Zero-Waste-BewegungVerein will Köln zu einer Stadt ohne Müll machen

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Müll Köln

Überquellende Mülleimer in einem Kölner Park (Archivfoto)

Köln  – Was im Sommer 2018  als Initiative einer Hand voll umweltbewusster  Menschen begann, erfreut sich in eines zunehmenden Interesses: Der Verein „Zero Waste“ hat mittlerweile mehr als 70 Mitglieder – und erzielte vor kurzem einen politischen Erfolg.

Der Stadtrat hat die Verwaltung und die Abfallwirtschaftsbetriebe beauftragt, Köln auf den Weg zu einer Stadt ohne Müll zu bringen. Dabei ist das Ziel nicht ganz wörtlich zu verstehen. Es geht darum, soviel Abfall zu vermeiden, wie es irgend geht.

Null Müll, null Verschwendung

Zero Waste bedeutet übersetzt zweierlei: null Müll und null Verschwendung. „Wichtig ist der Prozess, das Streben nach einem nachhaltigen und natürlichen Zyklus“, sagt Malte Haas, einer der Gründer des Vereins. „Die Zero Waste-Bewegung tritt damit übermäßigem Konsum und dem Phänomen der Wegwerfgesellschaft entgegen.“

Die Bewegung hat ihren Ursprung in der italienischen Kleinstadt Capannori. 2007 startete ein Grundschullehrer, frustriert über das Fehlen jedweder Abfallwirtschaft, eine Kampagne. Gemeinsam mit seinen Mitstreitern erreichte er nicht nur, dass der Ort in der Toskana eine Müllabfuhr organisierte. Sie warben zudem erfolgreich für  Mülltrennung  bereits in den privaten Haushalten sowie für ein Konsumverhalten, bei dem das Thema Abfall mitbedacht wird.

Kostenlose Mülltüten mit integrierten Mikrochips

Die Müllgebühr in Capannori richtet sich nach der Menge, die in jedem Haushalt anfällt. Um diese exakt messen zu können, verteilt die Kommune an die Einwohner kostenlos Mülltüten mit integrierten Mikrochips. So kann ein Scanner im Müllwagen bei der Abholung genau festhalten, wer wie viel wegwirft.

Einer Studie zufolge hat sich die Abfallmenge pro Person innerhalb weniger Jahre um etwa 40 Prozent reduziert. Die Recycling-Quote wurde annähernd auf 80 Prozent gesteigert.

Vancouver als Vorreiter

Die Idee einer Zero Waste-Kommune fand Nachahmer weltweit. Mittlerweile haben sich hunderte Städte und Gemeinden die Bezeichnung angeheftet – und damit den Zielen der Bewegung verpflichtet. Die kanadische Stadt Vancouver beispielsweise, ebenso wie San Francisco ein Vorreiter unter den Metropolen, will bis 2040 ihr Abfallaufkommen auf Null verringern.

Von einer solchen Vorgabe für Köln spricht selbst bei dem örtlichen Zero-Waste-Verein derzeit noch niemand. Zumal die einer städtischen Tochtergesellschaft gehörende Müllverbrennungsanlage in Niehl am wirtschaftlichen arbeitet, wenn sie ausgelastet ist.

Die vier Öfen können jährlich nahezu 800.000 Tonnen Haus- und Gewerbemüll schlucken. Wird weniger Müll aus Köln geliefert,  müsste im  Sinne der Gebührenzahler mehr Abfall von außerhalb herangeschafft werden.

„Ein gewisser Anteil des Mülls muss im Moment sicher  noch verbrannt werden“,  weiß Haas. Perspektivisch müssen wir das immer weiter reduzieren und damit so schnell wie möglich anfangen.“ Was auf Dauer möglich sein wird, sei einer der Punkte, die das vom Stadtrat beauftragte Zero-Waste-Konzept klären soll, sagt der 38-jährige Unternehmensberater.

Zero Waste als globale Herausforderung

Umweltschutz kann erst einmal Geld kosten, das gilt für den Kohleausstieg ebenso wie die Abkehr von der herkömmlichen Entsorgungswirtschaft. „Die Frage ist, wie eng wollen wir unsere Perspektive setzen“, sagt Haas. „Betrachten wir die Auswirkung der Müllvermeidung auf die örtliche Müllverbrennungsanlage und damit auf die Müllgebühren? Oder richten wir unsere Strategie für die kommenden Jahrzehnte danach aus, Zero Waste als globale Herausforderung und auch als Wirtschaftsfaktor zu betrachten?“

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Im Idealfall würden Waren so hergestellt, dass ihre Bestandteile zu 100 Prozent wiederverwertbar sind – oder der Natur zurückgegeben werden können.

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