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Tradition aus Italien verbreitet sich in KölnEinen Kaffee trinken – zwei bezahlen

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„Heute schon einen Kaffee aufgeschoben?“ –Anja Winkler in ihrem Café „parl*or“ in Dellbrück.

Köln – „Heute schon einen Kaffee aufgeschoben?“ steht auf einer Tafel im Café „parl*or“ in Köln-Dellbrück. Stammgäste wissen Bescheid: Hier können Sie einen Kaffee trinken und zwei (oder mehr) bezahlen.

Was nach einem ziemlich schlechten Deal klingt, ist eine Tradition aus Neapel , die sich auf dem ganzen Globus verbreitet: Der „aufgeschobene Kaffee“ ("Caffè sospeso“) ist für alle, die sich ansonsten keinen leisten könnten.

Vor fünf Jahren importierte eine Schülerin aus Sachsen das Konzept nach Deutschland. Auf der Webseite „suspendedcoffee.de" finden sich heute Cafés von Aachen bis Wuppertal, die bei der Aktion mitmachen – auch ein paar Kölner sind schon dabei. Und über Facebook zieht die Idee immer weitere Kreise:

Die Gäste des Café „parl*or“ sind sehr spendabel, erzählt Inhaberin Anja Winkler. Für jeden aufgeschobenen Kaffee macht ihr Team ein Sternchen auf einer Tafel an der Theke. Doch die Hemmschwelle sei groß – viele Menschen versuchen, ihre Not zu vertuschen und trauen sich deswegen nicht, in ein Café zu marschieren und einen „Aufgeschobenen“ zu verlangen.

Deswegen gibt es für den Gratis-Kaffee im„parl*or“ auch einen Bon, den Gäste – quasi als Gutschein – gezielt weiter geben können. „Dann kann ich sagen: »Geh' vorbei, ich hab' Dir im Café Parlor einen Aufgeschobenen zurück gelegt«“, erklärt Anja Winkler: „Dann haben die Leute etwas in der Hand“.

Sind am Ende des Jahres „Aufgeschobene“ übrig geblieben, gibt Anja Winkler sie in Form von Gutscheinen an Kirchen oder gemeinnützige Organisationen weiter: „Und dann kommen schon einige Leute zu uns, die das gerne annehmen.“

Im Café „St. Mocca“ in Bickendorf ist es ähnlich – in den seltensten Fällen verlangen Menschen direkt nach einem Gratis-Kaffee. „Manchmal kommt eine Dame rein und signalisiert in Zeichensprache, dass sie gerne etwas hätte“, erzählt Geschäftsführer Markus Losse.

Deswegen sammelt er die gespendeten Bons in einer Box. „Und wenn ich von Gästen weiß, dass sie aufgrund von Arbeitslosigkeit oder Ähnlichem in Schieflage sind, dann sage ich: »Der bekommt jetzt einen Aufgeschobenen, der würde sich sonst nicht trauen, zu fragen«“.

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