Weltreise in KölnAuthentisches Asien – Hier gibt es Hühnerfüße und China-Karaoke

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Raweewan Suwanalai gibt Kochkurse und Warenkunde im Asia-Markt Seng Heng.

Raweewan Suwanalai gibt Kochkurse und Warenkunde im Asia-Markt Seng Heng.

Köln – Wer die schwingenden weißen Teigschnüre verfolgt, die zwischen den Händen von Shou Tiang Song wie von Zauberhand länger und länger werden, dem wird fast schwindlig. Mit stoischem Lächeln bringt Shou Tiang Song bei seiner Nudelshow die dünnen Schnüre in immer filigranere Dimensionen.

Jeder, der sich schon mal selbst mit klebrigem Teig und Nudelmaschine mühsam der selbst gemachten Nudel genähert hat, fragt sich, wie das so spielerisch und ohne Hilfsmittel geht.

Nudel-Spektakel zum Zuschauen

Im „Lei Lei“ werden Nudeln von Hand gemacht, und wer will, kann sich das Schauspiel manchmal sogar anschauen, um hinterher die asiatischen Kreationen des Küchenmeisters zu genießen.

Shou Tiang Song vom Restaurant Lei Lei ist ein Nudelkünstler.

Shou Tiang Song vom Restaurant Lei Lei ist ein Nudelkünstler.

Ein kleiner Asientrip als Ferienausflug kann natürlich ganz klassisch im Museum für Ostasiatische Kunst am Aachener Weiher beginnen. Dort findet sich die umfangreichste und bedeutendste Sammlung chinesischer, koreanischer und japanischer Kunst in Deutschland.

Kulinarischer Genuss ohne Kitsch

Müheloser gelingt die Kontaktaufnahme auf die sinnliche Art: Essen bietet den unmittelbarsten Zugang zu dieser faszinierend-fremden wie vielfältigen Welt. Wichtiges Kriterium, um nicht in die Standard-Touristen-Klischeefalle zu tappen: Restaurants mit China-Kitsch meiden. Bei Abwesenheit von goldenen Löwen am Eingang und roten Lampions im Innern schwindet die Wahrscheinlichkeit auf Chop Suey oder Gemüse süß-sauer frittiert.

Bestes Signal für authentisches Asia-Feeling und Essen sind – wie im „Lei Lei“ – die zahlreich ein- und ausgehenden Chinesen. Samstags entern in Köln lebende chinesische Familien das Lokal, während der Woche kommen immer mal wieder chinesische Reisegruppen wie im Schwarm, um selbst gemachte chinesische Maultaschen zu genießen. 

Speisen spiegeln Herkunft der Großfamilien wieder

Das, was bei uns landläufig unter Chinaküche läuft, sei eigentlich „crosschinesisch“, erläutert Asienexperte Thomas Bönig, der Gründer des Kulturklüngels, der im Rahmen von Kulturwanderungen Interessenten durch Kölns Asien führt. Dabei mischten sich die Einflüsse aus der chinesischen, kambodschanischen, koreanischen und vietnamesischen Küche. Das liege daran, dass viele Gastronomen Großfamilien entstammen, bei denen ein Elternteil aus China, der andere aus Laos, Vietnam oder Kambodscha kommt.

Thomas Bönig erkundet Asien auf seiner Rikscha.

Thomas Bönig erkundet Asien auf seiner Rikscha.

Viele Südostasiaten seien in den 80ern hochmotiviert nach Deutschland gekommen, um das Beste aus ihrer Welt auf den Tisch zu bringen. Um sich am Ende doch zwangsläufig dem europäischen Geschmack anzupassen. Schlimmstenfalls bei gebratenen Nudeln mit Bambus aus der Dose und All-you-can-eat-Buffet mit Wackelpudding und Sprühsahne.

Köln hat authentische Perlen zu bieten

Aber da hat der Kölner Glück, dass es auch die echten, authentische Perlen gibt: Etwa Nudelsuppenrestaurants wie das „Bun Pho“ am Neumarkt, wo die Rinderbrühe noch die vorgeschriebenen acht Stunden gekocht wird. Oder Dim-Sum-Restaurants mit traditionell chinesischer Küche– eine Art chinesischer Tapasbar. Etwa das „Lai de Hao“ in der Nähe des Barbarossaplatzes, wo die kulinarische Reise für Mutige spannende Herausforderungen bereithält: Gedämpfte Hühnerfüße, Schweinepfoten und Tofusalat mit tausendjährigen Eiern. Entdeckergeist ist gefragt!

