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1. FC Köln „entsetzt“Böller verletzt zwölf Menschen – 35-Jähriger festgenommen

Lesezeit 3 Minuten
BMG Pyro

Ein Böllerwurf hat das Derby zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach überschattet.

Köln – Es läuft am Samstag die 86. Minute des Derbys 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach, als im Westbereich der unteren Südtribüne ein Mann unauffällig einen Sprengkörper aus seiner Kleidung zieht. Er handelt scheinbar seelenruhig. So soll es später auf dem Videofilm der Überwachungskamera zu sehen sein.

Der Mann nimmt einen starken Zug an seiner Zigarette. Er hält sie an die Lunte des „Polenböllers“, steckt seine Hand durch zwei Gitterstäbe und wirft den Knallkörper etwa einen Meter nach links in den Innenraum, dorthin, wo die Fotografen stehen. Dann hält er sich die Ohren zu.

Zwölf Menschen verletzt

Im nächsten Moment wird das Stadion von einem ohrenbetäubenden Knall erschüttert. Die Fotografen und mehrere Ordner ducken sich erschrocken weg. Zwölf von ihnen – acht Ordner, drei Fotografen und ein freiwilliger Helfer – werden verletzt. Sie erleiden Knalltraumata, werden zunächst im Unfallraum behandelt und später mit Rettungswagen in Krankenhäuser gebracht. Dort bekommen sie Kortison verabreicht und müssen sich in einigen Tagen wieder zur Kontrolle melden.

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Polizisten einer Hundertschaft eilten in den Zuschauerblock und nahmen nach Zeugenhinweisen den verdächtigen Böllerwerfer fest. Durch die Videoaufnahmen soll der Mann kurz darauf eindeutig identifiziert worden sein, heißt es. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung ein, am Sonntag wurde der 35-Jährige aus dem Polizeipräsidium nach Hause entlassen. Die Staatsanwaltschaft erkannte keine Haftgründe wie zum Beispiel Verdunklungs- oder Wiederholungsgefahr. Außerdem soll der Mann einen festen Wohnsitz haben.

Christoph Kramer: „Es gibt immer solche Idioten“

In Interviews äußerten sich nach dem Schlusspfiff Vereinsvertreter und Spieler bestürzt. Am deutlichsten wurde Mittelfeldspieler Christoph Kramer von Borussia Mönchengladbach: „99,99 Prozent freuen sich auf so ein Spiel. Aber es gibt immer solche Idioten.“ 

Auch der 1. FC Köln gab sich „entsetzt und verärgert“. FC-Sprecher Tobias Kaufmann: „So etwas hat im Stadion überhaupt nichts zu suchen. Das ist kein Bagatelldelikt.“ Der Verein werde alle Möglichkeiten gegen den Böllerwerfer ausschöpfen: vom Stadionverbot bis zum Vereinsausschluss, sollte der Schuldige ein Mitglied sein.

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Darüber hinaus hat der FC bereits angekündigt, sämtliche regressfähigen Kosten – etwa die erwartbare Verbandsstrafe durch das DFB-Sportgericht – an den Täter weiterzureichen (siehe „Böllerwerfer muss zahlen“). Der 35-Jährige von der Südtribüne ist bei der Polizei nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ nicht als „Gewalttäter Sport“ registriert. Er soll aber angeblich als Rauschgift-Konsument bekannt sein. Nach seiner Festnahme musste er bei der Polizei einen Alkoholtest machen – er soll 0,8 Promille Alkohol im Blut gehabt haben.

Knapp 2000 Polizisten sorgten für Derby-Sicherheit

Fast 2000 Polizisten hatten rund um das Derby für Sicherheit gesorgt. Größere Ausschreitungen blieben aus, in Longerich allerdings soll der Fahrer eines Autos auf einen Polizisten zugefahren sein, um sich einer Kontrolle in der Robert-Perthel-Straße zu entziehen. In dem Wagen und weiteren Autos, die ihm folgten, saßen angeblich gewaltbereite Fußballfans, vermutlich Kölner, wie es heißt. „Es bestand der Verdacht, dass sich die 25 Männer auf dem Weg zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung befanden“, berichtete ein Polizeisprecher.

Statt anzuhalten, soll der 27-jährige Fahrer beschleunigt haben und auf einen Beamten zugefahren sein. Der habe sich mit einem Sprung zur Seite retten können. Nach kurzer Verfolgung konnten Streifenwagen das Auto stoppen. Der 27-Jährige wurde festgenommen und sollte Sonntagabend einem Haftrichter vorgeführt werden. Die übrigen Männer kamen zur Verhinderung von Straftaten vorübergehend ins Gewahrsam. Bei der Durchsuchung der Autos stellte die Polizei Sturmhauben, Schlagstöcke, Handschuhe und Gebissschutz sicher.

Bereits vor dem Anpfiff hatten Polizisten an der gleichen Stelle 190 Männer, Frauen und Jugendliche kontrolliert, die der Kölner „Fußballstörer-Szene“ angehören sollen. Sie durften nach Feststellung ihrer Personalien wieder gehen. 

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