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Steinmeier spricht mit Kölnern über Corona„Die Gräben sind sehr, sehr tief geworden“

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frank-walter steinmeier im tiergarten

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Köln – Der Bundespräsident wäre lieber an den Rhein gekommen zum Beethoven-Jubiläum, aber das Virus hat ihn an sein Schloss Bellevue gebunden, als er mit Menschen aus der Region über die Seuche sprach und darüber, was diese aus der Gesellschaft macht. Frank-Walter Steinmeier nannte mehrfach die Corona-Situation „bitterernst“. Wenige Tage, bevor vermutlich der erste Mensch in Deutschland gegen das Virus geimpft werden wird, sprach Steinmeier aber auch von einer Hoffnung. „Mit der Impfung wird die Pandemie nicht vorbei sein. Sie verlangt uns nach wie vor Disziplin ab“, sagte Steinmeier. Angesichts der bevorstehenden Impfung hoffe er, dass das Licht am Ende des Tunnels stärker werde, je mehr wir uns nun an die Hygieneregeln hielten.

Dass das nicht immer möglich ist, erlebt Bärbel Lauven tagtäglich. Die Lehrerin muss beruflich das tun, was so gut wie alle derzeit vermeiden: In Kontakt sein mit dutzenden anderen Menschen. Zuletzt, sagt die 62-Jährige, hat ihr das Virus tatsächlich zum ersten Mal Angst gemacht. „Wir tragen zwar alle acht Stunden lang brav die FFP2-Masken. Aber das Risiko ist dennoch da“, sagt sie. Ihre beiden jungen Enkelkinder habe sie jüngst kaum noch sehen können und ihre Mutter „völlig alleine lassen müssen, weil es einfach zu gefährlich ist“. Dennoch sei Präsenzunterricht für einige Schüler aus prekären Verhältnissen sehr wichtig, weil diese sonst „verloren gehen könnten“.

Verschwörungstheoretiker ärgern Bundespräsident Steinmeier

Frank-Walter Steinmeier hört sich die Erfahrungsberichte aus dem Leben, das er so allenfalls aus früheren Tagen kennen kann, geduldig und offenbar interessiert an. Die Jugendlichen täten ihm leid, sagt er, weil sie „die Erfahrungen, die wir im Alter von 14 bis 18 gemacht haben, derzeit nicht machen können“. Er meint das Feiern, das Reisen, das Suchen und Finden der Liebe. Wer ihn sichtlich zu ärgern scheint, sind diejenigen, die Corona und die Reaktionen für erfunden oder übertrieben halten. Der Graben zwischen denen, die sich an Regeln hielten und denen, die alles leugnen, sei „sehr, sehr breit geworden“. Man dürfe nicht vergessen, dass unter den Demonstranten nicht nur Verschwörungstheoretiker sind, sondern auch Leute mit Existenzängsten. Zu ersteren aber seien nur noch sehr schwer Brücken zu schlagen.

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Peter Bohmann, der als Paketzusteller in Köln-Deutz „an der Front“ arbeitet, wie er sagt, macht das auch fassungslos. „Die sollte mal auf eine Intensivstation gehen und sich anschauen, wie die Leute da sterben. Wer danach immer noch glaubt, dass das alles eine Lüge ist, dem ist auch nicht mehr zu helfen.“ Trotz Rekordzahlen und Lockdowns ist für ihn der Paketsegen zum Fest nicht in Gefahr. „Bisher haben wir jedes Weihnachten geschafft, dann schaffen wir es dieses Jahr auch noch.“

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