Abo

Streit um Corona-ImpfungKölner Impfarzt mit scharfer Kritik an Stiko-Chef Mertens

Lesezeit 3 Minuten
Zastrow ROLL 160722

Der Kölner Impfarzt Dr. Jürgen Zastrow.

Köln – Im Bezug auf die vierte Corona-Impfung hat der Kölner Impfarzt Dr. Jürgen Zastrow den Vorsitzenden der Ständigen Impfkommission (Stiko) Thomas Mertens, scharf kritisiert. In einem Interview mit dem TV-Sender „Welt“ zeigte Zastrow kein Verständnis für die Haltung der Stiko zur zweiten Auffrischungsimpfung.

„Eine Impfung bietet nur einen endlichen Schutz. Irgendwann wird der Schutz nun mal weniger. Deswegen empfehle ich dasselbe wie Herr Lauterbach“, sagte Zastrow, der auch Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung in Köln ist. Er teile damit im Übrigen auch die Einschätzung der EU-Kommission, die auch eine Impfung ab 60 Jahren empfehlen würde.

Kölner Impfarzt Dr. Jürgen Zastrow kritisiert Stiko-Chef Thomas Mertens

„Natürlich soll sich jetzt nicht jeder sofort impfen lassen. Aber wir sollten liberaler umgehen mit der Impfindikation.“ Er selbst würde das in seiner Praxis ähnlich handhaben. „Patienten, die zu uns kommen und deren Impfung länger als ein halbes Jahr her ist und die eine Notwendigkeit zur Impfung begründen können, werden auch geimpft“, so Zastrow weiter.

Alles zum Thema Karl Lauterbach

Zastrow dagegen hat wenig Verständnis für die Aussagen von Thomas Mertens. Mertens hatte am Freitag Gesundheitsminister Karl Lauterbach widersprochen, nachdem dieser auch eine vierte Corona-Impfung für Unter-60-Jährige in Aussicht gestellt hatte.

„Ich halte das nicht für Unsinn. Es ist aber auch nicht damit getan, wenn wir uns gegenseitig des Unsinns bezichtigen. Man könnte jetzt lange philosophieren und diskutieren, ob die Stiko immer so vorne weg ist mit ihren Empfehlungen. Wir haben den Eindruck, sie ist immer hinten dran“, kritisiert Zastrow die Vorgehensweise der Kommission.

Kölner Impfarzt skeptisch gegenüber Vorgehensweise der Stiko

Die Stiko war bereits im vergangenen Winter in die Kritik geraten, weil sie beispielsweise Corona-Impfungen für bestimmte Gruppen von Kindern und Jugendlichen lange nicht empfehlen wollte, während in anderen Ländern entsprechende Gruppen schon geimpft wurden.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Wenn man alleine die Empfehlungen der EU und der Stiko vergleicht, sieht man das deutlich. Letztendlich haben wir dann aber doch immer das gemacht, was die EU empfohlen hat.“ Er verstehe, dass die Wissenschaft länger bräuchte. „Die Frage ist aber, ob wir uns die Zeit nehmen wollen und können, dass wir ausschließlich studienbasiert agieren.“

Corona: Jürgen Zastrow fordert Geduld bei Omikron Impfstoff

Bei der an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff fordert Zastrow dagegen Geduld: „Wir haben mit Biontech einen Impfstoff, der uns bisher sehr guten Schutz geboten hat. Wir sollten jetzt abwarten, welche Ergebnisse die neuen Impfstoffe erbringen können“, erklärte Zastrow weiter.

Er werde nicht auf den Impfstoff warten, solange ihm noch der bereits geprüfte Impfstoff zur Verfügung stehe und so eine Impflücke entstehen lassen. Der Kölner Impfarzt hatte zum Abschluss seines Interviews noch deutliche Worte für Stiko-Chef Mertens parat: „Das Unterlassen von Impfungen, schöne Grüße an Herrn Mertens, kostet Menschenleben. Und damit habe ich ein Problem.“

KStA abonnieren