Tod nach NachbarschaftsstreitKölner muss viereinhalb Jahre ins Gefängnis

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Nach dem Urteil kam der Angeklagte zurück ins Gefängnis.

Nach dem Urteil kam der Angeklagte zurück ins Gefängnis.

Köln – Mord, Totschlag oder gar Freispruch wegen Notwehr? Alles schien möglich im Prozess um einen tödlich geendeten Nachbarschaftsstreit. Ständige Beschwerden wegen Kinderlärms hatte dazu geführt, dass der zweifache Familienvater Johannes S. (49) im Dezember 2018 nach einer verbalen Auseinandersetzung seinen Nachbarn Frank E. (55) im Treppenhaus erstochen hatte.

Es war keine Notwehr, denn dem Angeklagten „war bewusst, dass sein Gegenüber ihn nicht ernsthaft verletzen wollte“, sagte die Vorsitzende Richterin im Urteil, mit dem sie den Angeklagten wegen Totschlags zu vier Jahren und sechs Monaten verurteilte. Der Staatsanwalt hatte ebenfalls auf Totschlag erkannt, allerdings neuneinhalb Jahre gefordert.

Emotionen nicht mehr unter Kontrolle

In ihrer Urteilsbegründung sparte die Richterin („Sie haben eine Menge geleistet“) nicht mit Anerkennung für das, was der gebürtige Äthiopier alles für seine Integration getan habe, nachdem er vor Jahren nach Deutschland kam.

Neben seiner Tätigkeit als Hausmeister lernte er in Abend- und Wochenendkursen die deutsche Sprache, war stets „fleißig, freundlich, höflich und respektvoll gegenüber seinen Mitmenschen“ , engagierte sich in der äthiopischen Gemeinde und erzog hingebungsvoll und mit viel Engagement seine beiden Töchter (8 und 3 Jahre alt). Der regelmäßige Kirchgänger habe nur den einen Makel gehabt: „Wenn er sich in die Ecke gedrängt fühlt, hat er seine Emotionen nicht mehr unter Kontrolle und wird gewalttätig.“

Gewalt wegen Eifersucht

So erklärte sich auch seine erste und einzige Vorstrafe: als seine Lebensgefährtin mit einem Kollegen flirtete, wurde er aus Eifersucht ihr gegenüber gewalttätig wurde. Acht Monate auf Bewährung waren die Konsequenz.

Bedroht gefühlt habe sich S. auch im Dezember 2018, als sein Nachbar ihn zum wiederholten Male auf die Lärmbelästigung durch seine beiden Töchter ansprach. S. befürchtete, vom Vermieter vor die Tür gesetzt zu werden. Zu der Zeit war seine Lebensgefährtin mit dem dritten Kind schwanger, sie erlitt inzwischen eine Fehlgeburt.

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Als Frank L. am Tatabend vom Einkauf zurückkehrte und im Treppenhaus auf den Angeklagten traf, gerieten die beiden wieder wegen des langjährigen Streits aneinander. Offensichtlich fielen „beleidigende, herabwürdigende Bemerkungen“, Frank L. habe die beiden Töchter „Viecher“ genannt, hatte S. im Prozess ausgesagt. Nach diesen Worten hat er offensichtlich seine Emotionen nicht mehr unter Kontrolle gehabt. Sechsmal stach er mit dem Messer auf L. ein, der noch im Treppenhaus an den inneren Verletzungen verblutete.

Mit Konflikten angemessener umgehen

Die Angehörigen des Opfers hatten im Zeugenstand ausgesagt, derartige Vokabeln gehörten nicht zum Vokabular ihres Vaters. Das Gericht hingegen nannte L. eine „kölsche Kraat, der zwar mit den meisten Menschen gut klar kam, aber sich auch schon mal im Ton vergreifen konnte“.

„Sie haben einen schrecklichen Fehler begangen und müssen damit jetzt leben“, sagte die Richterin und appellierte an Johannes S., an sich zu arbeiten: „Sie müssen lernen, mit Konflikten angemessen umzugehen.“

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