Tauziehen um den Rather See

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Rath-Heumar/Neubrück –  Mit Grill, Kuchentheke und Getränkestand sowie vielen Spielen für die Pänz feierte die CDU des Kalker Stadtbezirks am Ufer entlang des künftigen Badestrandes am Rather See bereits zum sechsten Mal ein Seefest. Zu Gesprächen mit großen und kleinen Festbesuchern war viel Parteiprominenz angetreten – so der Europaabgeordnete Axel Voss als diesjähriger Schirmherr, der Bundestagsabgeordnete Karsten Möhring, der Landtagsabgeordnete Florian Braun, Bürgermeister Hans-Werner Bartsch und andere. „Als wir vor fünf Jahren mit dem Fest anfingen, war es unser erklärtes Ziel, das Projekt Umgestaltung in der laufenden Wahlperiode zum Abschluss zu bringen“, erklärten die beiden Ratsmitglieder Stephan Pohl (zuständig für Neubrück) und Ursula Gärtner (Rath-Heumar).

Doch der Zeitplan ist längst nicht mehr einzuhalten. Obwohl die von einer Eigentümergemeinschaft um Sprecher Florian von Stein und einem Investor geplante Umgestaltung des ehemaligen Baggerlochs in eine Freizeitanlage mit Wasserski-Bahnen und Badestrand als „eine Attraktion für das rechtsrheinische Köln“ politisch durchaus gewollt ist.

„Im Rat haben CDU, SPD und Grüne stets für das Projekt gestimmt. Nur in der Kalker Bezirksvertretung waren die Grünen mal dagegen oder haben sich enthalten“, weiß Pohl. Auch die Offenlegung des Bebauungsplan-Entwurfs, bei der Bürger, Vereine und Institutionen sich mit Ideen und Kritik geäußert hatten, ist längst beendet. Derzeit wird mit den Investoren erneut über einen Einspruch der Landschaftsbehörde verhandelt. Sie fordert für die Bäume, die rund um den See gefällt werden müssen, einen hundertprozentigen Ausgleich.

In der Verwaltung ist man sich sicher, dass man sich dazu einigen wird. In einer aktuellen Mitteilung an die Bezirksvertretung wird noch für diesen Sommer ein sogenannter Satzungsbeschluss angekündigt. „Das soll spätestens am 9. Juli in der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause erfolgen“, sagt Pohl. „Mit so einem Satzungsbeschluss haben Investor und Eigentümergemeinschaft ein Recht auf eine Baugenehmigung.“

Genau das wollen rund ein Dutzend Demonstranten von der Initiative „ratherseefrei“ verhindern. Sie verteilten am Zugang Rösrather Straße Flugblätter. Diese Gruppe um Ralf Kuzina aus Ostheim fordert „einen See für alle, ohne Müll, ohne Zäune und ohne Wasserski-Anlage“. Dafür müsse die Stadt mit den Eigentümern des Sees in Verhandlungen treten, um das Gewässer zu kaufen. Man befürchtet in Zukunft ein höheres Verkehrsaufkommen. Schon jetzt kommen die See-Besucher entsprechend der Autokennzeichen von der Eifel bis zum Ruhrgebiet. Zudem glaubt die Initiative, dass „sich viele unserer sozial schwächeren Mitbürger, die den See zur Naherholung mit ihren Familien nutzen – auch wenn dies illegal ist – durch anfallende Eintrittspreise nicht mehr leisten können werden.“

Für die Eigentümer stellt Sprecher Florian von Stein klar, dass „das ungenehmigte Baden aufgrund der ungesicherten Böschungen unter der Wasseroberfläche ein Risiko darstellt und es in der Vergangenheit bereits einige tödliche Unfälle gegeben habe. Das ist vielen Bürgern anscheinend nicht bewusst, die mit ihren Einsprüchen den derzeitigen Ist-Stand erhalten wollen.“

Genau das lehnt auch die Verwaltung ab. So wurde jetzt eine Eingabe von Kuzina vom Stadtplanungsamt zurückgewiesen, da alle in dieser Petition vorgetragenen Argumente bereits bei den vorhergegangen Bürgerbeteiligungen vorgetragen und bei der Erstellung des zugehörigen Bauleitplanes berücksichtigt seien. Die Petition decke sich inhaltlich mit vielen weiteren Stellungnahmen aus der frühzeitigen Beteiligung, welche eine uneingeschränkte öffentliche Zugänglichkeit des Sees unter Verzicht einer kommerziellen Freizeitnutzung fordern, heißt es in der Ablehnung. „Diese Forderung steht aber in klarem Gegensatz zur Eigentumssituation – der See ist zu 100 Prozent privat – und verkennt, dass die bisherige öffentliche Nutzung illegal war. Verwiesen wird auch auf die Müllberge, die von vielen Besuchern hinterlassen werden. „Der Müll ist eines der größten Probleme hier“, wissen auch Matthias Palapies aus Brück und die Neubrücker Bürgervereinsvorsitzende Sylvia Schrage. „Ich weiß, dass vor allem viele ältere Neubrücker da morgens gerne mal schnell schwimmen gehen, aber so wie es derzeit ist, können wir als Anwohner den See eigentlich nicht mehr aufsuchen.“

Nachts soll es ruhig bleiben

Mit einer Anfrage wollten die Grünen Näheres zu Besucher-Prognosen, Lärmemissionen, Versiegelungen, Events und abendlich-nächtlicher Nutzung wissen. Nach Angaben des Stadtplanungsamts werden anhand eines Verkehrsgutachtens an Schönwettertagen 2850 Gäste im Bade- und Wasserskibetrieb erwartet. Bei den geplanten Veranstaltungen wird mit bis zu 5000 Besuchern und jeweils 3200 Fahrzeugen gerechnet.

Ein Gutachten geht davon aus, dass nachts kein Lärm entsteht. Die Geräuschemissionen wurden für 14 Orte ermittelt, darunter Fassaden an der Heinrich-Lersch-Straße, am Europaring und an der Rösrather Straße. Festgestellt wurde, dass die in Nordrhein-Westfalen gültigen Richtwerte eingehalten oder sogar unterschritten werden.

Nach Schilderungen des Amtes würden nur wenige Flächen versiegelt. Dies betreffe 15 Quadratmeter, die durch die Zufahrt zum Ausweichparkplatz befestigt werden sowie weitere 1,6 Prozent des Plangebiets durch Gebäude, Straßen und Parkplätze. Rasengittersteine anstatt Schotterrasen für den 6730 Quadratmeter großen Ausweichparkplatz zu nehmen, sieht das Stadtplanungsamt aus fachlicher Sicht als nachteilig an. (NR)

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