Auch die asiatische Teekultur ist in Köln eine Entdeckungsreise wert: Wer sich bei „Lei Lei“ durch die Welt der Blüten und Wurzeln probiert, kann Kostbarkeiten wie den Ju Hua Tee aus Chrysantheme und chinesischer Dattel oder auch alkoholische Teecocktails kosten.

Original asiatisches Karaoke

Und für den, der mal in diskretem Umfeld die Sau auf asiatisch rauslassen will, hat Bönig den ultimativen Tipp: die chinesische Karaokebar im „Asia-Haus“ am Rheinauhafen. Dort reserviert man für einen Pauschalpreis und Mindestverzehr eines der verschieden großen fensterlosen Séparées mit einer Klingel in der Mitte des Tisches. Da kann man dann nicht nur selber hemmungsfrei drauflossingen, sondern wird man auch so nebenbei im Rahmen landeskundlicher Studien Zeuge der chinesischen Studentenpartys im Nachbarséparée.

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Wer dann auf den Geschmack gekommen ist und auch am heimischen Herd asiatisch experimentieren möchte, findet in Köln spannende Asia-Supermärkte, in denen das kulinarische Abenteuer fortgesetzt werden kann: So etwa im Seng Heng, einen der bestsortierten Asia-Märkte der Stadt, der auf 400 Quadratmetern alles bietet, was die thailändische, koreanische, japanische, philippinische oder vietnamesische Rezeptvielfalt erfordert.

Aber schon bei so etwas scheinbar Vertrautem wie Reis kann man dort den Überblick verlieren: 30 Sorten gibt es allein bei Seng Heng: Sushireis, Klebreis, schwarzer Reis, Jasminreis... Von den vielen fremden Gemüsen, Soßen und Pasten gar nicht zu reden.

Aphrodisiakum: Stinkfrucht in Köln

Daher bietet die Thailänderin Raweewan Suwanalai – besser bekannt unter ihrem Spitznamen Pun – hier regelmäßig Warenkunde-Spaziergänge durch die Regalreihen an. Da kann man etwa die geheimnisvolle Durian – genannt Stinkfrucht – kennenlernen.

Die riesige unförmige Frucht mit den vielen Stacheln wird in Südostasien seit Jahrhunderten kultiviert und gilt als begehrtes Aphrodisiakum. Grund für ihren Namen ist der Geruch direkt nach dem Öffnen: eine Mischung aus überreifem Käse und Terpentin, der viele Europäer abschreckt. „Dabei schmeckt sie einzigartig“, meint Pun. Vanille, Mandel, Walnuss, Banane und Ananas, ein Geschmackskombinat.

Wer mag, kann in Puns Kochkursen auch lernen, wie man mit den neu kennengelernten Zutaten Gerichte zaubert: Zum Beispiel eine Süßspeise aus schwarzem Klebreis, der mit Palmzucker, dem gekochten Palmsaft von den Blüten gewonnen wird. „Mir macht es einfach Spaß, die Kölner zu inspirieren mit dem Geschmack aus meiner Heimat.“ Zumal die ja Küche ja auch durchweg gesund sei.

Körperliches Wohlbefinden und „Qi“

Schließlich ist Asien nicht nur kulinarisch eine Entdeckung wert, sondern hat auch für das körperliche Wohlbefinden vieles zu bieten: Wer an Asien denkt, denkt an Jahrtausende alte Heilkünste, um die Lebensenergie „Qi“ wieder ins freie Fließen zu bringen und die Selbstheilungskräfte zu stärken: Im chinesischen Gesundheitszentrum an der Ehrenstraße behandelt Frau Lee den Rücken einer Kundin mit einer Tuina-Massage, bei der die Akupunkturpunkte stimuliert werden: „Neben den Verspannungen bearbeite ich noch die Meridiane“, erläutert sie.

Schröpfen im chinesischen Gesundheitszentrum

Schröpfen im chinesischen Gesundheitszentrum

Meridiane kann man übersetzen mit Leitbahnen. In der Lehre der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gibt es im Körper zwölf Hauptleitbahnen, in denen die Lebensenergie (Qi) fließt. Bei der Massage ermittelt Frau Lee auch die neuralgischen Punkte, die sie anschließend beim Feuerschröpfen bearbeitet: Das traditionelle Therapieverfahren ist eine Art lokales Blutsaugen, bei dem mittels spezieller Gläser auf dem Rücken ein Unterdruck erzeugt wird, nachdem zuvor der Rand des Glases mit Feuer kurz erhitzt wird. Sinn der Behandlung ist es, auf diese Weise schädliche Ablagerungen herauszuleiten.

