Zusammenlegung der NotfallpraxenKölnerin nach 29 Jahren im Rettungsdienst gekündigt

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Sylvia Mönninghoff will möglichst bald wieder im Rettungsdienst arbeiten – aktuell bewirbt sie sich.

Sylvia Mönninghoff will möglichst bald wieder im Rettungsdienst arbeiten – aktuell bewirbt sie sich.

  • Zum Jahreswechsel wurde die Mülheimer Notfallpraxis in der Genovevastraße vom evangelische Krankenhaus Kalk übernommen.
  • Ursprünglich sollten bei der Zusammenlegung keine Stellen wegfallen. Im Fall von Sylvia Mönninghaus kam es jedoch anders.
  • Sie hatte eine Bewerbung an das Krankenhaus geschickt, doch sie wurde abgelehnt, weil sie nicht ausreichend qualifizierten sein soll. Und das nach 29 Jahren Berufserfahrung.

Köln – Als Sylvia Mönninghoff kurz vor Weihnachten im „Kölner Stadt-Anzeiger“ las, dass nach der Zusammenlegung der Kölner Notfallpraxen keine Stellen wegfallen würden, schrieb sie eine Mail an die Redaktion. „Ich gehöre zu den Angestellten, denen im Zuge der Zusammenlegung gekündigt wurde.“

Sylvia Mönninghoff arbeitet seit 29 Jahren im Rettungsdienst. In der Notfallpraxis in der Genovevastraße in Mülheim, die zum Jahreswechsel schloss, arbeitete sie am Empfang; sie legte außerdem EKGs und Infusionskanülen, bereitete Medikamente vor, assistierte den Ärzten. „Es war mein Traumjob“, sagt sie. „Etwas ruhiger als die Arbeit im Rettungswagen, viele Dienste, ein verhältnismäßig gutes Gehalt.“

Mitarbeiter der Kölner Praxis sollten übernommen werden

Die Kündigung hatte Mönninghoff schon im Frühjahr 2019 erhalten. Grund sei die bereits feststehende Schließung der Mülheimer Praxis gewesen. Die Ärzte der Einrichtung hätten allerdings bei allen Angestellten die Hoffnung geweckt, die Weiterbeschäftigung durch das Krankenhaus, das die Notfallpraxis übernimmt (in diesem Fall das evangelische Krankenhaus Kalk), sei nach einer Bewerbung nicht mehr als eine Formsache. Sie zeigt einen Brief eines Vorgesetzten, in dem es heißt, man sei zuversichtlich, dass die Angestellten weiterbeschäftigt würden. „In meinem Fall war das leider nicht so.“

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Als sich Mönninghoff beim Kalker Krankenhaus bewarb, sagte man ihr mit der Begründung ab, sie sei nicht ausreichend qualifiziert – aus Versicherungsgründen könnten nur Rettungsassistenten beziehungsweise Notfallsanitäter eingestellt werden.

Rettungssanitäter nicht als Ausbildungsberuf anerkannt

Die Kölner Notfallpraxen

Diese an Krankenhäuser angegliederten Notdienstpraxen gibt es seit der Schließung der Praxen in Mülheim und Chorweiler zum Jahresende in Köln: St.-Antonius-Krankenhaus, Bayenthal, St.-Franziskus-Hospital, Ehrenfeld, Krankenhaus Porz am Rhein, Ev. Krankenhaus Kalk, Universitätsklinik, Lindenthal, Heilig-Geist-Krankenhaus, Longerich, und - zwischen Freitag und Sonntag: St.-Vinzenz-Hospital, Nippes. In Chorweiler protestiert ein Bürgerverein weiterhin gegen die Schließung der dortigen Notfallpraxis.

Erreichbar sind die Praxen unter der Rufnummer 116 117.

Zur Erläuterung: Rettungssanitäter haben eine deutlich kürzere Ausbildungszeit als Rettungsassistenten, die seit 2015 Notfallsanitäter genannt werden. Als Ausbildungsberuf anerkannt ist der Rettungssanitäter nicht. „Um Ersteinschätzungen von kranken oder verletzten Personen machen zu können, brauchen wir diese Qualifikation einfach“, sagt Jürgen Zastrow, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung in Köln. „Es gibt einige Härtefälle, die sich aber gern an uns wenden können.“

Sylvia Mönninghoff ist in 29 Jahren Tausende Einsätze gefahren. Sie hat geholfen, im Rettungswagen Babys zu entbinden, Hunderte Menschen reanimiert, Tausenden auf dem Weg zum Krankenhaus Mut zugesprochen. Viermal ist sie während eines Einsatzes zusammengeschlagen worden, einmal habe sie ein stark alkoholisierter Mann zuerst mit einem Messer und dann mit einer Pistole bedroht, erinnert sie sich. „Der Respekt vor Rettungssanitätern ist in den vergangenen Jahren stark gesunken, da geht es uns so ähnlich wie Feuerwehrleuten und Polizisten“, sagt sie.

„Beleidigungen und Drohungen passieren inzwischen fast täglich.“ Mönninghoff, die auch lange für die freiwillige Feuerwehr gearbeitet hat, erinnert sich an einen Einsatz an Silvester, als in einem Kölner Hochhausviertel ein Müllcontainer brannte und die Kollegen der Feuerwehr nicht löschen konnten,– „weil man sie mit Böllern bewarf und mit Raketen beschoss.“

Rettungsdienst in Köln als Traumberuf

Trotzdem sei der Rettungsdienst weiterhin ihr „Traumberuf“, sagt sie. Täglich stelle der Job sie vor herausfordernde Aufgaben, nie wisse sie, wer und was sie hinter einer Haustür erwarte. „Und natürlich erfährt man auch immer wieder Dankbarkeit. Einen kleinen Brief oder einfach ein Lächeln und einen festen Händedruck.“

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Seit sie im Dezember erfuhr, dass sie vom Krankenhaus nicht übernommen wird, hat Sylvia Mönninghoff 20 Bewerbungen geschrieben. Sie wolle möglichst bald wieder im Rettungsdienst arbeiten, sagt sie. „Ohne kann ich mir mein Leben nicht vorstellen.“ Jürgen Zastrow bot Mönninghoff auf Nachfrage dieser Zeitung an, sich persönlich zu melden und nochmals eine Bewerbung zu schreiben: „Jeden, der arbeiten will, bekommen wir unter.“

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