Felix Sturm schweigtProzess wegen Steuerhinterziehung und Doping hat in Köln begonnen

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Felix Sturm, ehemaliger Box-Weltmeister im Mittelgewicht, steht in einem Gerichtssaal

Köln – 5,8 Millionen Euro Steuern soll Profiboxer Felix Sturm hinterzogen haben. Das ist nicht der einzige Vorwurf, für den sich der fünfmalige Weltmeister, der 1979 als Adnan Ćatić in Leverkusen geboren wurde, seit Montag vor dem Kölner Landgericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft legt ihm auch einen Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetz und Körperverletzung zur Last.

Seitdem er Anfang April auf der Fitness-Messe Fibo in Köln festgenommen wurde, sitzt er in Untersuchungshaft. Abgesehen von den knappen Angaben zur Person schwieg er am ersten Verhandlungstag. Am Dienstag werde er sich zu seinen persönlichen Verhältnissen äußern, kündigten seine Anwälte an. Wann er sich zur Sache einlässt, ließen sie offen.

In einem Vorgespräch mit dem Gericht haben die Verteidiger zwei Ziele benannt: Sturm so schnell wie möglich freizubekommen und ein „tragbares Ergebnis“ zu erreichen. Über ein kompliziertes Finanzkonstrukt, in dem eine Schweizer Marketing- und Werbegesellschaft eine wichtige Rolle spielte, soll der Supermittelgewichtler von 2009 bis 2017 erhebliche Einkünfte am Fiskus vorbeigeschleust habe.

Versuch der Steuerhinterziehung

Box-Veranstalter hätten wiederholt Abschlagszahlungen an diese Gesellschaft geleistet und Einnahmen aus Ticketverkäufen bei Boxwettkämpfen überwiesen, Sturm habe aber nur einen Teil davon gegenüber dem Finanzamt angegeben und so in erheblichem Maß die Steuern „verkürzt“. Da er für ein paar Jahre noch keine Einkommensteuererklärung abgegeben hat, gelten in diesen Fällen die mutmaßlichen Taten nur als Versuche der Hinterziehung.

Die Verteidigung beanstandet, dem 40-Jährigen würden Dinge vorgeworfen, die steuerrechtlich noch gar nicht festgestellt seien. Die Summen seien viel zu hoch angesetzt. In einem Vorgespräch hatte ein Verteidiger, dem Sturm inzwischen das Mandat entzogen hat, geltend gemacht, die steuerliche Beratung des Angeklagten, der nichts von derlei Dingen verstehe, sei „suboptimal“ gewesen. Und in einem weiteren Gespräch hatte ein anderer Anwalt erklärt, Sturm seien Steuererklärungen vorgelegt worden, die er „in gutem Glauben unterzeichnet“ habe. 2012 hatte das Kölner Amtsgericht den Boxer wegen Steuerhinterziehung zu 22 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Nun drohen ihm bis zu zehn Jahren Gefängnis.

Box-Kampf unter Doping

Trifft der Vorwurf des Dopings zu, hat Sturm vor seinem Kampf gegen den Russen Fedor Tschudinow am 20. Februar 2016 in Oberhausen das anabole Steroid Hydroxy Stanozolol genommen. Nach der gewonnenen WM-Revanche waren bei ihm sehr geringe Spuren des Wirkstoffs in der A- und B-Probe gefunden.

Sturm beteuerte, er könne sich das positive Ergebnis nicht erklären. Seine Verteidiger sind überzeugt, von der überaus geringen Konzentration an Stanozolol lasse sich nicht auf die gezielte Einnahme von Dopingmitteln schließen. Aus dem Dopingvorwurf leitetet sich die Beschuldigung ab, Sturm habe mit seinen Schlägen im Boxring eine Körperverletzung begangen.

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Zur Haftsituation führten die Verteidiger in einem Vorgespräch an, ihr Mandant, der an Asthma leide, habe wegen Asbestbelasung von einem Hafthaus der JVA Köln in ein anderes verlegt werden sollen und befürchten müssen, dort von Mithäftlingen in „Auseinandersetzungen“ verwickelt zu werden.

Noch sei der 40-Jährige, der täglich trainiere, „topfit“. Bleibe er weiter in Haft, sei damit zu rechnen, dass sich sein Zustand verschlechtere. Dann werde nichts aus dem geplanten Boxkampf gegen Arthur Abraham, an dessen Live-Übertragung TV-Sender bereits Interesse angemeldet hätten. Mit den Einnahmen könne Sturm mögliche Steuerschulden tilgen. Heute habe der Deutsch-Bosnier, der zwischenzeitlich in Bosnien gelebt hat und im Herbst 2018 nach Leverkusen zurückgekehrt ist, „keine Mittel mehr“. Seine Familie könne allenfalls eine kleine Kaution aufbringen.  Nach dem ersten Verhandlungstag durfte er seine Frau begrüßen. Sie umarmten und küssten sich. Für den Prozess sind 23 Verhandlungstage vorgesehen.  

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