WahlkampfDer Nicht-Wähler-Versteher

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Gründer der Partei der Nicht-Wähler Werner Peters

Gründer der Partei der Nicht-Wähler Werner Peters

Köln – Er sieht sich selbst nicht als einen harten Kämpfer, der nach allen Seiten Hiebe austeilt. Werner Peters glaubt nach eigener Aussage vielmehr an Schlagwörter wie „Konsens“ und „Kooperation“. Der Bundesvorsitzende der „Partei der Nichtwähler" verdient sein Geld als Gastronom und Hotelier in Köln.

Am Donnerstag hat der 71-Jährige prestigeträchtig an der Mittelstraße in einem Ladenlokal das Wahlkampfbüro seiner Partei eröffnet. Die Nichtwähler nehmen im Herbst nach ihrem ersten Versuch im Jahr 1998 zum zweiten Mal an einer Bundestagswahl teil. Peters hält die Situation jedoch nicht für vergleichbar: „Damals wurden wir ironisch-amüsiert als Exoten zur Kenntnis genommen. Heute werden wir ernst genommen.“ Natürlich sei ihm bewusst, dass eine Partei der Nichtwähler auf den ersten Blick paradox anmutet. Doch es handele sich eigentlich um eine Partei „für“ die wachsende Gruppe der Nichtwähler. „Wir bieten ihnen eine Alternative zu einer Stimmenthaltung“, sagt Peters. Es handele sich vor allem um Menschen, die politisch engagiert seien, das politische System jedoch durchschaut hätten und deshalb ihr Kreuz auf dem Wahlzettel verweigerten.

Abschaffung von Koalitionsverträgen

„Unser Programm besteht darin, dass wir eine Notwendigkeit erkennen, die politischen Strukturen zu verändern“, so Peters. So fordern die Nichtwähler unter anderem bundesweite Volksentscheide sowie die Abschaffung von Koalitionsverträgen und Fraktionszwängen. Aktuelle politische Debatten stehen eher im Hintergrund.

Der Parteichef, bis Anfang der 80er Jahre selbst CDU-Mitglied, betreibt im Belgischen Viertel das Café Central und das nach einer New Yorker Künstlerherberge benannte Hotel Chelsea. Bei öffentlichen Auftritten inszeniert er sich oft in schwarzer Kleidung mit einem weißen Sakko. Er spricht mit einer ruhigen, festen Stimme, jedes Wort wirkt sorgfältig gewählt.

Sympathie für Komiker und Dramatiker

Berufspolitiker lehnt er ab, weil sie seiner Meinung nach zu sehr den Parteien hörig sind und zu wenig auf die Belange der Bürger achten. Künstler wie der verstorbene Theatermacher Christoph Schlingensief und der italienische Komiker Beppe Grillo mit seiner Partei Movimento 5 Stelle stehen ihm offenkundig näher. So übernimmt Detlev Neufert die Wahlkampfleitung für die Nichtwähler. In dieser Funktion hatte er sich bereits für Schlingensiefs Kleinpartei Chance 2000 engagiert. Peters würde Beppe Grillo am liebsten bei einer Wahlkampfveranstaltung der Nichtwähler in Deutschland begrüßen. „Er ist wichtig, weil er sagt, dass die Politikerkaste ihren Anspruch verwirkt hat.“ Bei der nächsten Europawahl sei gar eine Kooperation mit der Fünf-Sterne-Bewegung des Komikers denkbar.

Doch vor Europa steht zunächst die Herausforderung der Bundestagswahl, und bei dieser treten die Nichtwähler wie bereits 1998 nur in Nordrhein-Westfalen an. Angestrebt wird laut Peters ein „kreativer und niveauvoller“ Wahlkampf. „Die übliche idiotische Materialschlacht der Parteien muss aufhören“, sagt der 71-Jährige. Parallel zum Wahlkampf will NRW-Landesvorsitzender Michael Pietraszek eine Petition ins Leben rufen, um die Mandatsdauer in deutschen Parlamenten künftig auf maximal zehn Jahre zu begrenzen.

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