ZivilcourageWie diese junge Kölnerin eine Frau vor der Vergewaltigung rettete

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Gabriele K. schlug den Mann durch ihren Mut in die Flucht.

Köln – Die Ehrung beherzter Kölner, die helfen, Verbrechen zu verhindern oder aufzuklären, ist zwar ein regelmäßiges Ritual im Kalker Polizeipräsidium. Doch die Fälle, von denen die Geehrten stets selbst berichten dürfen, erstaunen immer wieder aufs Neue.

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Polizeipräsident Uwe Jacob (vorn, 2.v.l.) mit den Ausgezeichneten

Täter wurden der Polizei übergeben, Opfer vor Schlimmerem bewahrt und ganze Katastrophen verhindert: Am Dienstag waren es 13 Menschen, denen Polizeipräsident Uwe Jacob für ihr mutiges Handeln im vorigen Jahr dankte. Das Motto der Kampagne: „Hinsehen. Handeln. Hilfe holen“.

„Sie haben das Leben in Köln ein bisschen sicherer gemacht“, so Jacob. Die Geehrten hätten sich auch in einer anderen Weise vorbildlich verhalten: „Sie haben sich nicht selbst in Gefahr gebracht.“ Vier Beispiele vorbildlichen Handelns.

Betrug vereitelt: Senior im Visier von Trickdieben

Erst eine Stunde zuvor hatte Volker S., Hauptkassierer der Sparkassen-Filiale am Gotenring in Deutz, mit einem ähnlichen Fall zu tun. Gegen 14.30 Uhr am 5. November 2018 kommt erneut ein Rentner in die Filiale und will 40.000 Euro abheben.

„Er druckste herum und sagte, sein Geld sei nicht mehr sicher“, so Volker S. Der 58-Jährige wird hellhörig und schickt den 78-Jährigen zu einer Kundenbetreuerin.

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Volker S. und Josefine S. (v.r.)

Hier stellt sich heraus, dass der Senior Opfer einer Betrugsmasche werden sollte. Unbekannte hatten ihn angerufen und sich als Polizisten ausgegeben. Da ein Raubüberfall drohe, wollten sie sein Vermögen zu seinem eigenen Schutz sicherstellen, so die Behauptung.

Mit einer speziellen Technik ließen sie die Notrufnummer der Polizei im Display des 78-Jährigen erscheinen. Kundenbetreuerin Josefine S. konnte den Mann schließlich davon überzeugen, dass die Polizei solche Anrufe niemals tätigt. Stattdessen solle er Anzeige erstatten.

Brandstifterin gestellt: Beim Joggen gezündelt

Es hätte durchaus Schlimmeres passieren können am Vormittag des 20. August im heißen und trockenen Sommer 2018. „Schließlich war eine Tankstelle in der Nähe“, sagt Sabine W.

Die 46-Jährige ist mit Nina S. und ihren Hunden im Deutzer Pyramidenpark unterwegs, als sie auf einem Hügel eine brennende Grünfläche entdeckt. „Ich hatte vorher eine Frau gesehen, wusste aber nicht, ob sie etwas damit zu tun hat“, so die 46-Jährige.

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Nina S. und Sabine W. (v.l.) stellten im Hitzesommer 2018 eine Brandstifterin

Sie ruft sofort die Feuerwehr. Dann stellt sich heraus, dass die Frau tatsächlich brandgefährlich ist. Denn kurze Zeit später sieht Nina S. die Frau beim Zündeln an einem anderen Hang. „Sie joggte und bückte sich dabei, um weitere Stellen anzuzünden.“

Als Nina S. droht, ihren Hund auf sie zu hetzen, strauchelt die Täterin und kann von der 37-Jährigen überwältigt werden. Die Feuerwehr hat gut zu tun: Insgesamt steckt die 47-jährige Brandstifterin an diesem Tag 700 Quadratmeter Wiese an. Doch die Katastrophe blieb aus.

Überfall aufgeklärt: Waffe imitiert

„Wenn alles so einfach wäre, wäre es etwas ruhiger in Köln.“ Jürgen B. gibt sich gelassen, als er von seiner Täterverfolgung in Bocklemünd/Mengenich berichtet. Am Morgen des 10. Juni 2018 bringt der 48-Jährige seine Lebensgefährtin zu einer Tankstelle, wo sie arbeitet.

