Wohnungen im RegionalplanBUND befürchtet Versiegelung Kölner Naturschutzgebiete

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Die wachsende Stadt benötigt mehr Wohnungen. 

Köln – Die Umwelt- und Naturschutzorganisation BUND fürchtet, dass in den kommenden Jahren eine erhebliche Zahl an Freiflächen Kölns mit Wohnungen bebaut werden könnte. Dem neuen Regionalplan zufolge, über den der Regionalrat am kommenden Freitag in Aachen berät, sind in Köln nach Angaben des BUND 817 Hektar für Wohn- und Mischnutzung vorgesehen. „Das ist mehr als die Fläche des gesamten Äußeren Grüngürtels“, sagt Christoph Schürmann von der BUND-Kreisgruppe Köln. Der neue Regionalplan formuliert Ziele der Raumordnung und Entwicklung in der Region. Er ist ein zentraler Bestandteil der Flächennutzungsplanung der Kommunen und gilt bis 2043.

Die 817 Hektar, die die Regionalplan als möglichen Wohnbebauungsflächen ausweist, „liegen oft in Landschaftsschutzgebieten oder bioklimatisch sensiblen Räumen“, moniert Helmut Röscheisen, Vorstandsmitglied der Kölner BUND-Kreisgruppe. Sollte sie oder auch nur bestimmte Teile von ihnen bebaut werden, habe das erhebliche Auswirkungen auf das Klima der gesamten Stadt. 80 Prozent der ausgewiesenen Flächen seien klimatisch relevant, sekundiert Schürmann. Als Beispiel nennt er ein etwa 70 Hektar großes Landschaftsschutzgebiet zwischen Porz, Zündorf und Wahn, das im Regionalplan ausgewiesen ist. Über dieses Areal ströme kalte Luft in die Stadt und bis ins Zentrum hinein.

Folgen wären starke Erhitzung

Eine Bebauung würde diesen Luftstrom blockieren, „die Folge wäre eine starke Erhitzung“ , die bis in die Innenstadt spürbar sein würde. Selbst das NRW-Umweltamt habe bereits 2019 darauf hingewiesen, dass bei Fortschreiten des Klimawandel und einem Temperaturanstieg um ein Grad rund 650.000 Menschen in Köln von einer „erheblichen Hitzebelastung“ bedroht seien, sagt Schürmann.

Sorge um Artenvielfalt

Doch nicht nur die Überhitzung sei ein Problem. Eine Bebauung der in Rede stehenden Flächen Erholungsräume vernichten, die Vielfalt von Tieren und Pflanzen beschränken und hätte Auswirkungen auf den Grundwasserhaushalt, sagt Röscheisen. „Das ist eine Verschlechterung der Lebensqualität der jetzigen und künftigen Bevölkerung“, kritisiert er. Und das wiederum widerspreche der eigentlichen Zielvorgabe des Regionalplans, nämlich diese Lebensqualität zu erhalten.

Zudem bemängelt Röscheisen, dass die Berechnung des Flächenbedarfs für neue Wohnbebauung in dem Regionalplan „nicht realistisch für Ballungsräume wie Köln“ sei. Es seien Einfamilienhäuser zugrunde gelegt worden, wogegen die im urbanen Raum oft mehrgeschossigen Wohnhäuser weniger Grundfläche benötigten. Deshalb sei tatsächlich weniger Areal nötig als im Regional ausgewiesen.

Das ist der Regionalrat

Der Regionalrat ist die „politische Vertretung des Regierungsbezirks Köln“, formuliert die Bezirksregierung. Er hat 42 stimmberechtigte Mitglieder. Sie gehören politischen Parteien an, deren Besetzung sich am Proporz der jüngsten Kommunalwahl orientiert. Die übrigen 22 beratenden Mitglieder sind Vertreter von Kommunen sowie Naturschutz-, Gleichstellungs-, Arbeitgeber- oder Arbeitgeberverbänden des Regierungsbezirks. Sie beschäftigen sich vor allem mit Strukturpolitik, die im Regionalplan ihren Ausdruck findet. Der Regionalrat hat eine beratende Funktion über alle wichtigen Infrastrukturprojekte zum Beispiel zu Verkehrsplanung, Flächennutzung, Bau von Sportstätten und Krankenhäusern, Schul- und Wohnungsbau oder Naturschutz- und Erholungsgebiete. Er beschließt unter anderem Ausbauprogramme für Landesstraße und Förderungen des Öffentlichen Personennahverkehrs. (og)

„Natürlich wissen wir, dass wir in Köln dringend mehr Wohnraum brauchen“, sagt Röscheisen. Jedoch könne das auch ohne Flächenversiegelung gelingen: „Wir fordern die Aufstockung bestehender Gebäude.“ Er zitiert eine Studie der Technischen Universität Darmstadt von 2020, der zufolge allein im Stadtteil Sülz mit einer Aufstockung 17 Prozent mehr Wohnungen geschaffen werden könnten.

Bund und Land müssten für Eigentümer Fördermöglichkeiten schaffen, damit sie ihre Gebäude ausbauten. Zudem solle die Stadtverwaltung verstärkt bereits bebaute Areale erwerben, anstatt sie Investoren zu überlassen. Dort könne dann „gemeinwohlorientiert gebaut“ werden, mit verschiedene Wohnungsgrößen und erschwinglichen Mieten. Als Beispiel nannte Röscheisen die Oberfinanzdirektion in der Nähe des Eberplatzes, die die Behörde in den nächsten Wochen verlässt und die dem Land gehört. „Das ist ein Riesenareal in zentraler Lage“, sagt Röscheisen.

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Die Stadtverwaltung hat ebenfalls ihren Betrag für den neuen Regionalplan geleistet und „Optionsflächen“ ausgewiesen, auf denen ihrer Meinung nach unter anderem Wohnbebauung erfolgen könnte. Diese Flächenvorschläge „bleiben deutlich unter den Bedarfsberechnungen der Bezirksregierung“, sagt die Stadt.

„Mit dem Ziel eine nachhaltige Stadtentwicklung zu ermöglichen, hat die Stadt Köln ihre Vorschläge zur Darstellung neuer Siedlungsbereiche unter Berücksichtigung der noch vorhandenen Flächenpotenziale, der Innenentwicklungspotenziale, der eigenen städtischen Bevölkerungsvorausberechnung, der Belange des Umwelt- und Freiraumschutzes sowie der Sicherung der Daseinsgrundversorgung getroffen“, erläutert die Stadt weiter. Letztlich entscheide die Stadt über Bebauungs- und Flächennutzugspläne selbst, wo Wohngebiete entstehen könnten. „Hierbei werden alle relevanten Aspekte inklusive der Umweltbelange umfassend geprüft“, versichert die Stadt.

Das beruhigt den BUND aber in keinster Weise. „Wir möchten, dass der Regionalrat den Regionalplan überarbeitet“, so Röscheisen. Das Gremium tagt kommenden Freitag und wird dann erstmals über den neuen Plan beraten.

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