erklärt der Spitzenkoch.

Aber man habe insbesondere bei nicht-alkoholischen Getränken tolle Möglichkeiten, das Getränk den Aromen oder Gewürze, die im Essen vorkommen, anzupassen. Die Drinks seien zwar extrem komplex in der Herstellung, aber man empfinde sie nicht als schwer, wenn man sie genieße, sagt Gottschlich. „Unser Barkeeper Michael Elter macht das schon seit zig Jahren und hat sich darauf spezialisiert. Wir versuchen, Leute zu begeistern, die das vorher noch nicht kannten“, betont Gottschlich, der in seinem Restaurant Ox & Klee ebenfalls eine alkoholfreie Getränkebegleitung aus selbst hergestellten Getränken anbietet, die nur etwa die Hälfte einer Weinbegleitung kostet.

Spiel mit Temperaturen und Texturen

Auch Sterne-Koch Eric Werner, der im Sommer auf der Krefelder Straße in der Nachbarschaft zum Le Moissonnier sein eigenes Restaurant „Astrein – essen und trinken“ eröffnen wird, plant eine alkoholfreie Menübegleitung. „Wir haben uns schon im Wasserturm viel mit dem Thema auseinandergesetzt“, betont der 33-Jährige, der bei den sechs Getränken, die er plant, auch mit Temperaturen und Texturen spielen wird. Der Ansatz, ein Menü mit einem hochwertigen alkoholfreien Cocktail zu kombinieren, mag nach Gottschlichs Worten in Deutschland „absolute Avantgarde“ sein.

Für Insider, wie die Weinexpertin Nicole Dohr kommt die Entwicklung nicht überraschend. Länder ohne Weinanbaugebiete wie Skandinavien seien uns da weit voraus, sagt die Kölner Sommelière, die selber gerne mit Kaltauszügen von Kräutern oder Verjus arbeitet. Anstatt den Geschmack von Wasser mit frischer Minze zu bereichern, regt Dohr zum Beispiel an, frischen Dill zu verwenden.

Säfte als Essensbegleiter zu süß

Sich geschmacklich ruhig öfter auf neue Pfade zu begeben und selber ein bisschen zu experimentieren, befürwortet auch Volker Arndt. Weil Säfte in seinen Augen als Essensbegleiter zu süß und zu schwer sind, schlägt er andere Formen von Verdünnung vor als die übliche Schorle. Tolle Kombinationen seien etwa ein hochwertiger Quittensaft (etwa von van Nahmen) mit geräuchertem Schwarztee, Rhabarbersaft mit Brottrunk anstatt Mineralwasser oder Kirschsaft mit Estragon oder gerösteten Wacholderbeeren und einem Spritzer Zitrone.

Die ganze Palette der Van-Nahmen-Säfte inklusive der alkoholfreien Fruchtseccos ist unter anderem im Kölner Weinkeller, Stolberger Straße oder in der Kaufhof -Lebensmittelabteilung zu erhalten. 

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