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Talk zu ReligionTatort-Kommissarin Westernströer liest in Köln aus dem Koran

Lesezeit 3 Minuten
Ines Marie Westernströer

Schauspielerin und Tatort-Kommissarin Ines Marie Westernströer

  • Ines Marie Westernströer ist am 5. Oktober zu Gast bei „frank&frei“
  • Zusammen mit Autor Navid Kermani und Theologe Hans-Joachim Höhn spricht sie zum Thema Religion
  • Westernströer ist seit 2019 als Hauptkommissarin Heinrich im saarländischen Tatort zu sehen
  • Die 36-Jährige im Interview über Probleme und Herausforderungen religiöser Sprache

Frau Westernströer, Sie lesen bei „frank&frei“ mit Navid Kermani und Hans-Joachim Höhn unter anderem ausgewählte Stellen aus dem Koran. Gehen Sie an solche „heiligen Texte“ anders heran als an andere?

Ines Marie Westernströer: Eigentlich gar nicht, im Gegenteil. Die Einkleidung in ein „heiliges Gewand“ ist ja vielleicht sogar hinderlich für das Verständnis. Das ist übrigens bei Klassikern wie Goethe oder Schiller ähnlich. Auch sie sind von einer Aura der Autorität umgeben, von der ich mich aber nicht einschüchtern lassen möchte. Ich versuche deshalb, ganz einfach zu fragen: Was ist hier der Grundgedanke, die Kernaussage? Worum genau geht es in diesem Text? Je genauer und konkreter ich das zu fassen bekomme, desto schöner.

Wie lassen sich Texte „retten“, die in Sprache oder Inhalt aus der Zeit gefallen sind?

Vieles, was in alten Stücken verhandelt wird, ist oft gar nicht so weit entfernt von uns. Ich versuche deshalb, eine möglichst große Direktheit im Ton zu schaffen und so die alten Texte modern klingen zu lassen.

Aber wenn es darin – zum Beispiel – um ein völlig antiquiertes Bild von Ehe und Familie geht? Die junge Frau, die eine „gute Partie“ machen soll und auf jeden Fall „unbefleckt“ vor den Altar treten muss…

Das ist natürlich eine Herausforderung. Zum Glück ist man im Theater nicht allein. Es gibt die Kolleginnen und Kollegen, die Regie. Wir machen uns gemeinsam Gedanken, wie wir mit so etwas umgehen. Wie sich solche Texte gegen den Strich bürsten lassen und die eigene Haltung dazu aufblitzen kann. Und wie somit ein Perspektivwechsel möglich wird, zusammen mit dem Publikum. Wenn es gute Stücke sind, dann begegnet man darin ja – trotz der überholten zeitbedingten Vorstellungen oder gesellschaftlichen Konventionen – Menschen mit ihren Gefühlen, Sehnsüchten, Idealen und Widersprüchen.

Was fällt Ihnen an religiöser Sprache heute auf?

Ich gehe nicht so oft in die Kirche. Trotzdem bekomme ich religiöses Sprechen im öffentlichen Raum mit. Ich habe oft das Gefühl, dass die großen Themen kleingemacht, die komplizierten Fragen kleingeredet werden – mit einem betulichen Sound, als ob die Religionsvertreter es mit Kindern zu tun hätten. Ich glaube, die Leute sind schlauer. Man sollte ihnen mehr zutrauen.

Und wie müsste religiöse Sprache sein, dass sie Sie anspricht?

Tatsächlich finde ich in Navid Kermanis Buch „Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen“ genau das, was ich mir wünschen würde: keinen Predigtton, kluge Gedanken, viele Fragen – in einer gegenwärtigen Sprache, die überhaupt nicht „von oben herab“ kommt. Also keine religiöse Besserwisserei, sondern eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem Glauben.

frank&frei: Was es noch über Gott zu sagen gibt. Moderation: Joachim Frank. Mittwoch, 5. Oktober, 20 Uhr, Karl-Rahner-Akademie, Jabachstraße 4-8, 50676 Köln. Teilnahmegebühr 10 Euro (ermäßigt/KStA-Abocard 5 Euro). Für den Abend mit Ines Marie Westernströer, Navid Kermani und Hans-Joachim Höhn ist eine Teilnahme online möglich. Anmeldungen unter Telefon 0221/801078-0 oder per E-Mail info@karl-rahner-akademie.de

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