Anzeige erstattetKölner Diakonie erhält Morddrohungen wegen Stellenausschreibung

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Köln – Bis zu 500 Anrufe, Briefe und Mails mit zum Teil heftigsten Beschimpfungen und Morddrohungen sind in den vergangenen Tagen bei der Diakonie Michaelshoven eingegangen, offenbar vorrangig verschickt von Verschwörungstheoretikern und Kritikern der Corona-Politik. Auslöser war eine Stellenausschreibung für die von der Diakonie betriebene Inobhutnahmegruppe für Kinder und Jugendliche in Immendorf. Das Stellenangebot „pädagogische Fachkraft (m/w/d)“ bezieht sich laut Diakonie auf „Kinder, bei denen entweder eine akute Kindeswohlgefährdung vorliegt oder die bereits in einer Jugendhilfeeinrichtung leben und bei denen zusätzlich noch der Verdacht auf eine Infizierung mit dem Corona-Virus besteht.“ Seit Tagen kursiert diese Anzeige besonders in rechten Foren und Chatgruppen und dient in diesen als vermeintlicher Beweis, dass die Regierung im Zuge ihrer Corona-Politik Familien Kinder entziehen und diese in Heimen unterbringen wolle.

Am Samstag seien die ersten Drohungen und Schmähungen eingegangen, sagte eine Diakonie-Sprecherin auf Nachfrage – teils anonym, teils mit Klarnamen. Eine Mitarbeiterin sei persönlich mit dem Tod bedroht worden und habe Strafanzeige bei der Polizei erstattet.

Auch AfD verbreitet Stellenanzeige

Auch die Diakonie und deren Vorstand selbst sei in Briefen, Mails, Anrufen und über Social-Media-Kanäle mit Pädophilen, Nationalsozialisten und der DDR-Staatssicherheit gleichgesetzt worden. Außerdem habe ein Anrufer angedroht, Feuer in den Räumen der Diakonie in Rodenkirchen zu legen. Die Organisation sammele nun alle einschlägigen Beweise und bereite eine Anzeige vor, sagte die Sprecherin. Einige Anrufer hätten sich auch mit sichtbaren Telefonnummern gemeldet, die nun zusammengestellt und an die Polizei weitergegeben würden.

Über Twitter habe auch die AfD, zu der Corona-Skeptikern in den vergangenen Monaten eine inhaltliche Nähe zugeschrieben wurde, die Ausschreibung verbreitet und in einen ähnlichen Kontext gestellt wie die Urheber der Hassmails. Auch in Whatsapp- und Telegram-Chatgruppen habe die Anzeige die Runde gemacht.

Kinder und Jugendliche können vom Jugendamt auf Grundlage eines Gerichtsbeschlusses in Obhut genommen werden, wenn für sie eine akute Gefahr angenommen werden muss. Bei einem zusätzlichen Corona-Verdacht werden sie übergangsweise in Quarantäne versorgt, bevor sie etwa einen Platz in einer Wohngruppe erhalten. „In unserem Angebot geht es nicht darum, Kinder und Jugendliche aus einem intakten Elternhaus zu nehmen“, stellte die Diakonie klar. Das NRW-Gesundheitsministerium hatte betont, dass im Falle von Corona-Verdachtsfällen kein Kindesentzug drohe. Die Diakonie ist der Wohlfahrtsverband der evangelischen Kirche. Er kümmert sich um soziale Zwecke und Menschen in Not.

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