Terrorverdacht in ChorweilerWohnungsgesellschaft GAG ist Vermieter von Sief Allah H.

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Sicherheitskräfte vor dem Wohnkomplex in Chorweiler.

Köln-Chorweiler – Für die Mitarbeiter der städtischen Wohnungsgesellschaft GAG war die Nachricht ein noch größerer Schock als für andere: Die GAG ist der Vermieter von Sief Allah H. im Hochhaus an der Osloer Straße 3 in Chorweiler. Er könnte dort einen terroristischen Gift-Anschlag vorbereitet haben. „Wir unterstützen die Ermittlungen“, sagt Unternehmenssprecher Jörg Fleischer. Sonst will er  nichts sagen, es handele  sich um laufende Verfahren.

Ein Mieter, der in seiner Wohnung unbemerkt mit Gift hantiert – das hätte wahrscheinlich in jedem größeren Haus  geschehen können. Dass er offensichtlich Zugriff auf mehrere leer stehende Wohnungen hatte, ist ungewöhnlicher.

Für die GAG muss die Angelegenheit besonders unangenehm sein, ist sie doch in Chorweiler angetreten, um die Anonymität der Hochhäuser aufzubrechen und die Lebenssituation der Bewohner zu verbessern.

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Auch der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig. Am Mittwoch findet die diesjährige Hauptversammlung des Wohnungsunternehmens statt, bei dem die wenigen verbliebenen Kleinaktionäre das Engagement in Chorweiler kritisieren wollen. Ihnen geht es allerdings nicht um die Mieter oder gesamtstädtische Interessen, sondern um angeblich zu geringe Gewinnaussichten.

Eine Gruppe von Kleinaktionären hat beim Landgericht eine Sonderprüfung der Übernahme der Häuser in Chorweiler durchgesetzt. Das Kräftemessen im Stile eines „David gegen Goliath“-Konfliktes ist ein mittlerweile alle Jahre wiederkehrendes, in der Regel folgenloses Ritual vor und bei Hauptversammlungen der Immobilien AG. Fast 90 Prozent der GAG gehören der Stadt, sie ist faktisch ein städtisches Unternehmen. Doch die verbliebenen Kleinaktionäre messen das Unternehmen weiterhin mit den üblichen Maßstäben für ein privates Immobilienunternehmen.

Das Engagement in Chorweiler ist ein Beispiel für die Arbeit der GAG, bei der soziale und stadtentwicklungspolitische Aufgaben mit der Vorgabe, auch Gewinne machen zu sollen, unter einen Hut gebracht werden müssen. Die GAG übernahm mehrere Hochhäuser mit insgesamt 1209 Wohnungen einer Pleite gegangenen Vorbesitzerin aus der Zwangsverwaltung.

„Betrauungsvertrag“ zwischen Stadt und GAG

Hätte sie das nur aus eigener Kraft gemacht, wäre wohl wissentlich ein Verlustgeschäft einkalkuliert worden. Aus dem Dilemma half eine in der Wohnungswirtschaft bislang einmalige Konstruktion, mit der das Unternehmen in die Lage versetzt wurde, die Häuser vor dem Verfall zu retten und sich so für den Stadtteil und das Interesse der Stadt zu engagieren.

Stadt und GAG schlossen einen sogenannten „Betrauungsvertrag“ ab: Das Wohnungsunternehmen soll im Auftrag der Stadt „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ leisten. Dazu gehören der Abbau des Sanierungsstaus, eine bessere Mieterbetreuung, der Einsatz von Sozialarbeiten, Wachdiensten und Kundenbetreuern oder auch das Kümmern um die unmittelbare Umgebung der Häuser, die während der Zeit der Zwangsverwaltung verwahrlosten. Dafür bekommt die GAG – verteilt auf zehn Jahre – 32,4 Millionen Euro.

Der Ratsbeschluss zur Beauftragung der GAG mit dem sogenannten „Chorweiler Paket“ liegt mittlerweile schon  drei Jahre zurück. Während die sozialen Maßnahmen schnell in Gang kamen, laufen die baulichen Maßnahmen offensichtlich nur sehr langsam an. Dem Vernehmen nach war es nicht einfach, Firmen zu finden, welche die Arbeiten in den Hochhäusern übernehmen wollten.

Baufirmen sind ausgelastet

Die allgemeine Marktlage mit vollen Auftragsbüchern der Baufirmen führt dazu, dass die Resonanz auf Ausschreibungen geringer ausfällt als in früheren Zeiten. So haben die Instandsetzungsmaßnahmen an der Osloer Straße erst vor Kurzem begonnen. Bis zu dem Haus, in dem Sief  Allah H. wohnte,  sei man noch nicht gekommen, so GAG-Sprecher Fleischer.

Das  erklärt, warum dort mehrere  Wohnungen leer stehen. H. selbst wohnte zum Zeitpunkt seiner Verhaftung in einer Ersatzwohnung, weil in seiner Wohnung die Folgen eines Wasserschadens repariert wurden.

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