Kolumne: Aus der PraxisHörsturz ist ein Warnsignal

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Wenn der Ton wegbleibt: Hörstürze kommen unvermittelt. (BILD: JUPITER)

Wenn der Ton wegbleibt: Hörstürze kommen unvermittelt. (BILD: JUPITER)

Schon die Definition sagt eigentlich alles: Ein Hörsturz ist ein plötzlicher, meist einseitiger Hörverlust ohne erkennbare Ursache (nach einem Rockkonzert dagegen ist die Ursache bekannt, die Hörminderung meist beidseitig und nur vorübergehend).

Über die Ursache des Hörsturzes dagegen weiß die Medizin fast nichts: Eine Durchblutungsstörung im Innenohr? Eine Entzündung? Eine Störung von Ionenkanälen oder eine Fehlsteuerung des Immunsystems? Eine Verletzung oder eine Infektion? Oder etwas ganz anderes? Und warum hat ein Hörsturz etwas mit Stress zu tun? Es ist noch nicht einmal klar, ob es sich um ein einheitliches Krankheitsbild handelt - denn Hörsturz ist nicht gleich Hörsturz: Oft tritt gleichzeitig ein Druckgefühl im Ohr auf oder eine Pelzigkeit der Ohrmuschel.

In den meisten Fällen kommt zum Hörverlust oder der Hörminderung ein Tinnitus, ein Klingeln im Ohr, hinzu. Und der Hörverlust selbst kann ein „Totalschaden“ sein oder nur eine leichte Minderung der Hörfähigkeit. Oder es sind nur etwa die hohen Frequenzen ausgefiltert, während die tiefen normal gehört werden.

Was kann man tun? Die meisten Ärzte gehen davon aus, dass eine Durchblutungsstörung im Innenohr die Ursache des plötzlichen Hörverlustes ist. Entsprechend besteht die Behandlung in blutverdünnenden Infusionen.

Einen willkommenen Nebeneffekt hat diese Therapie: Wer im Bett liegend am Infusionsschlauch hängt, ist zwangsweise ruhiggestellt - ein guter Ansatz für eine Krankheit, die sehr häufig in Stresssituationen auftritt.

Auch ohne Behandlung liegt die spontane Heilungsrate zwischen 30 und 90 Prozent - je nachdem, welcher Studie man glaubt. Trotz der großen Wissenslücken werden unzählige Therapien angeboten, die der Patient meist auch selbst bezahlen muss: von der Ozontherapie bis zur UV-Licht-Behandlung, von der Lasertherapie bis zur Eigenblutbehandlung. Diese Therapien sind wahrscheinlich völlig wirkungslos. Bei einer Behandlung mit gefäßerweiternden Substanzen kann der Schuss gar nach hinten losgehen: Da sich nur die gesunden Gefäße erweitern, wird die Blutversorgung an der kranken Stelle noch schlechter.

Man kann beim Hörsturz wenig richtig und viel falsch machen. Meist bildet er sich zurück. Und es bleibt eine Warnung: Der Körper ist überfordert, der Patient muss einen Gang zurückschalten, will er weitere vergleichbare Ereignisse vermeiden. Eine Gelbe Karte des Körpers - aber noch keine Rote.

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