Urteil mit „Bauchschmerzen“Pädophiler spricht vor Kölner Gericht offen über Neigung

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Blick auf den Eingang des Justizzentrums an der Luxemburger Straße in Köln

Köln – Als die Staatsanwältin am Montag in Saal 247 des Kölner Amtsgerichts ihren Strafantrag stellte, weinte Michael D. Sie forderte acht Monate Haft auf Bewährung dafür, dass der 50-Jährige in großen Mengen kinderpornografisches Material sowohl besessen als auch zum Herunterladen angeboten hatte. Michael D. bettelte darum, keine Strafe zu verhängen, die im Bundeszentralregister eingetragen und ihn seine Arbeit als Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes kosten würde. Vergeblich. Die Amtsrichterin folgte dem Antrag der Anklägerin und machte deutlich, dass sie die Strafe um Haaresbreite nicht zur Bewährung ausgesetzt hätte. Schließlich habe der Angeklagte, der sich ungewöhnlich offen und umfangreich geäußert hatte, „die Wiederholungsgefahr selber formuliert“.

Zum einen hatte Michael D. auf eine Online-Pinnwand einschlägige Bilder gestellt, zum anderen waren waren auf seinem PC, seinem Smartphone und einer externen Festplatte unzählige Fotos und Filme entdeckt worden, deren Darstellungen in der Anklageschrift mit drastischen Details beschrieben sind. Beispielsweise sind dort Kinder zu sehen, die miteinander Sex haben; andere Abbildungen zeigen, wie sich Erwachsene an Minderjährigen vergehen; meist sind es Jungen.

„Mein ganzes Leben ist Chaos und Angst“

Michael D. räumte die Vorwürfe uneingeschränkt ein. „Ich weiß, dass es nicht rechtens war und ich falsch gehandelt habe.“ Doch sein Drang zur Kinderpornografie sei übermächtig. Er habe „mehrere Therapien gemacht“, einen Suizidversuch hinter sich und leide wegen seiner Neigung seit 30 Jahren an Depressionen. „Mein ganzes Leben ist Chaos und Angst. Ich lebe im Dunklen.“

Leider gebe es keine Medikamente gegen seinen Hang; würden Elektroschocks helfen, würde er es damit versuchen. „Man fragt sich, ob andere Dinge passieren könnten“, sagte die Amtsrichtern. Darauf beteuerte der Angeklagte, der angab, selber als Junge sexuell missbraucht worden zu sein: „Ich habe noch nie ein Kind angepackt.“ Wenn in der Straßenbahn Jugendliche in der Nähe seien, wechsle er den Platz, und tunlich meide er öffentliche Schwimmbäder.

Angeklagter glaubt, weitere Therapie habe keinen Sinn

„Sehr offene Einblicke“ habe Michael D. gewährt, bemerkte die Vorsitzende. Für ihn spreche, dass er nicht vorbestraft und geständig sei und zudem „Unrechtseinsicht“ zeige. Bedenklich sei aber seine Einstellung, eine weitere Therapie habe keinen Sinn, weil sie ihn, wie er sich ausgedrückt hatte, „zurückwerfen“ würde. Sie habe deshalb „Bauchschmerzen“, der Bewährung zuzustimmen, sagte sie. Unerlässlich sei, Michael D. unter die Aufsicht eines Bewährunghelfers zu stellen.

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