VeedelstourDurch Junkersdorf mit Sabine Postel

Lesezeit 6 Minuten
Schauspielerin Sabine Postel am Adenauer Weiher, wo sich eines ihrer Lieblingslokale befindet – der Club Astoria.

Schauspielerin Sabine Postel am Adenauer Weiher, wo sich eines ihrer Lieblingslokale befindet – der Club Astoria.

Junkersdorf – Sabine Postel ist immer für einen Überraschungseffekt gut. Im Fernsehen sowieso, aber auch in ihrem Veedel. „Och – SIE in Köln?“ Irgendwie hat man die Schauspielerin hier nicht gleichauf dem Schirm, verankert sie gedanklich automatisch im Norden und würde sich kaum wundern, wenn sie einem auf der Straße „Moin!“ zuriefe. Wie eine echte Deern von der Waterkant eben.

Irgendwie ist sie das ja auch. Nur kam sie nicht an Elbe oder Weser zur Welt, sondern am Steinhuder Meer. Als Tochter des langjährigen WDR-Unterhaltungsredakteurs Kurt Postel landete Sabine Postel allerdings schon im Einschulungsalter in Köln und lebt seitdem hier. Ihr heutiges Zuhause liegt in Junkersdorf, ihre Einkaufsmeile ist der Kirchweg. „Hier ist alles so wunderbar zentral. Es gibt eigentlich nur eine Straße, aber da ist alles, was ich brauche: Mein Bäcker, meine Reinigung, mein Obsthändler, mein Café.“

Süße Versuchung

Kaum haben wir dort, im Café Zimmermann, Platz genommen, ist Inhaber Thomas Schütt zur Stelle mit einer Kostprobe der legendären Havannatorte, die auf einem Familienrezept basiert, das seit vier Generationen wie ein Schatz gehütet wird. Noch als sich das von Wilhelm Zimmermann und Anna Schütt vor nunmehr 102 Jahren gegründete Café in der Herzogstraße befand, stellte dieses auf Nuss-Baiserböden ruhende Geheimnis für viele Kölner oft den krönenden Abschluss eines Einkaufsbummels dar. Für Sabine Postel ist die Torte auch deswegen eine Versuchung, weil sie aufgrund ihrer Weizenallergie auf viele Süßspeisen verzichten muss. Das wiederum kommt Postels Hund Vitus nicht ungelegen. Er begleitet sein Frauchen zwar gerne zu Orten, wo es etwas Gutes zu essen gibt. Ein Gang zur Hundewiese am Brauweiler Weg ist dem bewegungsfreudigen Vertreter der Rasse Magyar Vizsla im Zweifelsfall jedoch lieber.

Postel ist rund zwei Drittel des Jahres aufgrund von Dreharbeiten nicht in Köln. Eine Ausnahme war die ZDF-Komödie „Zu schön um wahr zu sein“, in der Postel eine Karriere als Senior-Model startet und dabei so zurecht gemacht wird, dass sie Catherine Deneuve im Film „Acht Frauen“ zum Verwechseln ähnlich sieht. Eigentlich müsste jede Frau mal mitkriegen, was Visagisten zu leisten imstande sind, meint Postel. Dann würde man die Abbildungen prominenter Frauen in den Hochglanzgazetten nämlich mit anderen Augen betrachten.

HD ist noch brutaler

In dem Zusammenhang spricht Postel auch die Nachteile der fortschrittlichen Fernsehtechnik an. Der Bildschirm habe die Darsteller immer schon dicker wirken lassen. „Aber HD ist noch brutaler, weil man wirklich jede Falte sieht und die Maskenbildner ganz neue Techniken und Produkte einsetzen müssen, damit man nicht geschminkt aussieht.“

Postel beklagt auch andere Veränderungen im Fernsehgeschäft. „Das Schlimmste ist, dass man die Drehtage immer knapper kalkuliert.“ Auch bei Nebenrollen, bei Stunts und aufwendigen Locations werde gestrichen. „Es ist echt hart geworden“, sagt die Schauspielerin, der mitunter 14-Stunden-Tage abverlangt werden, an deren Ende sie nicht einmal in ihr Kölner Bett sinken kann.

Beständig auf norddeutschem Terrain

Eigentlich bewegt sie sich beständig auf norddeutschem Terrain. Seit 1997 ermittelt sie als Inga Lürsen im „Tatort“ für Radio Bremen, seit 2008 steht sie zudem als die leicht neurotische Juristin Isabel von Brede in der ARD-Serie „Der Dicke“ vor der Kamera. Sie freut sich, dass im Februar die Dreharbeiten mit Dieter Pfaff weitergehen; jenem Kollegen, den sie als „ganz großartig, warmherzig und bezaubernd“ beschreibt und dem es nach seiner Lungenkrebs-Diagnose im Rahmen der schrecklichen Umstände wieder gut gehe.

