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Vor Abriss bewahrtDie drei Leben des alten Kölner Stadtarchivs, das nun ein Hotel ist

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Der neugotische Bau des einstigen Stadtarchivs auf einer Postkarte aus dem Jahr 1909.

  • In unserer PLUS-Serie „Köln früher und heute” zeigen wir jede Woche einen Ort in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
  • In dieser Folge geht es um das Stadtarchiv gegenüber der Kirche St. Gereon. Es ist der einzige neugotische Bau, „den Köln noch in dieser Qualität hat“.
  • Aus dem einstigen Archiv ist mittlerweile ein Hotel geworden. Es ist das dritte Leben dieser besonderen Immobilie, die in ihrer bewegten Vergangenheit immer wieder gute Schutzengel hatte.

Köln – Den Zweiten Weltkrieg hatte das Stadtarchiv gegenüber der Kirche St. Gereon recht gut überstanden. Die Archivalien waren rechtzeitig ausgelagert worden, unter anderem per Schiff auf die Festung Ehrenbreitstein. Doch in den 1970er Jahren stand es nicht gut um den neugotischen Bau aus dem Jahr 1897. Er sah zwar noch gut aus. Doch die Stadtverwaltung, die mittlerweile ein neues, größeres Archivgebäude an der Severinstraße in Betrieb genommen hatte, bot den alten Komplex der Gerling-Versicherung an, die in der Nachbarschaft residierte – inklusive der Erlaubnis, das Ex-Archiv abzureißen.

„Das ist der einzige neugotische Bau, den Köln noch in dieser Qualität hat“, sagt Ulrich Krings, ehemaliger Kölner Stadtkonservator. Den Wert des kleinen Schlösschens mit seinen spitzen Treppentürmen erkannte auch der damalige Stadtkonservator Fried Mühlberg. Entsprechend entsetzt reagierte er, als er vom laxen Umgang der Verwaltung mit diesem Schatz erfuhr.

Laut mündlicher Überlieferung soll er alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um Konzern-Patriarch Hans Gerling zu bewegen, das Archiv zwar zu kaufen, aber nicht abzureißen und ihn in seinen Unternehmenskomplex zu integrieren. „Es musste eine höhere Instanz her, die auf Augenhöhe mit Gerling sprach“, erzählt Ulrich Krings.

Ein wichtiger Bau für die Kölner Geschichte

Mühlberg habe es auf irgendwelchen Wegen geschafft, Josef Kardinal Frings dazu zu bewegen, Hans Gerling mitzuteilen, „es wäre doch sehr schön, wenn dieser Bau, der so wichtig für die Kölner Geschichte ist, stehen gelassen würde“. Hans Gerling ließ sich von einem Mann dieses Kalibers überzeugen, jedenfalls ließ er das Stadtarchiv nahezu unberührt, nahm es mit Neubauten quasi in die Zange und entfernte lediglich die Treppentürme zugunsten von Übergängen zur umgebenden Neubebauung.

Das historisierende Haus, das in den 1970er Jahren noch nicht denkmalgeschützt war und in der Verwaltung wie viele Gebäude seiner wilhelminischen Epoche nicht besonders wertgeschätzt wurde, begann sein zweites Leben als Privat-Archiv der Firma Gerling: „Das war eine super Fortnutzung“, so Ulrich Krings.

Ein repräsentatives Gegenüber für die Gereonskirche

Es sei also Fried Mühlberg zu verdanken, dass der Prachtbau fast noch so steht, wie er Ende des 19. Jahrhunderts von Friedrich Carl Heimann, Leiter des städtischen Hochbauamts, errichtet wurde. Auf Heimann, den Neugotik-Fan, geht unter anderem das Hansa-Gymnasium am Hansaring und der Umbau des historischen Stapelhauses zurück.

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Mit dem Stadtarchiv gab er der Westfassade der Gereonskirche ein repräsentatives Gegenüber und dem wachsenden Aktenbestand der ebenfalls wachsenden Stadt Köln ein schickes Zuhause mit imposantem Lesesaal. An der Hauptfassade schieben nach wie vor Figuren von Gottfried Hagen, Kölner Chronist aus dem Mittelalter, und Ulrich Zell als erstem Kölner Buchdrucker Wache.

Heimann kümmerte sich auch um denkmalpflegerische Aufgaben. Er versuchte zum Beispiel, Bauteile zu retten, wenn historische Gebäude abgerissen wurden. In das neue Archiv integrierte er eine einzigartige mittelalterliche Holzdecke aus dem Hause Glesch an der Hohe Straße, die noch heute bewundert werden kann. Denn aus dem einstigen Archiv ist ein Hotel geworden. Es ist das dritte Leben dieser besonderen Immobilie, die in ihrer bewegten Vergangenheit immer wieder gute Schutzengel hatte.

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