Tankstellenwart aus Lohmar berichtet„Kunden werden immer aggressiver und vulgärer“

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Tankstelle

Blumen und Kerzen und Botschaften an das Opfer liegen vor der Tankstelle in Idar-Oberstein, in der am Samstag ein Angestellter erschossen wurde.

Köln – Der studentische Aushilfs-Mitarbeiter an der Kasse hatte gerade seinen ersten Tag, als ein Räuber die freie Tankstelle in Lohmar überfiel. Mit einer Schreckschusspistole, die als solche nicht erkennbar war, fuchtelte der Täter vor den Tankwarten herum, forderte Bargeld und entkam mit der Beute. Zwei Tage später „war der Kamerad gefangen“, wie Betreiber Christoph Richmann sagt. Identifiziert wurde der Täter anhand von Markenschuhen, die auf Bildern einer Videokamera zu sehen waren. Fünf Jahre sei das her, sagt Richmann, aber so etwas bleibe im Gedächtnis.

Aggressionen, Beleidigungen, Überfälle: Richmann kann als langjähriger Tankstellenpächter mit Filialen in Lohmar und Neunkirchen-Seelscheid von all dem berichten. Seine früheren Tankstellen in Köln-Poll und Köln-Porz seien sogar mehrfach überfallen worden. Und nun auch noch das: „Seit Corona sind die Kunden zum Teil deutlich aggressiver als früher“, berichtet er. Immer wieder müsse er „rumdiskutieren“, weil sich Kunden nicht an die Maskenpflicht halten wollen.

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Er oder die Tankstellen würden beschimpft, wenn er darum bitte, die Maske aufzuziehen. „Die Ausdrücke sind oft vulgär. Manche wollen auch nach anderthalb Jahren Pandemie ernsthaft diskutieren, dass es reicht, wenn sie sich einen fünflagigen Pullover über die Nase ziehen“, sagt er. Zum Teil werde sich auch schriftlich über die Maskenpflicht beschwert. Einige gäben vor, eine Befreiung zu haben, wollten diese aber nicht vorlegen. Ein Kunde sei sogar mal mit einer offenen Tankrechnung von 60 Euro einfach davongefahren, weil er es nicht eingesehen habe, mit Maske in den Verkaufsraum zu gehen.

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Nur wenige Fälle in Köln

Auch knapp eine Woche nach dem tödlichen Schuss auf einen 20-jährigen Kassierer einer Tankstelle im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein machen sich einige Berufskollegen Gedanken um die Sicherheit. Klar, der Schuss war offenbar die Einzeltat eines radikalisierten Maskengegners und kein Raubüberfall im klassischen Sinn. Aber sie hätte eben überall und jederzeit stattfinden können. Schließlich sind Tankstellen meist verkehrsgünstig gelegen, sodass die Flucht meist schnell gelingen kann.

Häufig kommen Messer zum Einsatz

„So traurig es ist: Der Mann war zur falschen Zeit am falschen Ort“, sagt Richmann. Die Kölner Polizei berichtet auf Anfrage von Raubüberfällen „im niedrigen einstelligen Bereich“ auf Tankstellen, Kiosken und Spielhallen. In den Vorjahren waren es zwar mehr, aber auch nur „im niedrigen zweistelligen Bereich“. Bei Überfällen werde immer häufiger ein Messer eingesetzt.

Für solche Fälle hat Richmann immer einen „Stillen Alarm-Schalter“, sagt er. Der sei unterhalb der Kassentheke angebracht und würde zuerst eine Sicherheitsfirma und – wenn sich niemand in der Tankstelle meldet – die Polizei alarmieren. „Das gibt schon ein Gefühl von Sicherheit“, sagt er. Trotzdem rate  er seinen Mitarbeitern immer: „Spielt in solchen Situationen nicht den Helden.“

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