Tödlicher NachbarschaftsstreitNeuneinhalb Jahre Haft für angeklagten Kölner gefordert

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Eine Taube sitzt auf einer Justitia (Symbolbild)

Eine Taube sitzt auf einer Justitia (Symbolbild)

Köln – Neun Jahre und sechs Monate Haft hat der Staatsanwalt am Montag im Prozess gegen Johannes S. gefordert, der seinen Nachbarn Alexander P. in einem Mietshaus in Dünnwald umgebracht hat. Der Ankläger geht von Totschlag aus, nicht aber von Mord mit dem Merkmal der Heimtücke, von dem in einem rechtlichen Hinweis der 11. Großen Strafkammer die Rede ist. Unstrittig ist, dass Johannes S. (49) am Abend des 1. Dezember 2018 den 55-Jährigen erstochen hat. Er behauptet, in Notwehr gehandelt zu haben. Verteidiger Frank Seebode beantragte, ihn „nicht zu verurteilen oder zumindest ausgesprochen milde“.

Hintergrund der Tat ist ein Streit um Lärm. Das Opfer und seine Frau, die am Prozess als Nebenklägerin teilnimmt, fühlten sich davon gestört, dass es zwei Monate lang jede Nacht so klang, als würde in der Wohnung, in der der Angeklagte mit Lebensgefährtin und zwei Kindern wohnte, „an den Heizungsrohren entlanggefahren“, wie der Staatsanwalt sagte.

Der Ärger im Haus führte dazu, dass der Vermieter in alle Briefkästen ein Rundschreiben mit Abmahncharakter steckte. Der Staatsanwalt geht davon aus, Johannes S. habe sich davon provoziert gefühlt. Als er, aus dem Keller kommend, dem Nachbarn im Treppenhaus begegnet sei, habe er mit einem Messer, mit dem er eine Wäscheleine repariert haben will, sechsmal zugestochen.

Vorsatz nicht ausgeschlossen

Auch wenn S. in einem „Erregungszustand“ gewesen sein sollte, schließe das den Vorsatz nicht aus. „Die Gefährlichkeit seines Handelns war für ihn erkennbar.“ Der 49-Jährige, der aus Äthiopien stammt, könne sich nicht damit hinausreden, von Alexander P. mit einer rassistischen oder anderen abfälligen Äußerung provoziert worden zu sein.

Der 55-Jährige sei von Zeugen als freundlich und hilfsbereit beschrieben worden, als jemand, der zwar laut habe werden können, aber ansonsten friedfertig und alles andere als ausländerfeindlich gewesen sei. Außerdem sei er an jenem Samstag in bester Stimmung gewesen, weil er sich über einen Sieg des 1. FC Köln gefreut habe.

Körperverletzung an Lebensgefährtin

Gegen den Angeklagten spreche, dass er 2011 wegen Körperverletzung an seiner Lebensgefährtin zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden sei. Nebenklage-Anwalt Christian Lange stellte die Vermutung an, Johannes S. sei außer sich geraten, weil er, „mustergültig integriert“, durch das Mahnschreiben sein „geordnetes Leben in Gefahr“ gesehen habe.

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Seebode beharrte darauf, bei einem „zufälligen Aufeinandertreffen“ habe Alexander P. beleidigende Worte gebraucht und sei handgreiflich geworden. Sein Mandant habe sich voller Angst gewehrt und „die Situation beenden“ wollen. Es sei „unfassbar für ihn, dass durch seine Hände jemand gestorben ist“. Johannes S. wiederholte, das Geschehene tue ihm Leid.

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