Zwei neue ÄmterStadt Köln will die Verkehrswende erheblich beschleunigen

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In Köln soll die lang versprochene Verkehrswende endlich Realität werden. (Archivfoto)

Köln – Nach der Kommunalwahl 2020 stellte sich ziemlich schnell heraus, was die Grünen mit ihrem ersten Sieg anstellen wollen: Sie wollten die Verkehrspolitik in ihre Hand bekommen. Mit der grünen Besetzung des Verkehrsdezernats sollte ein Paradigmenwechsel einhergehen: Von schwarz zu grün, von Erhalt zu Ausbau, von Auto zu Rad und Bahn. Ein Kandidat war schnell gefunden. Ascan Egerer, der zuletzt den Bahn-Ausbau in Karlsruhe erfolgreich vorangetrieben hat, sollte auch in Köln dafür sorgen, dass die lange versprochene Verkehrswende endlich Realität wird.

Egerers Bedingungen dafür waren von Anfang an schwierig. Eine für ihn neue Stadt, ein Finanzhaushalt, der seit dem Amtsantritt im Sommer 2021 unter Pandemie- und Kriegsfolgen leidet, ein Ratsbündnis aus Grünen und CDU, das sich in keinem Bereich so uneinig ist wie bei den Verkehrsthemen. Während er kleine Projekte, die schon vor ihm angestoßen wurden – die Umgestaltung der Vogelsanger Straße, die Einstellung eines Fußverkehrsbeauftragten, die Ausweisung von Fahrradstraßen – wohlwollend begleitet, hat, arbeitete Egerer im Hintergrund an einer gründlichen Reform seines Dezernats, um auf die Veränderungen, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auf die Stadt zukommen, gerecht zu werden.

Zwei neue Ämter im Kölner Verkehrsdezernat

Am Montag präsentierte er dann gleich zwei neue Amtsleiter als Ersatz für Klaus Harzendorf, der das ehemalige Straßenamt bis zu seinem Ruhestand leitete: Diplom-Ingenieurin Silke Stach-Reinartz, 45 Jahre alt, leitet seit Juni das Amt für Straßen und Radwegebau. Thorsten Siggelkow, ebenfalls Diplom-Ingenieur, folgte im August als Chef des Amtes für nachhaltige Mobilitätsentwicklung.

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Verkehrsdezernent Ascan Egerer (Mitte) mit seinen neuen Amtsleitern

Der 53-Jährige war zuletzt für die Deutsche Bahn tätig und hat überregionale Verkehrsprojekte geleitet, Stach-Reinartz ist als städtische Bau-Expertin aus Düren gelockt worden. Ihr Amt ist mit 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausgestattet, es soll sich um die praktische Umsetzung der Vorhaben kümmern. Das Amt von Siggelkow gilt als strategische Schaltzentrale des Dezernats, hier werden langfristige Anpassungen im Verkehr geplant und strukturiert.

Kölner Verkehrspolitik: „Die Entscheidungswege sind teilweise zu lang“

Bei der Vorstellung seiner neuen Amtsleiter macht Egerer deutlich, dass er die Verwaltung keinesfalls aufblasen will. Im Gegenteil. „Wir fokussieren die Aufgaben und die Zuständigkeiten. Es ist immer schwieriger geworden, die vielen Themen in einem Amt abzudecken“, sagt der Dezernent. „Das hat uns Zeit gekostet. Die beiden neuen Ämter sind eng verzahnt und arbeiten stark projektorientiert.“ Auch aufgrund der vielen politischen Anforderungen im Verkehrsbereich sei es nicht mehr möglich gewesen, alles in einem Amt aufzufangen. Egerer will endlich den großen Wurf.

Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt, das sich zuletzt über einzelne Straßengestaltungen fast zerstritten hätte, macht es ihm nicht gerade leicht. „Die Entscheidungswege sind teilweise zu lang“, sagt Egerer: „Dazu gehört auch die Beschlussfassung in den politischen Gremien.“ Sein Plan: Grundfestlegung im Radwegenetz, im ÖPNV-Grundnetz und im Autonetz, alles in Abstimmung mit dem Stadtrat. Auf dieser Grundlage, so seine Hoffnung, kann die Verwaltung künftig schneller agieren.

Kölner Amt für nachhaltige Mobilität:  „Wir sind ein Vordenkeramt“

Thorsten Siggelkow ist motiviert, seinen Teil beizutragen, um die Verkehrswende erheblich zu beschleunigen. „Die Bezeichnung gibt es nicht, aber ich würde sagen: Ich bin Verkehrsingenieur“, sagt der Bahn-Fachmann. An Selbstbewusstsein mangelt es nicht: „Wir sind ein Vordenkeramt. Uns gibt es, damit die Dinge am Ende vernünftig umgesetzt werden können.“ Sein vergleichbar kleines Team besteht aus Ingenieuren, Geografen, Raumplanern, Zeichnern und auch aus Quereinsteigern. Sie sollen die langfristige Planung gestalten.

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Aber auch kurzfristig gibt es einige Pläne: Verkehrsversuche mit weniger Autos auf Venloer Straße, Severinstraße und Friesenstraße, eine Mobilitätsbefragung bei 60.000 Kölnerinnen und Kölnern. Wasserbusse und Seilbahnen werden geprüft, neue Parkgebühren mit der Politik verhandelt. Das Amt für nachhaltige Verkehrsentwicklung „wird sich auch von Kritik nicht abhalten lassen“, verspricht Siggelkow. Und meint damit wohl vor allem mögliche Kritik von Autofahrern.

Kölner Ost-West-Achse oben auf der Prioritätenliste

Umgesetzt werden die unterschiedlichen Projekte von den 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Amt für Straßen und Radwegebau. „Wir haben in den nächsten Monaten einiges vor uns, wir wollen ein ämterübergreifendes Projektmanagement etablieren“, verspricht Stach-Reinartz. „Inhaltlich liegt der Schwerpunkt auf dem ÖPNV.“

Und hier steht in ihrem Amt die Planung der Ost-West-Achse ganz oben auf der Prioritätenliste. In Kürze wird die Politik darüber entscheiden, welche Variante umgesetzt werden soll: eine oberirdische Erweiterung oder ein Tunnel durch die Innenstadt. „Das bindet im Moment schon sehr viele Ressourcen“, sagt sie. Das zweite Großprojekt: die Bahn-Anbindung des Mülheimer Südens, die wegen der alten Industriebrachen eine besondere Herausforderung darstellt. Hinzu kommt der Ausbau des Radwegenetzes und die Sanierung der bestehenden Radwege.

Um die Veränderungen im Stadtbild, die Ascan Egerer um jeden Preis erreichen will, zu kommunizieren, läuft ab sofort zudem eine Kampagne: „Köln wird mobil“, Plakate mit dieser Aufschrift werden künftig an zentralen Kölner Orten hängen. „Wir wollen Lust darauf machen, etwas Neues auszuprobieren.“ Die Kampagne sei Teil der Verkehrswende, „die wir alle anstreben, um nicht zuletzt die Klimaneutralität zu erreichen.“

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