Verkehr in NRWArabisch als Prüfungssprache für den Führerschein

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Symbolbild.

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Köln – In München geht eine Fahrschule mit einem pink Porsche auf Kundenfang in der stetig kleiner werdenden Gruppe der 18-Jährigen. Die Zahl der Fahrschulen sinkt bundesweit seit 15 Jahren. Und demnächst können Autos vollautomatisch Abstand haltend über die Landstraßen rollen. Außerdem geben junge Erwachsene eher Geld für virtuelle Mobilität – sprich: für ein Smartphone – aus als für einen Führerschein.

Droht also ein Fahrschulsterben? Wo doch auch das ausbildende Personal überaltert ist – das Durchschnittsalter der Fahrlehrer in NRW liegt bei 57 Jahren? Nein. Vor allem große Städte oder Zentren wie der Köln-Bonn-Düsseldorf trotzen dem Trend. Allerdings wird wenig auf dem Fahrschulmarkt bleiben, wie es ist.

„Mobilität wird sich in den nächsten Jahren signifikant verändern“

Gerhard von Bressensdorf, Vorsitzender des Bundesverbandes der Fahrlehrerverbände, bleibt gelassen, spricht aber große Worte aus: „Mobilität wird sich in den nächsten Jahren signifikant verändern“. Doch Teil- und Vollautomatisierung, Fahrerassistenzsysteme und Tempomaten machen seiner Ansicht nach eines nicht überflüssig: Den Menschen, der einem diese Technik im Auto näherbringt. „Fahrlehrer müssen sich fortbilden und mit der Zeit gehen, wer nicht weiß, was Whats-App ist, gehört schon lange nicht mehr auf den Beifahrersitz einer Fahrschule.“ Die Zahl der Fahrschulen geht bundesweit seit langem zurück – es gibt noch 11 900, um das Jahr 2000 waren es noch 2000 mehr. Doch das hält von Bressensdorf nicht für alarmierend. „Nach dem Mauerfall sind in Ostdeutschland viel zu viele Fahrschulen eröffnet worden, da hat sich deren Zahl fast verdoppelt – für die gibt es inzwischen längst keinen Bedarf mehr.“ Was für den einzelnen eine unternehmerisch Pleite ist, wirkt in der bundesweiten Betrachtung wie eine normale Marktkorrektur.

Demografischer Wandel trifft Fahrschulen auf dem Land eher

Ohnehin sind die regionalen Unterschiede enorm: Während im Osten Fahrschulen leer bleiben, konnten die Kölner Kollegen im Jahr 2015 ein Plus von neun Prozent an Fahrschülern verbuchen. In Stuttgart und Frankfurt werden sogar moderne Fahrausbilder dringend gesucht – und Technik coaches genannt.

Kurt Bartels, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Nordrhein (mit Sitz in Köln-Porz) erklärt das so: „Städte, die wachsen, verzeichnen auch stabile oder steigende Zahlen Führerscheinkandidaten.“ Der demografische Wandel – die alternde Gesellschaft mit immer weniger Kindern – trifft Fahrschulen der ländlichen Region wie tief im Oberbergischen Land eher als die in der Stadt. Insgesamt kalkuliert die Branche eine sehr langsame Schrumpfung von jährlich ein bis zwei Prozent ein, sieht aber auch schon wieder einen Lichtschimmer. Flüchtlinge könnten die Kundenzahl positiv beeinflussen. Weswegen auch vom Juli an eine 12. Sprache für die theoretische Führerscheinprüfung anerkannt wird: Arabisch.

Dass 90 Prozent aller Jugendlichen zum 18. Geburtstag vor allem an den Führerschein denken, ist längst nicht mehr so verbreitet wie früher. Das Auto gilt nicht mehr als Statussymbol, also hat der Führerschein längst nicht mehr die erste Priorität – sondern eher coole Klamotten, ein Wochenende in London oder ein Smartphone. Wer in der Stadt wohnt, braucht in der Ausbildung oder im Studium nicht unbedingt ein Auto. Die Parkplatzsuche ist ohnehin nervig. Je größer die Stadt, je besser das Bus- und Bahnnetz, desto weniger Autos existieren pro Haushalt. „Aber eben nicht weniger Führerscheine. Vergleich man die Statistik mit der von vor 20 Jahren gilt:

Bei den 25-jährigen ist der Anteil der Führerscheininhaber genauso hoch wie heute“, sagt Bartels. 85 bis 90 Prozent eines Jahrgangs besitzen letztendlich die Lizenz zum Autofahren. Und wenn sie sie nur noch für die Sharing-Economy, fürs Autoteilen also, nutzt.

Während die Städter Spätzünder sind, spurten junge Leute im ländlichen Raum mit großer Begeisterung schon früh ans Steuer: Dort ist der „Führerschein mit 17“ besonders gefragt, der im ersten Jahr nur begleitetes Fahren mit den Eltern nebendran erlaubt. 70 Prozent der Anfänger nimmt auf dem Lande diesen Weg – und der produziert überaus sichere Verkehrsteilnehmer. Wer die 17er-Variante wählt, baut ein Fünftel weniger Unfälle als diejenigen, die den althergebrachten Weg beschritten. Apropos Unfälle. Die Werbung mit Porsches als Lehr-Wagen missfällt dem obersten Fahrlehrer des Landes zutiefst. „Hochmotorisierte Fahrzeuge sind reine Werbegags“, meint Kurt Bartels. „Die gehören nicht in die Hände von Anfängern. Gerade ihnen darf man nicht suggerieren, sie könnten diese Fahrzeuge sicher beherrschen.“

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