Studie zum RauchverbotWie hat sich die Gastronomie in der Kölner Südstadt entwickelt?

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Seit dem Rauchverbot hat sich vielerorts das Leben auf die Straße vor der Kneipe verlagert.

Seit dem Rauchverbot hat sich vielerorts das Leben auf die Straße vor der Kneipe verlagert.

Köln – Man könnte annehmen, dass Jan Brünsing ein glühender Anhänger des Rauchverbots in Kneipen und Gaststätten wäre. Aber der Arzt in Weiterbildung an der Lungenklinik in Merheim wägt ab: Einerseits sei kontinuierliches Passiv-Quarzen wegen der Feinstaubbelastung durchaus gefährlich für Leib und Leben.

„Andererseits ist es blöd, dass die Leute ständig aus der Kneipe rennen und rauchen.“ Als passionierter Nichtraucher, aber auch begeisterter Kneipengänger steht der 37-Jährige dem vor zehn Jahren noch heiß diskutierten Thema ambivalent gegenüber.

Im Sommer 2008 trat in Nordrhein-Westfalen das Rauchverbot für Gaststätten und Kneipen in Kraft. In „Raucherclubs“ war das Qualmen zunächst noch möglich, aber auch diese Hintertür wurde schließlich 2013 geschlossen. Der Ärger von Gastronomen und ihren rauchenden Gästen war riesig. Viele prophezeiten den Untergang der Kneipenkultur.

Auch persönliche Befragung geplant

Wie sich das Leben an der Theke seitdem tatsächlich verändert hat, will Jan Brünsing nun erstmals wissenschaftlich erforschen. „Es gibt bisher keine Untersuchung, wie sich das Rauchverbot auf die Bevölkerung ausgewirkt hat“, sagt der angehende Pneumologe, der an der Universität Erlangen-Nürnberg derzeit an seiner Masterarbeit in Gesundheits-Ökonomie arbeitet und seit zwei Jahren in Köln lebt.

Um das zu ändern, will er Gäste von Südstadt-Kneipen ab jetzt online über die Auswirkungen des „Nichtraucher-Schutzgesetzes“ befragen – egal, ob Raucher, Nicht-Raucher oder Ex-Raucher.

Brünsing möchte zum Beispiel wissen, wer durch das Rauchverbot die Zigaretten für immer zur Seite gelegt hat und wie sich das Miteinander an der Theke verändert. Die Teilnehmer werden gefragt, ob der Kneipenbesuch für sie nun ungemütlicher ist als zuvor und ob sie anstatt zu rauchen nun womöglich mehr Alkohol konsumieren.

Selbst die Nachteile der sauberen Luft werden thematisiert. Denn Brünsing hat bei seinen eigenen Kneipenabenden manchen Gast kennengelernt, der sich darüber beklagt, nun unangenehme Gerüche wahrzunehmen, die früher vom blauen Dunst überlagert wurden.

Ein großer Vorteil der Südstadt sei, dass es hier viele alte Schankwirtschaften gebe, in denen die Zeit vor der Rauch-Revolution noch präsent sei, sagt der werdende Arzt. Und es ist der Kneipen-Kosmos, in dem er sich selbst gern bewegt.

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Brünsing und Studentinnen des Klinikum Merheim wollen vom 21. August an zwei Wochen lang die Gäste von elf Kneipen rund um den Chlodwigplatz auch persönlich befragen.

Möglichst viele Teilnehmer wollen sie gewinnen, schließlich soll es eine repräsentative Umfrage werden, die nicht nur in Brünsings Masterarbeit einfließt, sondern auch in wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht werden soll.

Mit einem gesonderten Fragebogen will der gebürtige Krefelder von den Kneipiers in Erfahrung bringen, inwiefern das Rauchverbot ihren Beruf verändert hat. Eine Erhebung zum Kneipensterben könne er nicht leisten, sagt Brünsing.

Das sei zu aufwendig. Aber sein Eindruck sei, dass das Verschwinden von Schankwirtschaften eher auf das Aussterben der Generation zurückzuführen ist, die gern in die Kneipe geht.

„Das Rauchverbot scheint kein großer Motor dafür zu sein.“ In der Südstadt allerdings ist die Welt offenbar noch in Ordnung: „Wir haben hier ein blühendes Kneipenleben“, sagt Brünsing.

Ab jetzt können Gäste aller Südstadt-Kneipen, die mindestens 26 Jahre alt sind, an der Online-Umfrage von Jan Brünsing teilnehmen. Sie ist im Web abrufbar.

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