Warmherzig und bezaubernd sind Adjektive, die „Der Dicke“ seiner Serienpartnerin wahrscheinlich sofort zurückgeben würde. Ilhan Adar, den wir nach Verzehr der Havanna-Torte besuchen, strahlt übers ganze Gesicht, als Postel seinen Laden betritt. Dem türkischen Obst- und Gemüsehändler ist der Promi-Faktor vermutlich wurscht. Er freut sich über eine Stammkundin, die seine Ware wertschätzt. „Ich hoffe so, dass er sich hier hält. Die Leute gehen ja alle zum Discounter.“ Postel kauft ihre Lieblingsfrüchte, Mangos, „garantiert nicht im Container gereift“ und bekommt ein paar Clementinen dazugepackt.

Lieblingsadresse für Familienfeiern

Nach einer Visite bei Petra-Ute Köllen-Chaverial, die in ihrem Laden Blumen-Stil angeblich die schönsten Sträuße bindet, betreten wir Place Rodin, ein auf Antiquitäten und ausgefallenen Modeschmuck spezialisiertes Geschäft am Kirchweg. Während Postel sich probehalber eine Kette mit einer besonders schönen Gemme umhängt, erzählt sie, „lange in England gelebt und dort Art-Deco-Objekte gesammelt“ zu haben. Heute wohne ihr einziger Sohn Moritz in London und studiere Regie, erzählt Postel. Anders als Inga Lürsen im „Tatort“ fühlt sich die Schauspielerin stark zu ihrer Familie hingezogen. Ihre in Königsdorf lebenden Eltern, waren stets ein Grund, nie aus Köln wegzuziehen. Von diesem Zusammengehörigkeitsgefühl profitieren letztendlich auch die Gastronomen im Veedel. Wenn Sohn Moritz aus London zu Besuch kommt, „wo das Essen ja gewöhnungsbedürftig ist“, steht das Distinto an.

„Immer gut und freundlich“, lautet Postels Urteil über den Italiener am Kirchweg. Sie selbst esse zwar relativ wenig Fleisch, aber wenn, dann das Fiorentina alla griglia von glücklichen Weiderindern oder die gegrillte Dorade. „Mein Hund geht da übrigens auch gerne hin“, verrät die Schauspielerin augenzwinkernd. Lieblingsadresse für Familienfeiern und besondere Ereignisse sei das Landhaus Kuckuck, seitdem dies von Erhard Schäfer geführt werde. „Der kocht echt klasse!“

Es spricht vieles für Köln

Ein weiterer kulinarischer Anlaufpunkt sei der Club Astoria mit seinem riesigen Biergarten. „Das ist gerade im Sommer echt der Knaller“, zumal es in Köln „so wenig Lokalitäten gibt, wo man ins Grüne schaut“. Überhaupt spreche ganz viel dafür, hier wohnen zu bleiben. „Man kann als Promi unbehelligt leben, und es ist total unproblematisch, sich hier zu bewegen und einfach nur mit dem Hund um den Teich zu schlurfen.“ Mit Schlurfen meint sie wohl weniger die Gangart als das Ungezwungene, Bequeme – und mit „Teich“ den Adenauer Weiher, vor dem sie am Ende unseres Spaziergangs in ihrem roten Mantel steht. Ein richtig schönes Bild.

Sabine Postel und roter Teppich sind hingegen eine seltene Verbindung, obwohl die Schauspielerin viele Auszeichnungen inklusive dem begehrten Bambi verliehen bekam. Wenn Sabine Postel bei Galaveranstaltungen von Scheinwerfern eingefangen wird, steht die gute Sache im Vordergrund. Seit Jahren engagiert sie sich für die Organisation Die Wolkenschieber oder den in Bremen gegründeten Verein Trauerland, der ebenfalls Kinder und Jugendliche unterstützt und ihnen über den Verlust eines nahestehenden Menschen hinwegzuhelfen versucht.

Unerwartetes Glück der neuen Liebe

Dass Postel sich sehr für Kinder engagiert, die eine Bezugsperson verloren haben, liegt in ihrer eigenen Geschichte begründet. 2003 starb ihr Mann, der Literaturwissenschaftler Otto Riewoldt. Sohn Moritz war damals elf. Lange Jahre hat Sabine Postel um ihre große Liebe getrauert. Doch anders als ihr Alter Ego Inga Lürsen, die nach gelegentlichen Affären offenbar beschlossen hat, keinen Mann mehr in ihr Leben zu lassen, ist Sabine Postel seit einem Jahr wieder liiert und voller Dankbarkeit über dieses unerwartete Glück der neuen Liebe: „Ich habe überhaupt nicht mehr damit gerechnet.“

KStA abonnieren