Via Reformata in KölnEvangelischer Pfad durch die Innenstadt bis Jahresende fertig

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Trinitatiskirche

Die Außenansicht der protestantischen Trinitatiskirche in Köln.

Köln – Für die Protestanten Kölns war die Besetzung der Stadt durch napoleonische Truppen ein Segen. Nach Jahrhunderten, in denen ihnen Gottesdienstfeiern untersagt waren, erhielten sie von der französischen Stadtverwaltung das Recht auf freie Religionsausübung und 1802 mit der Antoniterkirche ihr erstes eigenes Gotteshaus. In der preußischen Zeit stieg der Anteil der evangelischen Bevölkerung deutlich, sodass die Kirche zu klein wurde.

Abhilfe sollte ein Neubau schaffen, den König Friedrich Wilhelm IV., der in die Planung einbezogen war, als „protestantischen Dom“ apostrophierte. 1860 war es so weit: Die im klassizistischen Stil errichtete Trinitatiskirche wurde eingeweiht. Dort fand nun eine Soiree statt, die an die Geschichte des Protestantismus in Köln erinnerte; eingeladen hatten der Evangelische Kirchenverband Köln und Region und die Melanchthon-Akademie.

Veranstaltung in Kölner Trinitatiskirche

Anlass der Veranstaltung war die Eröffnung der Via Reformata im vorigen Herbst. Dies ist ein 4,5 Kilometer langer Geschichtspfad mit zwölf Stationen, der von der Straße Andreaskloster in Richtung Süden bis zur Kartäusergasse führt. Noch sind erst drei der Gedenkorte mit Stelen markiert; bis zum Ende des Jahres sollen die restlichen Orte mit Stelen, Boden- oder Wandplatten ausgestattet sein. Mithilfe von QR-Codes kann man sich dort Texte aufs Handy spielen lassen, die erklären, warum etwa St. Andreas, der Roncalli- und Rathausplatz, die Kartäuser- und Antoniterkirche, der Gürzenich und das Reiterdenkmal auf dem Heumarkt für den Kölner Protestantismus von Bedeutung sind. Abwechslungsreich gab die Soiree, die Stadtsuperintendent Bernhard Seiger eine „Zeitreise“ nannte und bei der Wolf-Rüdiger Spieler an der Orgel musikalische Akzente setzte, einen geschichtlichen Abriss und auch einen Ausblick auf die Zukunft des Glaubens.

Geschichte der Protestanten in Köln im Schnelldurchlauf

Die Geschichte der Protestanten in Köln zeige: „Totgesagte leben länger“, sagte Athina Lexutt. Professorin für Kirchengeschichte an der Uni Gießen, in ihrem Vortrag. „Totgesagt“ war wörtlich zu nehmen, denn der Anfang der Geschichte ist von mörderischer Intoleranz geprägt. So wurden Anhänger Marin Luthers wie Peter Fliesteden und Adolf Clarenbach 1529 am Melatenhof verbrannt. Im Schnelldurchgang zeichnete Lexutt die weitere Historie nach – von Verfolgungen und Repressalien, die sich im katholisch dominierten „hillije Köln“ lange fortsetzten, über das Aufleben im 19. Jahrhundert und die Rolle des „roten Pfarrers“ Georg Fritze, der gegen den Ersten Weltkrieg anpredigte und sich später gegen die Nazis stellte, bis zum „Politischen Nachtgebet“ in der Antoniterkirche, das Dorothee Sölle und andere 1968 ins Leben riefen.

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Dass sich die Reformation in Köln nicht ausbreiten konnte, erklärte Siegfried Hermle, evangelischer Theologe und emeritierter Hochschulprofessor, damit, dass die Stadt aus wirtschaftlichen Gründen stark an den römisch-katholischen Kaiser gebunden, die Verflechtung zwischen Bürgern und Klerikern eng und die Universität stramm konservativ gegen den Humanismus ausgerichtet war.

Matthias Engelke vom Ökumenischen Institut für Friedenstheologie erinnerte an den Mennoniten Thomas von Imbroich, der eine führende Rolle in der rheinländischen Täuferbewegung spielte und 1558 in Köln enthauptet wurde. Ulrike Graupner, Pfarrerin der Clarenbach-Gemeinde in Braunsfeld, wo wegen des Zuzugs nach dem Zweiten Weltkrieg überproportional viele Protestanten wohnen, wies auf die Prägung der Clarenbach-Kirche durch das Andenken an den Namensgeber hin, der wie auch Fliesteden und andere Blutzeugen auf den Glasfenstern dargestellt ist.

Zur Zukunft des christlichen Glaubens in Köln

Und wie ist es um die Zukunft des christlichen Glaubens in der Stadt bestellt, in der mittlerweile weniger als 50 Prozent der Einwohner einer der großen Kirchen angehören? Vor allem eines wurde deutlich: die Bedeutung von Gemeinschaft. Christine Müthrath, Vorstand der Beginen Köln, sagte, in ihrem Verein kämen Frauen zusammen, von denen die meisten keiner Kirche angehören und die nach dem Konzept „Individualität in Gemeinschaft“ Spiritualität leben wollten.

Eric Bernhard von der Gemeinschaft „Chemin Neuf“ in Bonn, in der Ehepaare und Familien, Priester, zölibatäre Schwestern und Brüder zusammenleben, sprach aus seiner Erfahrung vom Wert einer geistlichen Lebensform, die das Miteinander betont. Stadtsuperintendent Seiger schließlich sagte, bei der Suche nach Gottes Nähe sei „immer die Gemeinschaft der Bezugsrahmen, den wir brauchen“. In diesem Sinne werde auf dem „Campus Kartause“, der am Kartäuserwall entstehen soll und wo die Bildungseinrichtungen des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region konzentriert werden sollen, auch Platz für eine evangelische Kommunität sein.

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