Toter nach Ausbruch in Kölner HeimTräger prangert an: „Wir werden zu Tode verwaltet“

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Rollstühle stehen vor einer Brandschutztür in einem Heim für behinderte Menschen. (Symbolbild)

Köln – „Ich bin fassungslos, dass die Stadt Köln es noch immer nicht schafft, die Impfungen in Heimen für Menschen mit Behinderung zu organisieren“, sagt Matthias Toetz, Geschäftsführer der Kölner Lebenshilfe. 40 Menschen mit geistiger Behinderung, die in Einrichtungen der Lebenshilfe wohnen, seien bis heute nicht gegen das Coronavirus geimpft – obwohl sie nach sehr alten Personen zu den am stärksten gefährdeten Menschen zählten.

Betroffenheit in Heim mit 62-jährigem Covid-Opfer

„Es geht hier um Leben und Tod – und wir werden buchstäblich zu Tode verwaltet“, sagt Toetz. Die Worte klingen bitter und dramatisch – und werden von der Realität mit Fakten belegt: Mitte März war ein großer Ausbruch in einem Pescher Heim für Menschen mit Behinderung bekannt geworden, bei dem sich ein Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner und Mitarbeiterinnen infiziert hatte. Einige mussten stationär behandelt werden. Jetzt bestätigte eine Sprecherin der Alexianer-Werkstätten dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass ein 62-jähriger Bewohner des Pescher Heims infolge der Virusinfektion verstorben ist. „Der Tod des Bewohners wirft Schatten und die Betroffenheit sitzt tief. Eine Bewohnerin befindet sich aktuell noch im Krankenhaus, aber zum Glück nicht mehr auf der Intensivstation.“

Stadt antwortete erst nach zwölf Tagen

Den Geschäftsführer der Lebenshilfe ärgert besonders, dass die Stadt – trotz des schweren Ausbruchs in Pesch mit zahlreichen stationären Behandlungen und etlichen weiteren schweren Covid-Verläufen von Menschen aus Kölner Heimen – zwölf Tage gebraucht habe, um auf eine Mail mit der dringenden Bitte um eine rasche und transparente Impfung zu antworten. Geschrieben hatte die Lebenshilfe den Brief gemeinsam mit der Diakonie Michaelsoven, den Gemeinnützigen Werkstätten Köln, dem Verein Miteinander Leben und dem Stammhaus Gemeinschaft Unser Platz im Leben.

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Die geforderte Liste mit Menschen, die geimpft werden sollen, habe die Lebenshilfe sofort zurückgeschickt – woraufhin die Stadt acht Tage später die gleiche, bereits erhaltene Liste erneut angefordert habe. Inzwischen habe die Verwaltung sich dafür entschuldigt, dass es bis zu den Impfungen noch ein bis zwei Wochen dauere.

Auf Anfrage äußert sich das Gesundheitsamt nicht explizit zu den Vorwürfen. Seit dem 19. März werde in den Tagesstätten und Werkstätten für Menschen mit Behinderung geimpft, die Erstimpfungen sollen Ende April abgeschlossen sein. Aktuell würden „die Impfungen für betreute Menschen in den ambulanten Wohngemeinschaften der Eingliederungshilfe und in besonderen Wohnformen mit Hochdruck vorbereitet, sofern sie nicht bereits über die Impfungen in den Werkstätten erreicht werden konnten“.

Kritik an Priorisierung

Die genannten Träger bemängeln, dass in Einrichtungen wie den Sozialbetrieben Köln oder bei der Caritas längst alle Bewohnerinnen und Bewohner geimpft seien. Je mehr Menschen – auch weniger gefährdete wie Polizisten oder Lehrerinnen – nun geimpft würden, desto mehr manifestiere sich der Eindruck, Menschen mit Behinderung würden in der Pandemie vergessen, so Toetz. „Viele Angehörige und uns als Träger macht das wütend und betroffen.“

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