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Prozess in KölnGericht zweifelt an der Aussage des Poco-Feuerteufels

Lesezeit 3 Minuten
Hundert Feuerwehrleute brauchten Stunden, um das Feuer bei Poco in Köln zu löschen.

Hundert Feuerwehrleute brauchten Stunden, um das Feuer bei Poco in Köln zu löschen.

Köln – Der Drohbrief an die Geschäftsleitung von Poco ließ keine Fragen offen: „Wenn Sie nicht wollen, dass es noch einmal brennt, zahlen Sie zwei Millionen Euro in gebrauchten Scheinen“, hieß es in dem Schreiben, das am 26. Mai im Briefkasten des Möbel-Großlagers in Gremberghoven lag, vier Tage, nachdem die Halle in Flammen aufgegangen war.

Werde nicht gezahlt, folgten weitere Brände – „bis alle Lagerhallen Asche sind.“ Unterzeichnet: „Die drei Feuerteufel“.

Erhebliche Gefahr für die Feuerwehr

Zehn Tage nach dem Feuer in Köln brannte tatsächlich eine weitere Poco-Lagerhalle in Aachen, wieder ging der Schaden in die Millionen. Verletzt wurde in beiden Fällen niemand, aber die Feuerwehrmänner seien einer „erheblichen Gefahr“ ausgesetzt gewesen, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer am Montag bei der Anklageverlesung vor dem Landgericht.

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Auf der Anklagebank saß nur ein „Feuerteufel“: Peter G., 44-jähriger gelernter Elektroschlosser aus Lohmar, geschieden, ein erwachsener Sohn. Die beiden angeblichen Komplizen seien seine pure Erfindung gewesen, um den Druck auf Poco zu erhöhen, er habe allein gehandelt, beteuerte G., dessen verstorbener Vater Feuerwehrmann war.

Mit ausdruckslosem Gesicht lauschte der 44-Jährige den Vorwürfen. Anschließend gestand er beide Brandstiftungen sowie die Erpressung. Er empfinde „tiefe Scham“. Er habe „nicht nachgedacht“ über die Risiken, eigentlich auch nur in einer Ecke der Halle „etwas ankokeln“ wollen. Dass dabei am Ende „ein halbes Stadtviertel in Aachen abgefackelt sei“, wie die Richterin es ausdrückte, sei nie seine Absicht gewesen.

Fast 100.000 Euro Schulden

Als Motiv nannte Peter G. hohe Schulden, insgesamt fast 100.000 Euro. Er habe einen Kredit mit dem nächsten abgelöst, um Möbel und teure Autos zu kaufen. Ein jahrelanges „Karussell aus Gehaltspfändungen und immer wieder Entlassungen aus Festanstellungen“ sei die Folge gewesen, sagte G.’s Anwalt.

Außerdem sei sein Mandant sauer gewesen auf Poco, weil er sich Anfang dieses Jahres als Kunde bei dem Unternehmen einen Schrank bestellt hätte, mit dem es Komplikationen gegeben habe.

Die Idee zur Brandstiftung mit Erpressung sei ihm erst in der Nacht vor der ersten Feuerlegung in Köln gekommen, sagte G. Als Mitarbeiter einer Firma, die für Poco Küchenaufmaße bei Kunden erledigt, kannte er die Lagerhalle in Gremberghoven.

Zu Hause hätte er Bioethanol, womit er normalerweise seinen Tischkamin betreibe, in zwei Literflaschen Cola abgefüllt, jeweils bis zur Hälfte. Eine Flasche habe er vor dem Hallentor entleert, das einen Spalt geöffnet war, weil es auf einem Schlauch auflag, der aus der Halle führte.

Zweifel bei Gericht und Staatsanwaltschaft

Doch je mehr Peter G. die Brandstiftungen, die insgesamt zwei Erpresserbriefe und zwei Drohanrufe bei Poco als eher spontan, nicht besonders durchdacht, jedenfalls keinem großen Plan folgend darstellte, desto stärker wuchsen die Zweifel bei Gericht und Staatsanwaltschaft.

Ob tatsächlich das Hallentor einen Spalt offen stand, oder ob er nicht vielmehr eine Scheibe eingeschlagen habe, deren Splitter die Brandermittler später fanden, wollte die Richterin wissen. Und warum er sich für die Anrufe eigens eine nicht zurück verfolgbare Prepaid-Karte besorgt hätte.

Warum die Polizei in seiner Wohnung zwanzig Versionen des ersten Erpresserbriefes fand, wo er doch angeblich nicht groß über die Formulierungen nachgedacht haben will. Und ob er wirklich dabei bleibe, dass er für das Großfeuer in Aachen, das erst nach zwei Tagen gelöscht werden konnte, tatsächlich gerade mal 250 Milliliter Brennspiritus verwendet haben will.

Ja, dabei bleibe er, betonte Peter G. Das seien nun mal die Fakten.

Am Donnerstag wird weiter verhandelt. Bis dahin, legte die Richterin dem wegen Betrugs vorbestraften Angeklagten nahe, möge er noch einmal in Ruhe über alles nachdenken: „Das ist für Sie die letzte Abfahrt vor der Autobahn.“

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