Jürgen B. sieht einen Mann mit zerrissenen Jeans aus dem Gebäude gehen und erfährt kurz darauf, dass eine andere Angestellte gerade von diesem Mann überfallen wurde. 

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Jürgen B. verfolgte einen Mann nach einem Überfall

Der 37-Jährige Räuber hatte seinen Rucksack auf die Theke gelegt und Bargeld gefordert. Um eine Waffe zu imitieren, schob er eine Faust unter sein Hemd. Dann floh er in Richtung Venloer Straße/ Garzweiler Weg.

„Ich habe mich ins Auto gesetzt und bin ihm hinterher gefahren“, erzählt Jürgen B. so beiläufig, als wäre dies eine völlige Selbstverständlichkeit. Den herbeigerufenen Polizeibeamten konnte er dann schließlich zeigen, wo sich der Täter in einem Gebüsch versteckt hielt. Die Beute stellte die Polizei sicher. 

Vergewaltigung verhindert: Mann wenige Tage später gefasst

Sie war gerade nach Hause gekommen, als in der Nacht um vier Uhr gellende Hilfeschreie einer Frau sie aus dem Schlaf rissen. Die 25-jährige Gabriela K. schaute aus dem Fenster ihrer Wohnung in Lindenthal und sah, wie ein Mann eine Frau gegen eine Hauswand drückte und versuchte, sie zu vergewaltigen. Gabriele K. wurde schlagartig klar: „Ich muss jetzt schnell handeln.“

Im Polizeipräsidium Kalk erzählte sie jetzt, wie sie die folgenden Minuten erlebte. „Ich wusste, dass jetzt jede Sekunde zählt“, erinnert sie sich. Denn der brutale Täter hatte seinem Opfer gedroht: „Wenn Du noch einmal schreist, dann bringe ich dich um.“

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Gabriele K. schlug den Mann durch ihren Mut in die Flucht.

Zu diesem Zeitpunkt wusste die Studentin noch nicht, dass sie einen gefährlichen Mann beobachtet hatte. Vor der Tür schrie sie den Angreifer an, der sofort von seinem Opfer abließ und davon rannte. „Wir waren leider zu langsam“, erzählte sie. Doch das war auch gut so. Denn ein in die enge getriebener Sexualstraftäter hätte unberechenbar regieren können.

Die 20-Jährige konnte den Beamten eine gute Beschreibung des Mannes geben. „Wir hatten daraufhin einen Verdacht, wer es gewesen sein könnte“, so ein Beamter. Weil das Opfer den Angreifer jedoch nicht auf vorgelegten Fotos erkannte, gingen die Ermittlungen weiter.

Nur wenige Tage später schlug der brutale Verbrecher wieder zu. In der Südstadt attackierte er eine 21-Jährige, die auf dem Heimweg war. Doch auch sie kann um Hilfe schreien und den Mann vertreiben. Aber auch eine präzise Beschreibung geben, dass die Polizei sofort zu dem Verdächtigen fährt und seine Wohnung durchsucht - mit Erfolg. Denn die Beamten können ein Kleidungsstück sicherstellen, dass der 41-Jährige bei beiden Überfällen getragen hatte. DNA-Spuren belegen, dass er Kontakt zu den Opfern hatte.

Der einschlägig bekannte und unter Beobachtung stehende Mann wurde verhaftet. Er war erst 63 Tage zuvor aus der JVA Aachen entlassen worden. Dort hatte er zwölf Jahre gesessen - wegen Vergewaltigung von fünf Frauen. Darunter auch drei Fälle, die er 2006 an der Endhaltestelle Lustheide begangen hatte. Die Polizei hatte damals mit einem Foto aus der Überwachungskamera nach ihm gefahndet und ihn gefasst.

Aufgrund des mutigen Einschreitens von Gabriela K. verhinderte sie die Tat und half, den Täter zu identifizieren. Polizeipräsident Uwe Jacob dankte ihr dafür bei einem Empfang. Der Mann soll nie wieder frei kommen. (mit red)

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