Wunderkerzen statt OsterfeuerOstern in Zeiten des Corona-Virus

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Kinder und Eltern Kreikebaum planen für die Großeltern.

  • Familienfeiern, Ostergrillen mit Freunden, Urlaub – fällt in diesem Jahr alles flach.
  • Viele Familien müssen von ihren ursprünglichen Osterplänen Abstand nehmen.
  • Drei Redakteure erzählen von ihrem Alternativprogramm für die Feiertage.

Die Kinder sind dieses Jahr die Osterhasen

Die Enkelkinder sammeln im Garten Ostereier und die Großeltern schauen vom Fenster aus zu, werden übers Handy zugeschaltet? Nein, sagte meine Mutter, „das wäre uns dann doch zu traurig“. Eiersuche und gemeinsames Osteressen mit den fünf Enkeln fallen dieses Jahr aus.

Unsere jüngste Tochter findet das nicht allzu schlimm. „Aber der Osterhase kommt doch, obwohl Corona ist, oder?“, fragt Paula ab und zu und zählt die Nächte runter. Elsa (9) macht es mehr zu schaffen. „Ich finde es noch blöder, Oma und Opa nicht zu sehen, als meine Freundinnen nicht zu sehen“, sagt sie. „Es ist vor allem schade für Oma und Opa, weil sie sich jedes Jahr so auf Weihnachten und Ostern freuen“, sagt Jonna (11).

Kontaktverbot ist einschneidend

Für die Großeltern ist das Kontaktverbot einschneidend. Denn auch wenn Oma und Opa mit 78, 79 und zweimal 80 noch ziemlich fit sind, wird die Anzahl der gemeinsamen Weihnachten, Ostern und Urlaube langsam zählbar. „Uns geht es gut“, sagen meine Eltern mantraartig – und vertreiben sich die Zeit ohne Freunde, Kinder und Enkel im Garten, bei den eigenen Bienen, beim Radfahren, mit lesen und kochen.

Dass es zunehmend schwerer fällt, die Einsamkeit auszuhalten – und vor allem die Enkelkinder nicht in die Arme schließen zu können – sagen sie ungern; aber wenn es um Ostern oder den geplanten gemeinsamen Sommerurlaub geht, der ziemlich sicher auch Corona zum Opfer fallen wird, dringt es durch. Für Ostern haben wir beschlossen, den Spieß dieses Jahr umzudrehen – die Kinder spielen Osterhase und überraschen Opa und Oma.

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Elsa malt Steine an. Jonna näht Hasen und zeichnet, Paula malt Blumenwiesen mit Schmetterlingen. Ein paar ausgeblasene Eier bepinseln die Kinder auch. Wir nehmen ein Video auf und machen Fotos, was wir so anstellen mit der freien Zeit – Kinderbücher falsch rum lesen, Kopfstand machen und dabei Wasser trinken, Handy zocken, Tricks auf dem Trampolin üben, die Wand anstarren, uns anschreien – packen die Daten auf einen Memorystick und geben sie dem Postboten mit. Nächstes Jahr sind dann hoffentlich wieder Oma und Opa dran mit den Überraschungen. Uli Kreikebaum

Nach dem tiefen Tal kommt das Gloria

Ein tiefes Tal, Tränen, Tod, Entbehrung und gleich im Anschluss: Gloria, Juchheirassa und eine Überraschung von einem Haste-nicht-gesehen-Ausmaß. So ein Osterfest ist wahrscheinlich der wildeste Achterbahnritt, den man sich ausdenken konnte. Das Fest hat mich gerade wegen seines Anfangsgrusels, dem Karfreitagstiefpunkt, der Schuldigkeit, der man fastend irgendwie zu entrinnen suchte, und wegen des die Depression herrlich kontrastierenden Programms des überbordenden Schwelgens gleich darauf schon als Kind fasziniert.

