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Unfallstatistik 2020ADFC fordert Umbau großer Kreuzungen in Köln

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 Symbolbild

Köln – Weniger Unfälle, weniger Verletzte, aber auch insgesamt deutlich weniger Verkehr auf den Straßen und Autobahnen in und um Köln – so lässt sich die polizeiliche Verkehrsunfallstatistik für das vergangene Jahr zusammenfassen. Die positive Entwicklung ist vor allem den beiden coronabedingten mehrmonatigen Lockdowns 2020 geschuldet. Nur eine Ausnahme gibt es: Die Zahl der verunglückten Radfahrer ist in Köln im Vergleich zu 2019 gestiegen. Die wichtigsten Fakten im Überblick:

Fünf Fahrradfahrer in Köln gestorben

Durchschnittlich fünf bis sechs Radfahrer sind im Vorjahr jeden Tag in Köln verunglückt, insgesamt 1999. Nur 2018 lag die Zahl noch höher. Fünf Radfahrer sind voriges Jahr bei Unfällen gestorben, 288 wurden schwer verletzt – auch das der zweithöchste je gemessene Wert in der Stadt. Die meisten Unfälle geschahen in der Innenstadt, in Ehrenfeld, in Lindenthal und Sülz.

Die Erklärung für die bedenkliche Entwicklung liegt auf der Hand: „Wir befinden uns immer noch am Anfang einer Verkehrswende“, sagt Polizeipräsident Uwe Jacob. Jedes Jahr wächst die Zahl der Menschen, die vom Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln aufs Fahrrad umsteigen. Die Polizei hat im Vorjahr statistisch 14 Millionen Fahrradfahrten in der Stadt ermittelt, Tendenz steigend. Folgerichtig macht die Polizei die Sicherheit von Radfahrern in der Präventionsarbeit auch 2021 zu einem „Behördenschwerpunkt“, zum dritten Mal in Folge.

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Sehr viele Radfahrer verunglückten laut Polizei bei Alleinunfällen, oft weil sie abgelenkt waren. Autofahrer verursachten 56 Prozent der verbliebenen Unfälle mit Fahrradfahrern, meistens beim Abbiegen, weil sie die Vorfahrt missachteten, weil sie unbedacht die Autotüren öffneten oder beim Be- und Entladen nicht aufpassten. In einem weiteren Drittel der Unfälle waren andere Radfahrer die Verursacher.

ADFC fordert bessere Infrastruktur für Radfahrer

Christoph Schmidt vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Cub (ADFC) fordert, "dringend die Infrastruktur an den massiv steigenden Radverkehr" in Köln anzupassen. Zwar sei in den vergangenen zwei, drei Jahren in dieser Hinsicht schon einiges geschehen, aber noch immer sind nach seiner Einschätzung 90 Prozent der Alleinunfälle von Radfahrern auf bauliche Gegebenheiten zurückzuführen, zum Beispiel auf KVB-Schienen, in denen Radfahrer hängen blieben oder auf nicht abgesenkte Bordsteine. Die großen Kreuzungen in der Stadt seien nach wie vor auf den Autoverkehr ausgelegt, Radfahrer hätten kaum Platz. Das müsse dringend geändert werden, und zwar nicht nur im Kleinen. "Da muss man dann schon auch mal den großen Sprung machen", fordert Schmidt.

Steigende Unfallzahlen bei Pedelec- und E-Scooter-Fahrern

Vier Prozent aller Unfallopfer waren auf einem Pedelec unterwegs, noch weniger auf einem E-Scooter. Aber: Beide Fortbewegungsmittel werden laut Statistik in der Stadt immer beliebter, entsprechend steigen auch die Unfallzahlen deutlich an. Hinzu kommt: Wenn ein E-Scooter-Fahrer in einen Unfall verwickelt war, wurde er meistens auch verletzt. Die Dunkelziffer in diesem Bereich schätzt die Polizei zudem als eher hoch ein, weil viele nach einem Unfall mit einem Elektroroller wohl nicht die 110 riefen.

Autofahrer bauen weniger Unfälle     

Die Verkehrsstatistik 2020 sei mit keiner anderen vergleichbar, schickt Jacob vorweg. Zwei Lockdowns hätten die Unfallentwicklung „massiv beeinflusst“. So seien die Kölner zum Beispiel deutlich seltener zu Wochenendausflügen oder Urlaubsfahrten aufgebrochen. Werner Groß, Leitender Polizeidirektor, ergänzt, die sonst üblichen „Novemberstaus“ in der Stadt und auf den Autobahnen seien im Vorjahr fast komplett ausgeblieben – ein Beleg dafür, wie wenig zeitweise auf den Straßen los war. Das spiegelt sich auch in den Unfallzahlen wider: fast 20 Prozent weniger Unfälle als 2019 registrierte die Polizei im Stadtgebiet und sogar 27 Prozent weniger auf den Autobahnen. Auch die Zahl der Verletzten und Getöteten sank deutlich. Auf den Autobahnen bleiben ein zu geringerer Abstand zum Vordermann und eine zu hohe Geschwindigkeit die Unfallursachen Nummer eins und zwei.

Ein Phänomen beschäftigt die Polizei allerdings ungebrochen: Raser und Poser, die in aufgemotzten Fahrzeugen durch die Stadt fahren und an Hotspots wie der Alfred-Schütte-Allee in Poll oder am Tanzbrunnen für Ärger sorgen. „Wer Rennen fährt, hat von uns keine Nachsicht zu erwarten“, sagt Jacob. „Wir verfolgen das weiterhin nachdrücklich. Wir werden den Tätern auch an ihre Geldbeutel gehen und Autos beschlagnahmen.“ Die „jungen Rennfahrer“ dürften diese Worte „gerne als Ansage verstehen“, sagte der Polizeipräsident.

Fünf Fußgänger gestorben

Fast 30 Prozent weniger verunglückte Fußgänger als 2019 – auch  diese erfreuliche Statistik dürfte vor allem mit dem geringeren Verkehrsaufkommen in der Stadt zusammenhängen. 517 Menschen, die zu Fuß unterwegs waren, wurden verletzt, jeder fünfte war älter als 65 Jahre, ein Fünftel waren Kinder. Fünf Fußgänger kamen ums Leben. Jeden dritten Unfall haben die Fußgänger laut Polizei selbst verursacht – oft, weil sie abgelenkt waren, zum Beispiel durch ein Handy.

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