Verletzten nicht versorgtEhrenamtler fassungslos über Vorfall am Breslauer Platz

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Die Anlaufstelle am Breslauer Platz

Köln – Wie geht man mit einem verletzten und offenbar orientierungslosen Geflüchteten um, der mitten in der Nacht vor dem Ankunftszentrum für ukrainische Geflüchtete am Breslauer Platz steht? Die Antwort liegt nahe.

Zwei Versionen des Hergangs

„Natürlich hätte man ihn und seinen Weggefährten versorgen müssen“, sagt eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Ankunftsstelle. „Es gab genug freie Betten und genug Helfer, die nichts zu tun hatten.“ Stattdessen, sagt die Kölnerin, habe sie einen Mitarbeiter der Feuerwehr erlebt, dessen Verhalten sie „fassungslos gemacht“ habe: Nicht nur, dass die beiden Geflüchteten aus Libyen nicht hineingebeten und der Einsatzleiter mitgeteilt habe, man sei „hier nur für ukrainische Geflüchtete zuständig“. Anderen Geflüchteten werde „von anderen Stellen geholfen“, habe der Mann gesagt. „Als gehe es um einen Verwaltungsvorgang.“

Nachdem sie und ihr Begleiter, der ebenfalls ehrenamtlich für das Ankunftszentrum arbeitete, darauf hingewiesen hätten, dass doch genug Kapazitäten da seien, um sich um die Männer zu kümmern, habe der Mann schroff geantwortet, dass es „wohl besser ist, wenn Sie jetzt gehen“. „Über unseren Hinweis, dass es bei Hilfsbedürftigen und akut Verletzten keine Zwei-Klassen-Gesellschaft geben sollte, und es ein Gebot der Menschlichkeit sei, dem Verletzten zu helfen, wurden anschließend Witze gemacht“, sagt die Ehrenamtlerin, die hauptberuflich als Schauspielerin arbeitet.

Gebot der Menschlichkeit

„Mit Menschlichkeit hatte das Verhalten des zuständigen Feuerwehrmannes wenig zu tun“, sagt ein junger Mann, der ebenfalls in der Aufnahmestelle aushilft und sich um die Unterbringung von Geflüchteten kümmert.

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Die Stadt Köln bestätigt den Vorfall grundsätzlich – nicht aber, dass der Feuerwehrmitarbeiter abgelehnt habe, den beiden Bedürftigen zu helfen. Ein Sanitäter habe festgestellt, dass die Wunde bereits zwei Tage alt sei und nicht wie von den beiden Ehrenamtlern gefordert ein Rettungsdienst erforderlich sei, um ihn ins Krankenhaus zu bringen. Stattdessen sei ein Krankentransportwagen gerufen worden. Der Feuerwehrmann sei es auch gewesen, der den Sanitäter hinzugezogen habe.

Die Ehrenamtlerin erinnert das anders: Sie selbst habe sich zunächst um einen Arabisch-Übersetzer und schließlich auch um einen Sanitäter gekümmert. Später habe sie mit ihrem Kollegen dafür gesorgt, dass die beiden Geflüchteten nach der Behandlung im Krankenhaus einen Platz in einer Notunterkunft in Merheim finden. 

Es sei sinnvoll, dass für Geflüchtete aus der Ukraine gesonderte Anlaufstellen bestehen, sagt  der junge Ehrenamtler, der den Vorfall miterlebte. „Selbstverständlich sollte auch sein, dass man sich um Menschen kümmert, wenn sie Hilfe brauchen und ihnen geholfen werden kann.“

Opfer eines Überfalls?

Die zwei Libyer seien bereits seit fünf Tagen am Hauptbahnhof umhergeirrt und hätten gesagt, Opfer eines Überfalls geworden zu sein. Der Verletzte sei mit einer Glasflasche angegriffen worden. „Andere Stellen haben sich offensichtlich ebenfalls nicht um sie gekümmert.“ 

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