Dazu das Platzen der Natur, die Knospen und Sprösslinge aus dem eben noch starrgefrorenen Boden raushaut, dass es nur so eine Freude ist. Jetzt also Ostern und Coronavirus. In gewisser Weise gibt es kein Fest, das besser zu dieser Krise passt. Und doch ist natürlich vieles anders. Enttäuschend. Eigentlich wären wir gerade in Tirol, Berge, Wandern, Eiersuchen auf der Kuhwiese. Und auf dem Rückweg Geschwister-Tanten-Onkel-Großeltern-Cousinen-Happening mit gemeinschaftlichem Grillen, Spazierengehen in großen Gruppen, Osterfeuer-Dorfaufläufe. All die Pläne hat das Virus in den vergangenen Wochen angefressen.

Wunderkerzen statt Osterfeuer

Geblieben ist: ein Fünferteam auf einem winzigen Kölner Zwei-Personen-Balkon, Wunderkerzen statt Osterfeuer, Osterspaziergang nur in Goethes Reimform auf dem Sofa und eine geplante Kuchenback-Challenge mit der Großfamilien-Whatsapp-Gruppe via Skype.

Wir haben Gesellschaftsspiele online bestellt – und zwar diese mit Überlänge, bei denen man als Eltern sonst immer abwinkt, weil sie im Alltag zu viel Zeit kosten. Wir färben die Eier nicht vor, sondern erst während der Feiertage, um die sicherlich aufkommende Langeweile in Grenzen zu halten. Wir haben neben Mundschutz-Masken auch alberne Osterhasenmasken gebastelt, um uns im Notfall ins Surreale flüchten zu können. Wir werden Fahrrad fahren, aber ganz bestimmt auch viel vor der Glotze hängen.

Und wir werden lachen und Hoffnung verbreiten. Denn, ja, jetzt ist Krise. Wir kennen das. Aber danach ändert die Achterbahn rasant und scheppernd die Richtung. Und dann ist Auferstehung.

Claudia Lehnen

Ein „Konijn“ läuft zu Hochform auf

Auch in unserer Wohnung gibt es einen Profiteur der Krise. Er ist 32 Zentimeter groß, hat Schlappohren und Zottelfell. Lange Zeit fristete das Maskottchen eines niederländischen Ferienparks ein unbeachtetes Dasein in der Stofftierkiste von Marin (5) und Gwenni (4). Bis vor einigen Tagen. Da wurde das „Konijn“ wieder hervorgekramt. Und flugs zum Osterhasen ernannt.

Wenn es die Corona-Krise nicht gäbe, wäre es zu dieser Beförderung wohl kaum gekommen. Normalerweise sind wir über Ostern bei Oma Erika und Opa Jürgen in Lüneburg. Da gibt es ein Haus mit großem Garten, in dem Eier versteckt werden können. Stofftiere spielen dabei keine Rolle.

Videotelefonie

Aber in diesem Jahr ist alles anders. Als kleinen Ersatz für den geplatzten Besuch haben Kinder und Großeltern die Option der Videotelefonie für sich entdeckt. Die Chancen der Digitalisierung wurden so umfassend realisiert, dass Oma und Opa den Ostergottesdienst vor dem Computer mitzelebrieren wollen. Die Kinder wurden bereits darauf hingewiesen, dass Mama und Papa sich ja auch zuschalten könnten.

Die Ostereier werden auf dem Balkon versteckt. Statt Omas Festbraten wird es wohl Hähnchenspieße geben, die ebendort gegrillt werden sollen. Vielleicht gehen wir in den Park, um Fahrradfahren zu üben, vielleicht gucken wir uns alte Fotobücher an. Zum Beispiel das vom Holland-Urlaub, bei dem wir auch das „Konijn“ erworben haben. Für das Maskottchen haben wir übrigens eine Kiepe gebastelt, in der es Schoko-Eier befördern kann. Aus dem „Konijn“ ist ein würdiger Osterhase geworden. Es bestehen gute Chancen, dass er nach der Krise nicht wieder zurück in die Kiste muss.

Gerhard Voogt

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