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Vier Behörden, vier ZahlenDaten zu Corona-Fällen in Köln weichen teils erheblich ab

Lesezeit 4 Minuten
Ein Kölner Feuerwehrmann wird im Infektionsschutz-Zentrum auf das Virus getestet.

Ein Kölner Feuerwehrmann wird im Infektionsschutz-Zentrum auf das Virus getestet.

  • Genaue Datenlage? Die Zahlen der Stadtverwaltung, des Landeszentrums Gesundheit, des NRW-Gesundheitsministeriums und des Robert-Koch-Instituts in Berlin sind sehr unterschiedlich.
  • Zum Teil liegt die Ursache für die unterschiedlichen Zahlen zu Infizierten und Toten in Köln.
  • Dadurch ergibt sich mitunter ein verzerrtes statistisches Bild. Dieses Bild ist aber auch noch von einem anderen Faktor abhängig. Eine Analyse.

Köln – Die Zahlen der durch Tests bestätigten Infektionen mit dem Coronavirus, die eine Reihe von Behörden seit Wochen täglich veröffentlichen, weichen zum Teil erheblich voneinander ab. Anhand der Kölner Daten lässt sich belegen, dass die Stadtverwaltung, das NRW-Gesundheitsministerium, das Robert Koch-Institut und das Landeszentrum Gesundheit auf einem jeweils eigenen Informationsstand sind. Vier staatliche Stellen, vier unterschiedliche Fallzahlen – von einer genauen Datenlage kann nicht die Rede sein.

Das städtische Gesundheitsamt, das unmittelbar von den Laboren über positive Testergebnisse informiert wird, meldete am Dienstag 1431 mit dem Virus infizierte Kölnerinnen und Kölner. Zu dem Zeitpunkt waren 14 Todesfälle bekannt. Das Landeszentrum Gesundheit in Bochum, dem die Stadt ihre Daten übermittelt, führte für Köln am darauffolgenden Mittwoch hingegen 814 infizierte Menschen sowie neun Todesfälle auf. Das Gesundheitsministerium in Düsseldorf veröffentlichte am selben Tag diesen Stand: 1405 Menschen seien mit dem Virus infiziert, elf von ihnen gestorben. Dem Berliner Robert Koch-Institut waren zu diesem Zeitpunkt wiederum 1246 Infektions- und neun Todesfälle bekannt.

Abweichungen lassen sich kaum erklären

Mit zeitlichen Verzögerungen allein, bedingt durch die Weitergabe der Daten von einer Behörde zur anderen, lassen sich diese Abweichungen kaum erklären. Am 23. März beispielsweise verzeichnete dass Landeszentrum Gesundheit gerade einmal vier infizierte Kölner – obwohl der Stadtverwaltung an dem Tag bereits 857 durch Tests nachgewiesene Infektionen bekannt waren.

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Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ergaben, dass das Gesundheitsamt am Neumarkt mit der Übermittlung seiner Daten nicht mehr nachkam. Angesichts anderer Aufgaben im Zusammenhang mit Corona musste die Statistik warten.

Fällt eine Probe positiv aus, informieren die Labore das Gesundheitsamt mit einem Telefax. Mitarbeiter der Behörde müssen die Daten zur Weitergabe an das Landeszentrum Gesundheit von Hand in ein digitales Formular eintragen. „Weil wir ein Software-Problem hatten, hat sich ein Rückstau aufgebaut“, sagte Stadtsprecherin Inge Schürmann.

Die Schwierigkeiten seien behoben, der Rückstand werde „mit Hochdruck abgearbeitet“. Das Landeszentrum Gesundheit versieht die Kölner Zahlen mit einer Anmerkung: „Der softwarebedingte Melderückstand in Köln wird derzeit schrittweise aufgearbeitet.“

Robert Koch-Institut verfügt nur über unvollständige Daten

Als Folge des Übermittlungsproblems verfügt das Robert Koch-Institut (RKI) ebenfalls nur über unvollständige Daten. Die Bundesbehörde erhält ihre Informationen von dem Bochumer Zentrum und ähnlichen Dienststellen anderer Länder. Das führte dazu, dass das RKI Anfang der Woche für Köln 755 Infektionsfälle und sieben Todesfälle bekanntgab.

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Dadurch ergab sich ein verzerrtes Bild auf die Sterblichkeitsrate. Denn laut dem städtischen Gesundheitsamt betrug die Infektionszahl bereits 1161, als es in Köln den siebten Todesfall gab. „Zwischen der Meldung durch die Ärzte und Labore an das Gesundheitsamt und der Übermittlung der Fälle an die zuständigen Landesbehörden und das RKI können einige Tage vergehen“, teilt das Institut auf seiner Internetseite mit.

Es kann jedoch auch ganz anders kommen, wie ein Blick auf die Zahlen für München und Düsseldorf ergibt. Für beide Städte meldete das RKI anfangs der Woche mehr Infektionsfälle, als es die örtlichen Behörden selber getan hatten.

Die Fallzahlen für Köln hinken um mehrere Tage hinterher, die Zahlen für München und Düsseldorf schreiten ihrer Zeit voraus – wie kann es zu einer solch widersprüchlichen Darstellung kommen? Eine am Montag gestellte Anfrage dazu ließ das RKI bis Mittwoch unbeantwortet.

Mehr Tests führen zu Anstieg

Virologen gehen davon aus, dass sich das Coronavirus viel stärker verbreitet hat, als es die bekannten Fallzahlen besagen. Tatsächlich hätten sich bis zu zehn Mal mehr Menschen angesteckt, schätzen Experten.

Klar ist: Je mehr getestet wird, umso mehr Infektionen werden nachgewiesen. Insofern dürfte eine Erhöhung der Testkapazitäten, etwa durch ein schnelleres Verfahren, zu einem raschen Anstieg der Fallzahlen führen – ohne dass sich etwas am Infektionsgeschehen geändert hätte.

Die Ausbreitung des Virus soll verlangsamt werden, um das Gesundheitssystem vor einer Überlastung zu bewahren. Es dürfen nicht so viele Menschen zur gleichen Zeit so schwer erkranken, dass es an Behandlungsplätzen fehlt.

Insofern kommt der Zahl der Intensivpatienten ebenso Bedeutung zu wie die Zahl genesener Menschen. So lässt sich erkennen, wie es um freie Kapazitäten zur Behandlung steht.

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