Von der Spoho ans MillerntorFC St. Pauli-Präsident Oke Göttlich hat in Köln studiert

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Vereinspräsident Oke Göttlich auf der Mitgliederversammlung des Fußball Zweitligisten FC St. Pauli

Köln  – In Köln hat Oke Göttlich Sport studiert, als Musikrezensent gejobbt, ein Musiklabel gegründet und Platten mit dem unvergessenen Can-Drummer Jaki Liebezeit aufgenommen. In Hamburg führt er ein Unternehmen zur Vermarktung von Independent-Musik (Finetunes), seit November 2014 ist er ehrenamtlicher Präsident des FC St. Pauli.

Es gibt kaum einen, der den Mythos des linken Subkulturclubs besser repräsentierten könnte als der ehemalige Fanzine-Schreiber und Musikszenenkenner Göttlich, der sich bei Auswärtsspielen mit St.-Pauli-Trikot in die Kurve stellt, nach Wahlen für mehr Engagement gegen Rechtsextreme wirbt und am Telefon gleich mal sagt: „Der FC St. Pauli soll für Menschlichkeit und Zivilcourage stehen. Dafür, dass wir alle mit anpacken sollten. Das gilt zum Beispiel jetzt bei der großen Kälte: Einem Obdachlosen ein Busticket zu schenken, ihm eine Decke zu bringen oder ihn auf einen Tee einzuladen, ist ja nicht so schwer.“

Kneipentalk mit Göttlich und Rettich

Göttlich kommt am Freitagabend zurück nach Köln – er spricht mit dem ehemaligen Manager des 1. FC Köln, Andreas Rettig (inzwischen kaufmännischer Geschäftsleiter bei St. Pauli) in der Bar „Zum goldenen Bock“ im Agnesviertel über Fußball. Warum? Weil der Betreiber der Bar ihn nach einer Kölner Sommerparty des Magazins 11 Freunde einen Zettel unter die Tür des Hotelzimmers schob mit der Frage: Hast Du nicht Lust, mal in meiner Bar über Fußball zu erzählen? Klar, hatte er.

In Kölner Bars war er immer gern, Göttlich, der natürlich nie Hipster sein wollte, hat im Belgischen Viertel gelebt, Pils-Trinker ist er in Köln geblieben, auch viele Kölner Kontakte haben überdauert. Nicht nur, dass Göttlich mit Rettig und Ewald Lienen, bis Mai 2017 Trainer, inzwischen Technischer Direktor bei St. Pauli, zwei ehemalige Kölner nach Hamburg gelotst hat. Sven Brux, Organisationsleiter der Hamburger Fußballer, hat zwar eine Hafenstraßenvergangenheit, kommt aber aus Köln. Göttlichs Frau Luisa, mit der er zwei Kinder hat, kommt aus Hamburg, kennengelernt hat er sie: in Köln.

"Den FC und St. Pauli trennen Welten"

Mit seinem Musikvermarkter arbeitet Göttlich mit etlichen Kölner Labels zusammen, mit der Freundin des Kölners Rainer G. Ott vom Grand Hotel van Cleef (Kettcar, Tomte, Fortuna Ehrenfeld) hat er zu Sporthochschul-Zeiten Segelkurse belegt, mit Ott hat er  über den Tod der letzten Edelweiß-Piratin Mucki Koch gesprochen.

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Oke Goettlich

Den FC St. Pauli und den 1. FC Köln verbinde neben ausprägter Feierfreude der „dialogische Umgang mit den Fans, das funktioniert in Köln in einigen Bereichen sehr gut, bei uns ist es sogar explizit verankert“, sagt Göttlich. Sportlich trenne den FC und den 1. FC „Welten“, sagt Göttlich, wohl wissend, dass der 1. FC Köln relativ abgeschlagen Tabellenletzter der Ersten Liga ist, derweil den FC St. Pauli als Neuntem der Zweiten Liga nur drei Punkte zum Relegationsplatz drei fehlen. Ein Aufstieg des FC St. Pauli also wahrscheinlicher erscheint als der Klassenerhalt des 1. FC Köln. „Der Unterschied ist, dass Köln einige Jahre sehr erfolgreich Erste Liga gespielt hat“, sagt Göttlich, der sich weigert, das Wort Erste Bundesliga für seinen FC St. Pauli in den Mund zu nehmen. „Jede Ankündigung ist der erste Tod“, sagt er. Gefragt nach einer möglichen Relegation zwischen St. Pauli und Köln sagt er:  kein Wort.  

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Göttlich ist Fußballfan, seit er Anfang der 1990er Jahre, St. Pauli spielte in der Ersten Liga, zum ersten Mal am Millerntor war. „In der Folge bin ich regelmäßig mit Freunden hingegangen. So entwickeln sich soziale Verbindungen, der Fußball wird irgendwie wichtig.“  Es sei schwierig, im „hyperkommerziellen Fußball die Balance zu halten zwischen Werten und Wahnsinn“, sagt der 42-Jährige, „aber ich weigere mich, den Fußball rein unternehmerisch zu betrachten.“  Er betrachtet seinen Lieblingssport lieber als sozialen Kitt in politisch  schwierigen Zeiten. „Und das wissen die Kölner glaube ich genauso gut wie die Leute in Hamburg.“   Oke Göttlich und Andreas Rettig in der Bar „Zum goldenen Bock“, Lübecker Straße 28, 2. März, 19 Uhr.

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