Zo Fooß noh Kölle jonnKölner läuft 600 Kilometer zu Fuß von Leipzig in die Heimat

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Am Ziel angekommen, hier auf der Hohenzollernbrücke: Markus Rosenbaum lebt künftig „parttime“ in Köln.

Am Ziel angekommen, hier auf der Hohenzollernbrücke: Markus Rosenbaum lebt künftig „parttime“ in Köln.

Köln – „Wenn ich su an ming Heimat denke un sin d'r Dom su vür mer stonn, mööch ich direk op Heim an schwenke, ich mööch zo Fooß noh Kölle jonn.“ So heißt es im bekannten Lied „Heimweh noh Kölle“, das Willi Ostermann 1936 schrieb. Auf Hochdeutsch: „Wenn ich so an meine Heimat denke und sehe den Dom so vor mir stehen, möchte ich mich direkt zur Heimat kehren, ich möchte zu Fuß nach Köln gehen.“

Für Markus Rosenbaum hat das Lied eine so große Bedeutung, dass er den Refrain in die Tat umgesetzt hat. 22 Tage lang ist der gebürtige Kölner von Leipzig nach Köln gewandert, hat knapp 600 Kilometer zurückgelegt, und sagt dazu: „Jeden Tag hatte ich das Lied auf den Lippen.“

„Heimweh noh Kölle“ von Willi Ostermann in die Tat umgesetzt

Ein Lied, das auch seinem vor vier Jahren gestorbenen Vater wichtig war. Obwohl er am Ende seines Lebens schwer dement war, erkannte er es wieder, wenn man es ihm vorsang, summte die Melodie mit und konnte ein paar Worte beisteuern. Während der Trauerfeier für ihn wurde das Lied gespielt, man sang mit, man weinte. Da nahm sich Rosenbaum fest vor, selbst eines Tages zu Fuß nach Köln zu gehen.

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Nach 24 Jahren Leipzig zurück nach Köln-Ehrenfeld

Die Wanderung war gleichsam das Vorspiel zu seiner Rückkehr in die Heimat. Gerade ist er dabei, seinen Hausstand in Leipzig, wo er 24 Jahre lang gelebt hat, aufzulösen. Am 21. Dezember kommt der Möbelwagen, und am Tag darauf will er in das Haus einziehen, das er in Ehrenfeld gefunden hat, dem Stadtteil, aus dem seine Familie väterlicherseits stammt.

Allerdings hat er vor, sich etwa alle zwei Wochen in Leipzig blicken lassen, dem Sitz der von ihm gegründeten LF Gruppe, die sich aus sieben Unternehmen mit insgesamt 180 Mitarbeitern zusammensetzt und Forschung und Entwicklung sowie Innovationsmanagement für Dienstleistungsbranchen bietet. In der übrigen Zeit will er sich von Köln aus um die Geschäfte kümmern.

Plan war, zwei, drei Jahre in Leipzig zu bleiben

Mit 16 ging Rosenbaum von der Schule ab und machte eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann. Am Abendgymnasium holte er das Abitur nach, anschließend studierte er an der Kölner Universität Betriebswirtschaft; im Rahmen des Studiums verbrachte er ein Jahr in Dublin. 1997 ging er mit seiner damaligen Ehefrau nach Leipzig, wo er ein Jobangebot als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität bekommen hatte. Sein Plan war, zwei, drei Jahre dort zu bleiben. Es kam anders.

Als Ausgründung aus der Universität entstanden in Jahr 2000 die Versicherungsforen Leipzig mit Rosenbaum als Geschäftsführer – der Ursprung der LF Gruppe. In Leipzig, wo seine beiden Söhne geboren sind, habe er sich trotz des Heimwehs nach Köln von Anfang an wohlgefühlt, sagt Rosenbaum. Es sei eine „junge, aufstrebende Stadt“, in der sich gerade in den letzten zehn Jahren viel getan habe. Nie sei er als „Wessi“ komisch angesehen worden.

Freundeskreis besteht voriwegend aus „Wessis“

In ostdeutsche Freundeskreise aufgenommen zu werden, habe sich freilich als schwierig erwiesen. Sein eigener Freundeskreis in Leipzig bestehe vorwiegend aus „Zugezogenen aus dem Westen“, die sich so wie er im Osten neu hätten orientieren müssen.

Am 5. November machte sich Rosenbaum auf den Weg von Sachsen zum Rhein. Mit dem Wetter hatte er Glück, selten regnete es. Die Wanderapp auf seinem Handy habe „verlässlich schöne Wege ausgesucht“, selten mal über eine Straße. Tage gab es, an denen er kaum einem Menschen begegnete. Ob nun auf dem Weg vom Kyffhäuser nach Mülhausen oder im Hessischen Hinterland – er habe „Deutschland ganz anders kennengelernt“, sagt er.

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Vor allem genoss er es, wandernd „vollständig bei mir“ zu sein, „ganz im Hier und Jetzt“, ohne an das nächste Geschäftsmeeting zu denken oder an eine Unternehmensgründung. Eine Erfahrung ähnlich der, die Pilger auf dem Jakobsweg machen. Kurzum: „Langstreckenwandern ist das pure Glück.“

In Köln, wo er eine Freundin hat, will Rosenbaum bald ein weiteres Unternehmen gründen, eines, das mit Gemeinwohlorientierung zu tun habe, denn die „Frage nach dem Sinn“ – jenseits von Profitmaximierung – gewinne für ihn immer mehr an Bedeutung. Mit seinen 54 Jahren sagt er deshalb: „Ich habe noch viel vor.“

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