Was wurde aus Volkan T.?Als ein Kölner in Unterhose das Merkel-Flugzeug kaperte

Lesezeit 3 Minuten
merkel_flugzeug_köln_angeklagter

Volkan T. beim Prozess im Landgericht Köln mit seinem Verteidiger Karl-Christoph Bode.

Köln – Er schien stolz auf das, was ihn für einen Moment berühmt gemacht hatte. Grinsend ließ der Porzer im Muskel-Shirt sich in den Gerichtssaal führen, keine Spur von Reue. Die Rede ist von Volkan T., damals 24, der auf dem Militärflughafen in Köln spektakulär den Regierungsflieger der Kanzlerin gekapert hatte. Der junge Mann hatte mühelos das Sicherheitssystem der Bundeswehr überlistet.

Sicherheitskräfte ausgetrickst

Das Protokoll der Flugzeug-Eroberung vom 25. Juli 2013: Der ehemalige Supermarkt-Azubi Volkan T. gelangte gegen 20 Uhr auf das militärische Flughafengelände. Ein Wachmann ließ ihn offenbar passieren, weil der Porzer sich als Gast einer Hochzeitsfeier ausgegeben haben soll, die tatsächlich auf dem Stützpunkt stattgefunden hatte. Statt zur Party lief Volkan T. aber direkt auf das Rollfeld.

Hier hatte der Bodybuilder den Airbus 319 der Flugbereitschaft im Visier. Jenen Jet mit Deutschlandflagge und Bundeswehrkreuz, mit dem etwa die Kanzlerin Angela Merkel zu Auslands-Terminen flog. Die Maschine ist 34 Meter lang, zwölf Meter hoch, hat ein Leergewicht von 35.400 Kilogramm. Offenbar war der junge Mann gewillt, das Flugzeug zu starten und in die Luft zu bringen.

Alles zum Thema Angela Merkel

Kanzler-Maschine auf „Flight-Modus“ gestellt

„Der Beschuldigte entfernte fachmännisch die Abdeckungen der Triebwerke und die Bremsklötze“, hieß es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Köln. Danach stieg Volkan T. – mittlerweile nur noch mit einer Unterhose bekleidet – auf die Tragflächen und öffnete den Notausstieg des Fliegers. Der 24-Jährige stellte die Maschine auf „Flight-Modus“ und setzte sich ins Cockpit.

Im Cockpit soll Volkan T. alle Knöpfe betätigt haben, die zum Starten des Airbusses notwendig waren. Die Hauptstromversorgung des Fliegers war allerdings deaktiviert, ein Start war somit nicht möglich. Mit seiner Aktion hatte Volkan T. ein Notsignal im Tower des Flughafens ausgelöst. Beamte holten den 24-Jährigen, der eingeschlafen war, mit Hundeeinsatz aus dem Flieger und führten ihn ab.

Was ihn an jenem Tag antrieb, das sagte damalige Hartz IV-Empfänger beim Prozessauftakt nicht, sein Motiv blieb bis zuletzt unklar. „Ich hatte Stress, war nur noch am Trainieren“, äußerte Volkan T. Er habe an Bodybuilding-Wettbewerben teilnehmen wollen, fehlender Schlaf habe ihn aus der Bahn geworfen, er habe Verfolgungswahn entwickelt. Mit Flugzeugen habe er sich zuvor angeblich nicht beschäftigt.

Kölner Richter verfügt Einweisung in die Psychiatrie

Vor dem Vorfall hatte Volkan T. seine Eltern in Porz aufgesucht, er wurde weggeschickt. „Ich habe ihm gesagt: Volkan, wir können dir nicht mehr helfen“, berichtete dessen Stiefvater. Volkan T. habe ihm und seiner Frau das Leben zur Hölle gemacht. „Wir waren mit ihm beim Gesundheitsamt. Da sagte man uns: Schmeißen Sie ihn raus. Wenn er was anstellt, dann wird er schon aufgegriffen.“

Das könnte Sie auch interessieren:

„Ich weiß, was jetzt zu tun ist“, soll Volkan T. seiner Freundin kurz vor der Tat gesagt haben, bevor er sich mit einem Tretroller in Richtung Flughafen aufgemacht hatte. „Wir haben keinen Zweifel, dass er das Flugzeug starten wollte. Es wäre fatal, ihn jetzt auf die Straße zu lassen", sagte der Richter in der Urteilsbegründung. Volkan T. wurde auf unbestimmte Zeit in die Psychiatrie eingewiesen.

„Die Krankheit klaut ihm ein großes Stück seines Lebens“

„Zur Stabilisierung seines Innenlebens“, so sagte es der Richter, habe Volkan T. die Tat – juristisch ein gefährlicher Eingriff in den Flugverkehr – begangen, er habe „etwas Großes“ vollbringen wollen, und es bestehe die Gefahr, dass er ähnliches wiederhole. Verteidiger Karl-Christoph Bode hatte stets bestritten, dass sein Mandant technisch in der Lage gewesen sei, das Flugzeug zu starten.

Wie ging es mit Volkan T. weiter? Seit nunmehr fast achteinhalb Jahren sitzt der heute 32-Jährige in der forensischen Psychiatrie, jedes Jahr wird geprüft, ob er entlassen werden kann. Anfangs hatte T., bei dem eine paranoide Schizophrenie festgestellt wurde, jegliche ärztliche Behandlung abgelehnt. Anwalt Bode sagt: „Es ist sehr tragisch, die Krankheit klaut ihm ein großes Stück seines Lebens.“

KStA abonnieren