Trotz PersonalnotKölnerin möchte Erzieherin werden, kann aber nicht beginnen

Lesezeit 4 Minuten
Eine Erzieherin spielt in einer Kita mit Kindern Puppentheater.

Eine Erzieherin spielt in einer Kita mit Kindern Puppentheater.

Köln – In vielen Kölner Kindertagesstätten herrscht Personalnot. Allein an den 224 städtischen Kitas sind es einer Stadtsprecherin zufolge aktuell 100 Kräfte. Dieser Mangel wird sich weiter verschärfen: Eine von der Stadt Köln entwickelte Personalprognose geht unter Beachtung dieser Kriterien davon aus, dass bis zum Jahr 2025 bis zu 1400 Erzieherinnen und Erzieher in Kitas fehlen könnten. Angesichts solcher Zahlen ist die Kita Campus Pänz in Lindenthal umso glücklicher, eine potenzielle Auszubildende für sich gewinnen zu können. „Unsere Idee war, dem Fachkräftemangel etwas entgegen zu setzen und selbst auszubilden“, sagt Karin Ohler, zweifache Mutter und Vorstandsmitglied der Elterninitiative Campus Pänz. „Mit Manana Shengelia haben wir die perfekte Kandidatin gefunden.“

Manana Shengelia liebt Kinder. Als Jugendliche hat die gebürtige Georgierin als Babysitterin gejobbt, später im Kindergarten gearbeitet und Pädagogik studiert. 2012 kam sie als Au-Pair nach Deutschland und betreute eineinhalb Jahre lang die Kinder ihrer Kölner Gastfamilie. Es folgten Jobs in einer Flüchtlingsunterkunft und in einer Kita. „Ich hatte schon immer den Wunsch, mit Kindern zu arbeiten“, sagt die 33-Jährige. Seit Oktober absolviert sie ein bezahltes Praktikum bei den Campus Pänz. Dort ist man so begeistert von Manana Shengelia, dass die Elterninitiative beschließt, ihr einen Ausbildungsplatz anzubieten. Doch es kam anders: Die 33-Jährige bekam keinen Schulplatz an einem Kölner Berufskolleg für den theoretischen Teil ihrer Ausbildung.

240 Bewerber auf 66 Plätze

„Mir wurde mitgeteilt, dass ich auf Platz 151 der Liste stehe. Es hatten sich 240 Bewerber auf 66 Plätze beworben. Damit hatte ich nicht gerechnet“, sagt Manana Shengelia. Sie hatte sich schon einmal dort beworben. „Damals fehlten mir aber noch die nötigen Praxisstunden. Außerdem hatte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Ich dachte, dieses Mal klappt es.“

Heute ärgere sie sich, dass sie sich nicht an mehreren Berufskollegs beworben hat. „Ich habe nach meiner Absage bei den anderen Schulen nachgefragt. Aber die Bewerbungsfrist ist abgelaufen und auch dort gab es viel mehr Bewerber als freie Plätze.“

Praxisintegrierte Ausbildung besonders beliebt

Martin Gehlen führt am Berufskolleg Michaelshoven das Bewerbungsverfahren für Erzieherinnen und Erzieher. „Die Nachfrage ist sehr groß, vor allem bei der praxisintegrierten Ausbildung. Wir könnten jeden Schulplatz in Bezug auf die eingehenden Bewerbungen 4,5-fach besetzen“, sagt Gehlen.

Grundsätzlich gibt es zwei Ausbildungswege: eine vollzeitschulische und eben die praxisintegrierte Ausbildung, kurz PIA. Im PIA-Modell arbeiten die angehenden Erzieherinnen und Erzieher während der gesamten drei vergüteten Jahre an mehreren Tagen in der Woche in einer Kita oder einer anderen Einrichtung. An den übrigen Tagen besuchen sie die Schule. Bei der vollzeitschulischen Variante folgt nach zwei unvergüteten Jahren Schule ein einjähriges, bezahltes Berufspraktikum. Für diese Variante erhält das Berufskolleg nach Aussage von Martin Gehlen 3,5 Bewerbungen für einen Schulplatz: „Wichtig ist aber zu bedenken, dass sich Bewerber fast immer an mehreren Schulen bewerben.“ Dadurch sei schwer abzuschätzen, wie viele tatsächlich „unversorgt“ blieben. Er kenne aber „viele solcher Beispiele“.

Das könnte Sie auch interessieren:

Auch André Kirczek vom Berufskolleg Ehrenfeld bestätigt, dass das Interesse an einer PIA-Ausbildung viel größer sei, als Schulplätze zur Verfügung stünden. Doch er sieht den Engpass eher auf Seiten der Träger, die Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen müssen. „Letztendlich scheint zur Zeit noch die Anzahl der tatsächlichen Arbeitsplätze für PIA-Auszubildende in den Kitas der der Schulplätze zu entsprechen“, glaubt Kirczek.

Jährlich 1000 zusätzliche Kita-Plätze

Campus-Pänz-Vorstand Karin Ohler ärgert sich unterdessen sehr darüber, dass die Kita ihre Wunschkandidatin nun nicht selbst ausbilden kann. „Es wird immer vom Erziehermangel geredet – das passt doch nicht zusammen!“ Die Stadtsprecherin bestätigt diesen Mangel, der sich weiter verschärfen wird, da ein bestehendes Ausbauprogramm jährlich 1000 zusätzliche Kita-Plätze vorsehe. So würden auch weitere Stellen benötigt.

„Die Stadt Köln arbeitet bereits seit 2010 an Maßnahmen, um dem Fachkräftemangel in den Kindertageseinrichtungen entgegenzuwirken“, sagt die Stadtsprecherin. Sie nennt unter anderem die Möglichkeit berufsbegleitender Qualifikationen: So könnten sich Kinderpflegerinnen und -pfleger zu Erzieherinnen und Erziehern weiterbilden lassen. Außerdem sei die praxisintegrierte Ausbildung in Köln als einer der ersten Städte bundesweit eingeführt worden.

Nächstes Jahr wieder bewerben

Das Interesse an dieser Form der Ausbildung ist jedenfalls da, wie das Beispiel von Manana Shengelia und die Zahlen an den Berufskollegs zeigen. Das weiß man auch bei der Stadt: „Es ist bekannt, dass es an den Schulen mehr Bewerbungen gibt als Schulplätze zur Verfügung stehen", sagt die Stadtsprecherin.

Manana Shengelia bleibt nichts anderes übrig, als sich im nächsten Jahr erneut zu bewerben, dann aber direkt an mehreren Schulen. Bis dahin wird sie weiter bei den Campus Pänz arbeiten – als Aushilfe. „Wenn es nächstes Jahr wieder nicht klappt, muss ich mir etwas anderes überlegen.“ Aber eigentlich kann sich die 33-Jährige nichts anderes vorstellen, als mit Kindern zu arbeiten.

KStA abonnieren