Zunehmende Armut in KölnUnterkunft für obdachlose Frauen in Weidenpesch eröffnet

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Elisabeth hat im Haus Zwischenzeit eine Unterkunft gefunden.

Elisabeth hat im Haus Zwischenzeit eine Unterkunft gefunden.

Köln-Weidenpesch – Es gibt viele Gründe, warum Frauen in Köln ihre Wohnungen verlieren: Laura verliebt sich in den falschen Mann und trennt sich nach Monaten voller häuslicher Probleme. Alma verliert ihren Job und muss sich mit Hartz IV über Wasser halten. Elisabeth war einst Arzthelferin und ihr drohte die Obdachlosigkeit, nachdem ihr Vermieter Eigenbedarf für ihre Wohnung in Lindenthal angemeldet hat. Sie drohte mit 78 Jahren auf der Straße zu landen.

Auf dem freien Wohnungsmarkt fand die Kölner Seniorin, die Nachnamen wie auch die anderen Frauen im Haus nicht nennen will, kein Appartement, dass sie sich leisten könnte. Ihre Rente beträgt gerade einmal 700 Euro. Damit sie nicht ohne Wohnung war, brachte sie die Stadt zunächst in einem Hotel unter. Schließlich fand sie eine provisorische Unterkunft in einem Haus des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) am Krieler Dom.

Das Haus in Weidenpesch

Das Haus in Weidenpesch

Seit kurzer Zeit wohnt sie im „Haus Zwischenzeit“, das vom SkF im Juli in Weidenpesch neu eröffnet wurde. Geblieben ist ihr aus ihrem alten Leben nicht viel: ein paar Vasen und ein Teddybär, den sie noch aus Kindertagen besitzt. Dennoch freut sie sich auf ihr neues Leben: „Ich versuche, es mir hier kuschelig zu machen.“

Obdachlosen-Unterkunft in Köln bietet Platz für 24 Frauen

Im Gebäude an der Schmiedegasse 58b wohnen seit Juli 24 Frauen, die sonst keine Chance hätten, ein Zimmer oder gar eine Wohnung zu finden. Innerhalb von 15 Monaten wurde der Bau des Architekten Felix Rindt errichtet, er kostete knapp drei Millionen Euro. Die Zimmer, 15 bis 21 Quadratmeter groß, verfügen über ein Bad sowie Gemeinschaftsküchen. 20 der Zimmer sind barrierefrei.

Das Areal sei anspruchsvoll zu planen gewesen, weil es schmal geschnitten sei, sagte Rindt. Daher sei es schwierig gewesen, Abstände zu den Nachbarhäusern einzuhalten oder auch Kräne zu platzieren, um eine Baugrube auszuheben. Die Bewohner fühlen sich wohl: „Ich bin froh, wieder alleine zu leben und mich mit anderen Frauen austauschen zu können“, sagt zum Beispiel Emilia.

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Die SkF-Vorstandsvorsitzende Angelika Berzdorf-Lenders machte bei der Eröffnung auf die zunehmende Armut unter der Kölner Bevölkerung aufmerksam – etwa 6000 Bürger gelten als obdachlos. Die wenigsten von ihnen leben zwar auf der Straße, sondern zum Beispiel bei Freunden auf der Couch, besitzen aber keinen eigenen Mietvertrag. Manche werden von der Stadt oder freien Trägern untergebracht. 2700 von ihnen sind nach einem Bericht der Stadt Frauen.

Der Bericht macht vor allem zwei Gründe aus, warum Frauen ihr Zuhause verlieren: häusliche Gewalt und strukturelle Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt, die verantwortlich dafür sind, dass Frauen über weniger Einkommen und Ersparnisse verfügen als Männer. Wer aber weniger Rücklagen bilden kann, landet schneller auf der Straße, wenn weitere Probleme hinzukommen, so SkF-Sprecherin Anne Rossenbach.

Der Eingang

Der Eingang

Das Haus Zwischenzeit soll ein Refugium auf Zeit sein. Eigentlich sollen die Frauen, die hier unterkommen, maximal sechs Monate bleiben. Ausnahmen werden aber gemacht, wenn sich keine Perspektive für die Frauen ergibt. „Der Weg zurück ist schwer, oft wird es länger dauern“, vermutet Berzdorf-Lenders. „Ich weiß nicht, wohin ich gehen soll“, sagte eine 49-Jährige, die ihre Wohnung nach einer Luxussanierung verloren hat. „Wenn ich an den Wohnungsmarkt denke, bin ich frustriert.“

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