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Unnötige Operationen?Schwere Vorwürfe gegen Arzt der Kölner Uniklinik

Lesezeit 3 Minuten
Ärzte im OP Symbol

Ausgangspunkt der Ermittlungen gegen den Arzt war eine anonyme Strafanzeige. (Symbolbild)

  • Der Mediziner soll an der Uniklinik nicht notwendige Operationen veranlasst und durchgeführt haben.
  • Die Polizei ermittelt nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Körperverletzung.
  • Johannes V. soll auch Kinder — darunter ein zwei Jahres altes Kleinkind — operiert haben, obwohl der Nutzen im Vorfeld mindestens zweifelhaft gewesen sein soll.

Köln – Im Kollegenkreis gilt der Arzt Johannes V. (Name geändert) so manchem als ein wenig steif im Umgang, unnahbar. Anderen dagegen imponiert sein selbstbewusstes Auftreten. Auf der Station jedenfalls, so heißt es, ziehe V. sein Ding durch. Er sei ehrgeizig und zielstrebig. Doch nun sind schwerwiegende Vorwürfe gegen den Mediziner der Uniklinik aufgetaucht.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ermittelt die Polizei seit einigen Wochen gegen Johannes V. wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Körperverletzung. Den Ermittlungen liegt eine anonyme Strafanzeige zugrunde, mutmaßlich verfasst von jemanden aus V.s beruflichem Umfeld. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln wollte das Ermittlungsverfahren auf Anfrage weder bestätigten noch dementieren.

Tatsächlich befinden sich die Recherchen der Polizei in einem frühen Stadium. Bewiesen ist nichts, es gilt die Unschuldsvermutung. Daher werden an dieser Stelle weder der Arzt mit seinem wahren Namen noch die betreffende Fachklinik und die konkrete Abteilung genannt, auf der er tätig ist. Auch wenn der Erstatter der Strafanzeige unbekannt ist, sind die Vorwürfe offenbar derart substanziell, dass Polizei und Staatsanwaltschaft umgehend tätig geworden sind.

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Die Polizei hat Patientenakten beschlagnahmt

Der Arzt wird beschuldigt, aufwendige Operationen veranlasst und selbst durchgeführt zu haben, die überhaupt nicht notwendig gewesen sein sollen. Auch soll V. Kinder – darunter ein zwei Jahres altes Kleinkind – operiert haben, obwohl der Nutzen im Vorfeld mindestens zweifelhaft gewesen sein soll. Einigen Patienten sei es nach den Eingriffen schlechter gegangen als vorher, heißt es. Manchmal seien Folgeoperationen notwendig gewesen.

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Die Polizei hat Patientenakten beschlagnahmt und Ärzte aus der betreffenden Fachklinik als Zeugen vernommen. Einige – nicht alle – sollen den Methoden ihres beschuldigten Kollegen kritisch bis ablehnend gegenüber stehen. Manche sollen sich regelrecht fassungslos gezeigt haben über die ein oder andere OP-Indikation des Kollegen. Die Polizei prüft dem Vernehmen nach fünf Verdachtsfälle aus den vergangenen Monaten. Die Uniklinik hat am Donnerstag auf Anfrage keine Stellungnahme abgegeben.

Sportlerin soll nach der OP Anzeichen einer Querschnittslähmung gezeigt haben

Die Ermittler gehen auch einem besonders schweren Vorwurf nach: So soll Johannes V. eine junge Behindertensportlerin als Patientin gehabt haben. Ihr Knochengerüst wies eine leichte Schiefstellung auf. Besonders problematisch sei das aber nicht gewesen, sollen Zeugen bei der Polizei ausgesagt haben. Die Patientin sei nicht sonderlich geplagt und ihr Knochengerüst bereits ausgewachsen gewesen, so dass mit einer Verschlimmerung ihres Zustandes nicht unbedingt zu rechnen gewesen wäre. Dennoch soll V. sie operiert haben.

Während des Eingriffs ergaben sich angeblich Komplikationen. Nach der OP habe die Frau zunächst Anzeichen einer Querschnittslähmung gezeigt. Eine Notoperation noch am selben Tag sowie ein dritter Eingriff sollen den Zustand der Patientin zwar inzwischen verbessert haben, doch an Sport sei bei ihr zumindest vorerst nicht mehr zu denken, soll den Ermittlern sinngemäß mitgeteilt worden sein.

Spielten finanzielle Gründe eine Rolle?

Im Raum steht der Verdacht, dass Johannes V. bewusst kostspielige Operationen angesetzt haben soll, um der Klinik Geld zu verschaffen – und sich somit bei seinem Chefarzt beliebt zu machen. Eingeweihte, die mit den Vorgängen eng vertraut sind, sagten dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, der Chefarzt habe die aus ihrer Sicht „offensiven OP-Indikationen“ von Johannes V. im Kollegenkreis verteidigt, sich aber jedenfalls nicht dagegengestellt. Ob der Chefarzt das fachliche Vorgehen von Johannes V. teilte, ist unklar.

In den regelmäßigen Ärzterunden, in denen die Fallakten jedes Patienten miteinander besprochen und beraten werden, soll V. seine eigenen Fälle schon bald nicht mehr oder höchstens am Rande thematisiert haben. Röntgenbilder seiner Patienten soll er seinen Kollegen in den Sitzungen weitgehend vorenthalten haben. 

Wie lange Polizei und Staatsanwaltschaft brauchen werden, um die Vorwürfe zu prüfen, ist unklar. Unmittelbare Konsequenzen haben die Ermittlungen für Johannes V. offensichtlich vorerst nicht. Wie es heißt, operiert der Arzt auch weiterhin.

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