Ganzheitliche Medizin

„Der Dreck wird aus dem Körper gezogen“, bringt Bönig auf den Punkt. Auch die TCM-Behandlungsmöglichkeiten – etwa im TCM-Gesundheitszentrum am Barbarossaplatz – bieten vielfältige ganzheitliche Ansätze: Nach dem Verständnis der TCM wird die Gesundheit des Menschen von Natur, Gesellschaft und Psyche beeinflusst. Demnach entstehen Krankheiten, wenn das Gleichgewicht zwischen Yin und Yang in einem Organ verloren geht. Wo genau das organische Problem liegt, ermitteln TCM-Ärzte unter anderem mittels Puls- und Zungendiagnose: Veränderungen in Farbe, Form und Belag können auf Störungen im Organismus hinweisen. Grund für die Aussagekraft ist die Vernetzung von Mundhöhle und Zunge mit dem Gehirn.

Für den chinesischen Tai-Chi-Meister Nengjie Chen verbindet sein Sport Ästhetik mit Körperbeherrschung.

Für den chinesischen Tai-Chi-Meister Nengjie Chen verbindet sein Sport Ästhetik mit Körperbeherrschung.

Auch beim chinesischen Kampfsport ist die Balance der Schlüssel: „Er sorgt für ein inneres Gleichgewicht, sagt Nengjie Chen, preisgekrönter Kung-Fu-Meister, der an der Sporthochschule studiert. Er sieht sich als Botschafter seines Sports in Deutschland: „Wenn ich Tai Chi übe, bin ich mit mir im Einklang“, sagt der 28-Jährige. Harmonie und Energie gebe ihm Qi Gong – eine chinesische Meditations- und Bewegungsform. Wer ihn sieht, wie er vor dem Museum für Ostasiatische Kunst eine Probe seines Könnens gibt, staunt über Ästhetik und Körperbeherrschung. Chen freut sich, dass das Interesse in Deutschland wächst: Selbst an Grundschulen gibt er AGs. Gerade Qi Gong sei als Gesundheitssport stark im Kommen, weil es der geistigen Erholung und der Schulung der Koordination diene. „Selbst meine Professoren nehmen an meinen Kursen teil, die ich an der Uni gebe“, sagt er.

Tipps für Asien-Entdecker in Köln

Das Museum für Ostasiatische Kunst beherbergt die bedeutendste Sammlung chinesischer, koreanischer und japanischer Kunst in Deutschland. Im Foyer und auf der Museumsterrasse am Aachener Weiher bietet der Salon & Metzgerei Schmitz in ruhigem Ambiente und mit Blick auf den Japanischen Teich seine Spezialitäten an. www.museum-fuer-ostasiatische Kunst.de

Kulinarische Entdeckungen bieten unter anderem: Das Restaurant Lei Lei am Hansaring 22, www.leilei.de Das vietnamesische Suppenrestaurant Bun Pho, Fleischmengergasse 22, www.bunpho.de

Traditionelle Dim Sum gibt es im chinesischen Restaurant Lai de Hao in der Nähe des Barbarossaplatzes am Salierring 38.

Karaoke mit Asia-Charme gibt es im Asia-Haus am Rheinauhafen, Holzmarkt 73, Telefon 0221/92355766. Für Karaoke muss vorab reserviert werden.

Im großen Asia-Supermarkt Seng Heng am Mauritiussteinweg 75 gibt es ein großes Sortiment für Asia-Hobbyköche.

TCM-Massagen und Feuerschröpfen bietet das Chinesische Gesundheitszentrum, Ehrenstraße 10-12, an.

Auf Veranstaltungen des Kulturklüngels kann man die Vielfalt Asiens entdecken. Im Programm sind die „Kulinarische Asienreise/Weltreise“ mit Chea-Ien Chhay, der Thai-Kochkurs mit Raweewan Suwanalai, die interkulturelle Stadtführung „Weltreise“ und die kulinarische „Weltreise spezial“ mit Thomas Bönig sowie die Stadtführung „Indonesien in Köln“ mit Mariana Kwa. www.kulturkluengel.de

Tai-Chi- und Qigong- Kurse gibt es in Köln unter anderem im TCM-Institut Köln. Diese werden teilweise von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen als Präventionsmaßnahme anerkannt. www.tcm-institut.de

An der Akademie für Kampfkunst an der Moselstraße 22 geben zahlreiche Meister Kurse in den verschiedenen Gebieten der Kampfkunst. Angeboten werden dort unter anderem Hun Yuan Tai Chi Chuan Chen Stil und Ku Tae Ka-Do. (red) www.gong-fu.de

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