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Umstrittener Polizeieinsatz„So was würde man bei Bio-Deutschen nicht machen“

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Die Polizei sperrte für den Vorfall den Bahnhofsvorplatz und die Domtreppen ab.

Köln-Innenstadt – Zwei Wochen nach dem umstrittenen Polizeieinsatz vor dem Hauptbahnhof, gab es viel Kritik, aber auch Unterstützung für die Polizei in einer Aktuellen Stunde des Integrationsrats. „Es war ein angemessener Einsatz“, sagte Ratsherr Martin Erkelenz (CDU). Dom und Hauptbahnhof seien hochsensible Punkte, was auch die überprüften Männer hätten wissen müssen. Menschen, die bestimmte Kleidung trügen, gerieten offenbar schneller in den Fokus der Polizei, sagte dagegen Marion Heuser (Grüne). „So was würde man bei Bio-Deutschen nicht machen.“

Michael Tiemann, Leiter der Polizeiinspektion 1, schilderte im Gremium den Einsatz. Demnach habe die Polizei einen Hinweis eines Bürgers erhalten, dass sich vier Männer mit Gewändern vor dem Bahnhof aufhielten und einer von ihnen habe „Allahu Akbar“ gerufen habe. Weil die Polizei eine Gefahrensituation nicht ausschließen konnte, habe sie 20 in der Nähe befindliche Beamte zusammengezogen. Ein Kradfahrer stellte schließlich die vier Männer, ließ sie mit vorgehaltener Pistole sich auf den Boden legen. Als die Verstärkung der Polizei eingetroffen war, wurden die Männer überprüft. Sie stellten sich als unbescholtene Bürger heraus.

Die Wirkung auf Migranten sei verheerend

Der stellvertretende Vorsitzende des Integrationsrats, Ahmed Edis (GOL), hat durchaus Verständnis für den Einsatz. Die Wirkung auf Migranten, besonders auf die Muslime, sei aber verheerend. „Die denken sich: Mit uns kann man es ja machen und mich hätte es auch treffen können.“ Besonders nach dem NSU-Anschlag in der Keupstraße bleibe der Eindruck hängen: „Wenn es um rechte Gewalt geht, reagiert man nicht so schnell, bei Muslimen ist man sofort zur Stelle.“

Auch andere Mitglieder des Integrationsrats sehen den Einsatz eher kritisch: Eli Abeke (Bündnis 14) hätte sich mehr Fingerspitzengefühl von der Polizei gewünscht. Es genüge offenbar, als Migrant in einer bestimmten Kleidung am falschen Platz zu sein und „Allahu Akbar“ zu rufen, um einen massiven Polizei-Einsatz auszulösen. „Das kann man als Racial Profiling bezeichnen und sicher als Stigmatisierung.“ Hätte jemand „Heil Hitler“ gerufen, wäre der Einsatz wohl anders verlaufen, so Abeke.

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Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Sprecher des Runden Tischs für Integration, betonte, dass es in Berlin Ausrufe wie „Allahu Akbar“ öfters gebe. „Wenn die Polizei alle diese Leute festnehmen wolle, hätten die ziemlich viel zu tun.“ Ratsfrau Güldane Tokyürek (Linke) monierte, dass die Männern nach dem Einsatz in einem Tweet der Polizei als „Verdächtige“ bezeichnet wurden, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits klar gewesen sei, dass sie unschuldig waren. „Die Außenwirkung war verheerend.“

Für Tiemann ist der Einsatz einwandfrei verlaufen. „Wir würden definitiv wieder so handeln.“ Für die Polizei habe die Gefahrenabwehr im Vordergrund gestanden. Die Beamten hätten daher schnell herausfinden müssen, ob sich der Verdacht auf einen Anschlag erhärten lasse oder nicht.

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