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Technische RevolutionElektro-Speedboot fliegt fast geräuschlos über den Rhein in Köln

Lesezeit 3 Minuten
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Das elektrische Speedboot auf dem Rhein

Köln – Unscheinbar sieht das blaue Sportboot aus, das da in der Strömung vor der Einfahrt des Rheinauhafens dümpelt, 7,5 Meter lang, in kräftigem blau lackiert, die Linie eher klassisch designed. Mikael Mahlberg lässt die Rhein-Energie passieren, die kleine Candela Seven schaukelt heftig in der Bugwelle des riesigen Katamarans – wie jedes kleine Bötchen auf dem Rhein.

Dann zieht der Schwede den Gashebel durch, fast geräuschlos beschleunigt das elektrisch betrieben Boot – und steigt nach wenigen Metern, bei etwa 16 Knoten (Höchstgeschwindigkeit 30 Knoten, Reichweite 50 Seemeilen), aus dem Wasser. Auf sogenannten Hydrofoils fliegt das Boot über die Wellen, kein Klatschen, keine Schläge, fast erschütterungsfrei prescht das technische Wunderwerk an dem Ausflugsdampfer vorbei.

Die Candela Seven, die seit vergangenen Herbst auf dem Markt ist und jetzt erstmals in Köln vorgestellt wurde, ist eine technische Revolution. Ein herkömmliches Sportboot derselben Größe verbraucht 15 mal so viel Benzin wie ein Familienwagen, umweltfreundlich sieht anders aus. Verwendet man Elektromotoren, kann man entweder nur sehr langsam fahren oder hat kaum Reichweite. Der Grund: die hohen Reibungsverluste der Boote im Wasser.

Candela lässt sich einfach für den Rhein steuern

Die Candela verbraucht dank ihrer Tragflächentechnik bei 22 Knoten über dem Wasser genauso viel Energie wie bei 5 Knoten im Wasser, ist 15 Mal effektiver als ein benzinbetriebenes Boot gleicher Größe. Sie hat vorne unter dem Rumpf eine quer liegende , flugzeugähnliche Tragfläche, am Heck ein zusätzliches „Höhenleitwerk“. Stabilisiert wird das an sich so nicht fahrbare Boot durch eine ausgefeilte Software: Sensoren messen die Höhe hundert mal pro Sekunde und steuern mit diesen Daten die Foils.

Ingenieur Kristian Sloth Lauszus hat die Software in den letzten fünf Jahren entwickelt: „Es ist wie beim Tesla, das Auto ist eher normal, entscheidend ist die Technik dahinter. Einen Kampfjet könnte man heute ohne die entsprechenden Stabilisierungsprogramme auch nicht mehr fliegen.“

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Und in der Tat – die Bedienung des Bootes ist einfach. Ein großer Bildschirm ersetzt alle Armaturen samt Seekarte, Gashebel und Steuerrad sind wie gehabt. Der Kölner Künstler Anton Fuchs, passionierter Binnenschiffer mit eigener Motoryacht, die derzeit in den Niederlanden liegt, darf für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ testfahren und ist sehr angetan: „Das Fahrverhalten der Candela ist perfekt. Leicht zu bedienen, leise, umweltfreundlich. Von den Wellen spürst du nichts mehr. Wenn nur der Preis nicht wäre…“

Wohl wahr, rund 250.000 Euro kostet der High-Tech-Spaß aus Carbon. Aber die ersten 13 Boote sind gebaut, bis Ende des Jahres werden etwa 30 verkauft sein. „Männliche Tesla-Fahrer“ seien die meisten Käufer, im Silicon-Valley die Nachfrage besonders groß.

Unter einer Stunde von Köln nach Düsseldorf

Der Unternehmer Gustav Hasselskog, der nach einem Sommer am See sich so über die Benzinrechnung seines Bootes, mit dem er den Kindern täglich Eis geholt hatte, ärgerte, dass er ein energieeffiezientes Elektroboot entwickeln ließ, denkt aber bereits weiter. In Stockholm gibt es gerade Gespräche, man will eine Elektro-Fähre für 50 bis 60 Personen entwickeln. „Das Prinzip und die Software haben wir“, sagt Ingenieur Lauszus, „alles andere sollte kein Problem sein.“ Die Candela Seven benötigt keine Stunde bis Düsseldorf – für fünf Euro Betriebskosten.

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