Zahlen schön gerechnet?Scharfe Kritik an Stadt Köln nach Wohnungsbau-Bilanz

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Der Wohnungsbau in der Stadt stockt.

Der Wohnungsbau in der Stadt stockt.

Köln – Die Mitteilung sollte die schlechte Bilanz beim Wohnungsbau, die die Stadt in der vergangenen Woche veröffentlichen musste, ein wenig aufhellen: Man habe im vergangenen Jahr für 1139 Sozialwohnungen Förderzusagen erteilt und somit die selbst gesteckte Zielmarke von 1000 übertroffen, hieß es da. Doch bei den Zielen für den Wohnungsbau in Köln, die sich die Stadt und auch das Wohnbündnis mit Bauunternehmen gesetzt haben, ging es um Fertigstellungen, nicht Genehmigungen oder Förderzusagen. Wie die Stadt nun auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ einräumen musste, wurden tatsächlich im vergangenen Jahr nur 546 Wohnungen im geförderten Wohnungsbau errichtet. Diese Zahl hatte man in der vergangenen Woche bei der Präsentation der Zahlen nicht mitgeteilt.

FDP spricht von "städtischer Propaganda"

FDP-Fraktionschef Ralph Sterck spricht von „städtischer Propaganda, der man auf den Leim gehen sollte“. Die Stadt rechne sich ihre schlechten Zahlen schön. Jörg Detjen, Fraktionschef der Linken, forderte eine „transparente Statistik“, aus der klar hervorgehe, wie viele Wohnungen tatsächlich gebaut werden.

"Dieser Vorgang ist ein absoluter Skandal", so SPD-Oberbürgermeisterkandidat Andreas Kossiski. "Werden hier bewusst falsche Zahlen in die Öffentlichkeit gebracht, um vom eigenen Versagen abzulenken? Darunter würden besonders die Kölnerinnen und Kölner leiden, für die das Wohnen in der Stadt mittlerweile unbezahlbar ist. Und das werden jeden Tag mehr.“

Von allen Zielmarken weit entfernt

Die Stadt läuft ihren Zielen seit Jahren hinterher: 6000 Wohnungen müssten pro Jahr gebaut werden, um dem Mangel entgegenzuwirken und mit dem Bevölkerungswachstum Schritt zu halten. Mindestens 1000 Wohnungen davon sollten im Rahmen der Förderungen im sozialen Wohnungsbau entstehen. Der Mieterverein und andere Experten halten 2000 geförderte Wohnungen für nötig. Wie nun klar wird, ist die Stadt von allen Zielmarken weit entfernt.

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Wie wenig die Förderzusagen im sozialen Wohnungsbau über die tatsächliche Neubautätigkeit aussagt, zeigt ein Blick auf die Zahlen der vergangenen Jahre. Fast jedes Jahr gab es 900 bis 1000 Förderzusagen – aber nie wurde in den Folgejahren eine ähnliche Zahl bei den Fertigstellungen erzielt. So lag die Zahl der Förderzusagen 2018 fast doppelt so hoch wie die Zahl der errichteten Wohnungen 2019. Der wichtigste Akteur im Bereich des sozialen Wohnungsbaus ist die GAG. Sie gab bei ihrer Bilanzpressekonferenz am Dienstag als Ziel für das kommende Jahr 327 neue, geförderte Wohnungen aus. Förderzusagen hat sie nach eigenen Angaben mehr als doppelt so viele.

Nur noch 6,8 Prozent Sozialwohnungen

Erklärbar ist die Differenz vor allem damit, dass sich die Förderzusagen im sozialen Wohnungsbau nicht nur auf neue Wohnungen, sondern auch auf Sanierungsmaßnahmen alter Wohnungen beziehen können. Für die Förderung erhielt die Stadt im vergangenen Jahr vom Land 151,6 Millionen Euro.

Der Bestand an Sozialwohnungen ist in Köln in den vergangenen 30 Jahren deutlich zurückgegangen. Gab es Anfang der 1990er Jahren noch gut 20 Prozent Sozialwohnungen in der Stadt, waren es Ende 2019 nur noch 6,8 Prozent.

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