Stau-StatistikPositiver Trend in Köln – Zweifel an neuer Studie

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Der Barbarossaplatz versinkt im Verkehr und ist der viertschlimmste Hotspot in Deutschland.

Der Barbarossaplatz versinkt im Verkehr und ist der viertschlimmste Hotspot in Deutschland.

  • Autofahrer in Köln verlieren im Verkehr rund 99 Stunden pro Jahr.
  • Besonders heikel ist der Barbarossaplatz – dort bleibt im Berufsverkehr am meisten Zeit liegen.

Köln – Das ist die gute Nachricht. Autofahrer, die auf Kölns Straßen unterwegs sind, haben 2018 eine Stunde Lebenszeit gewonnen. Sie standen im Vergleich zu 2017 nur noch 99 Stunden im Stau, verplemperten dabei 867 Euro und liegen damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 120 Stunden und im bundesweiten Großstadt-Ranking weit abgeschlagen auf Platz 10, sogar hinter Bonn (104 Stunden/Platz 8) und Düsseldorf (100 Stunden/Platz 9).

Zweieinhalb Minuten braucht ein Auto in Köln, um sich einen Kilometer fortzubewegen, das Durchschnittstempo liegt bei 21 – eine Geschwindigkeit, bei der fitte Radfahrer problemlos mitschwimmen können.

Köln landet weltweit auf Platz 116

Die weltweite Studie von Inrix gilt mit ihrer Methode als durchaus anerkannt. Inrix ist ein Unternehmen, das Verkehrsanalysen und Dienstleistungen für vernetzte Autos an Verwaltungen und Unternehmen verkauft. Je größer die Stau-Probleme sind, desto besser sind die Geschäftsaussichten der Firma. Der Anbieter von Verkehrsinformationen untersucht mit der Studie den Zeitverlust durch Staus abhängig von der Tageszeit. Er vergleicht Daten während und außerhalb des Berufsverkehrs mit Zeitabschnitten, in denen es auch auf hochbelasteten Straßen so etwas wie freie Fahrt gibt. Daraus wird dann der Zeitverlust pro Kopf errechnet.

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Das macht Inrix seit Jahren – vergleicht weltweit mehr als 200 Großstädte in 38 Ländern. Da geht es den Kölner vergleichsweise gut. Sie liegen weltweit weit abgeschlagen auf Platz 116. Unangefochtener Spitzenreiter ist die kolumbianische Hauptstadt Bogotá mit 272 Stunden Zeitverlust pro Autofahrer und Jahr. Auf den folgenden Plätzen liegen Rom, Dublin und Paris, auch hier fallen fast oder sogar über zehn Tage Zeitverlust für jeden Autofahrer im Jahr an. Deutschlands Stau-Hauptstadt Berlin landet im weltweiten Vergleich nur auf Platz 40, München und Hamburg sind auf den Plätzen 58 und 60 gelistet.

Stauzeit in Düsseldorf klar gesunken

Insgesamt ist der Deutschland-Trend eher erfreulich. Trotz des weiterhin hohen Verkehrsaufkommens hat sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr verbessert – im deutschlandweiten Durchschnitt um mehr als sechs Prozent. Vor allem Stuttgart zeigt sich als Vorreiter – auch noch ohne Dieselfahrverbote, die ja erst zum Jahresbeginn wirksam wurden: Die Landeshauptstadt von Baden-Württemberg liegt zwar noch immer unter den Top Ten der deutschen Stau-Städte, allerdings hat sich die Stauzeit um elf Prozent reduziert.

Auch Nürnberg und Düsseldorf konnten den Zeitverlust im Verkehr überdurchschnittlich einschränken, um ebenfalls elf beziehungsweise neun Prozent. In Düsseldorf könnte das auch an der neuen U-Bahn liegen. Seit die Werhahn-Linie im Februar 2016 mit sechs neuen unterirdischen Stationen ihren Betrieb aufgenommen hat, läuft der Straßenverkehr deutlich flüssiger.

Barbarossaplatz bleibt ein Hotspot

Die Inrix-Verkehrsdaten sind so genau, dass sich sogar die Hotspots, also die zehn staureichsten Streckenabschnitte in Deutschland, herausfiltern lassen. Und da ist Köln leider wieder ganz vorne dabei. Guten Morgen, Barbarossaplatz, bist Du auch schon wach? Wer im Berufsverkehr diesen von der kölschen Band Querbeat zuletzt so liebevoll besungenen Verkehrsknoten nicht meiden kann, verliert dort täglich vier Minuten oder 17 Stunden pro Jahr. Das hat weniger mit dem hohem Verkehrsaufkommen, sondern mit den komplexen Verkehrsbeziehungen zu tun. Wenn im Berufsverkehr 72 Straßenbahnen pro Stunde den Knoten kreuzen, ist es kein Wunder, dass die Wartezeiten erheblich sind. Einzige Lösung: Die Bahnen müssten wie in Düsseldorf unter die Erde. Tröstlich für Köln: Insgesamt liegen sieben der zehn am dichtesten befahrenen Straßenabschnitte Deutschlands in Berlin und Hamburg.

Doch was fangen die Verkehrsforscher von Inrix mit diesen ganzen Daten an? Sie seien „ein erster Schritt, um Verkehrsstaus besser in den Griff zu bekommen“, sagen die Macher. Man wolle Stadtplaner und Ingenieure in die Lage versetzen, „datenbasierte Entscheidungen zu treffen, um die Planung zu verbessern und Kosten zu senken“.

Zweifel an der Stau-Statistik

Die Staus in den NRW-Städten gehen zurück, bei den Autobahnen gibt es für 2018 einen Streit zwischen dem Verkehrsministerium und dem ADAC. Der Automobilclub kommt für das Jahr 2018 für die Autobahnen in NRW auf eine Staulänge von knapp 486 000 Kilometern. 2017 waren es 455 000. Das ist ein Plus von 6,4 Prozent und damit mehr als viermal so hoch als der vom Landesbetrieb Straßen errechnete Wert. Danach betrug die Länge 2018 rund 103 500 Kilometer, 4700 Kilometer weniger als 2017 – ein Rückgang von 4,5 Prozent.

Grund ist die Zählmethode. Die Zahlen des Verkehrsministeriums beruhen auf mehr als 2500 Schleifen an allen Ein- und Ausfahrten der Autobahnen. Wenn an einer dieser Messstellen für länger als fünf Minuten die mittlere Geschwindigkeit unter 35 km/h sinkt, gehe man von einem Stau aus. Grundlage für die Berechnungen des ADAC sind die Landesmeldestellen der Polizei und die Meldungen großer Fahrzeugflotten. Den Angaben des ADAC zufolge liefern 260 000 Fahrzeugflotten großer Speditionen und 4,5 Millionen App-Nutzer und Navigationsgeräte beständig Live-Daten, aus denen der Verkehrsfluss berechnet wird. Im März müssen die ADAC-Vertreter im Verkehrsministerium erklären, wie sie auf ihre Berechnungen kommen.

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