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Horrorfilme in Schwarzweiß
11 Horrorklassiker, die sie kennen sollten

Lesezeit 9 Minuten
Böser Blick von Kyra Schon als Zombie-Mädchen in „Die Nacht der lebenden Toten“ (1968). Ihr Gesicht ist zur Hälfte mit Haaren bedeckt. Ihre Augen sind dunkel und schauen böse.

Kyra Schon als Zombie-Mädchen in„Die Nacht der lebenden Toten“ (1968).

Licht aus, Film an: Nichts gruselt am späten Abend so sehr wie alte Horrorfilme oder Psychothriller in Schwarz-Weiß. Wir haben 11 unsterbliche Klassiker ausgewählt, die Filmgeschichte geschrieben haben. Jeder dieser Filme hat ein bestimmtes Subgenre des Horrors beeinflusst oder begründet. Manchmal überschneiden sie sich oder gehen ineinander über. Diese Horrorklassiker sollten Sie kennen:

Monsterfilme und Zombiefilme

„Frankenstein“ (US 1931) 

Der definitive Monsterfilm mit Colin Clive als ultimativem verrückten Wissenschaftler Frankenstein, der ein künstliches Wesen, gespielt vom unvergessenen Boris Karloff, erschafft, ihm aber versehentlich ein kriminelles Gehirn verpasst. Der Film ist manchmal etwas staubig und schreit nach einer musikalischen Untermalung, ist aber trotzdem immer noch beeindruckend, ganz besonders wegen Karloffs Leistung in der Rolle, die ihn zum Star machte. Seine Darstellung und vor allem die Maske machten aus dem Monster eine Ikone der Popkultur und ein Referenzpunkt für unzählige Nachahmungen. Lange zensiertes Filmmaterial, das 1987 restauriert wurde, verstärkt die Wirkung einiger Schlüsselszenen, darunter eine besonders schockierende mit einem kleinen Mädchen.

1935 folgte die ebenfalls überragende Fortsetzung „Frankensteins Braut“, vier Jahre später konsequenterweise „Frankensteins Sohn“, ebenfalls sehr gut. „Frankenstein“ steht neben „Dracula“, „Die Mumie“ oder „Der Unsichtbare“ für eine lange Reihe hervorragender Horrorfilme aus den Universal Studios. Kein Zufall: diese erste Blüte des Horrorfilms fiel mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise zusammen. Der Horror des Alltags mit Not und Arbeitslosigkeit wurde auf der Leinwand gespiegelt.

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„Die Nacht der lebenden Toten“ („Night of the Living Dead“, US 1968)

George A. Romeros erster Spielfilm ist der Prüfstein des modernen Zombiefilms: Sieben Menschen verbarrikadieren sich in einem Bauernhaus, während eine Armee von fleischfressenden Zombies durch die Gegend streift. Der Film, der einst als das Nonplusultra des Horrorfilms galt, ist nach heutigen Maßstäben nicht mehr ganz so grauenerregend, hat aber trotz zahlloser Nachahmungen nichts von seinem Schrecken – insbesondere gegen Ende – eingebüßt. Die bescheidenen Produktionskosten tragen nur zum authentischen Gefühl bei.

Obwohl Zombies in der Filmgeschichte bereits lange vorher auftauchten, wurden sie hier erstmals nicht als durch Zauberkraft erweckte, willenlose Voodoo-Sklaven dargestellt, sondern als aus eigener Kraft aus den Gräbern steigende Untote. Richtig schlimm ist leider die neue deutsche Synchronisation von 2006 – mit neuer Musik, die eher nach den 1980er Jahren klingt. Also lieber bei der Synchro von 1971 oder direkt beim englischen Original bleiben! 1978 gab es mit dem enorm erfolgreichen Horrorfilm „Zombie – Dawn of the Dead“ übrigens ein starkes Quasi-Sequel.

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Psycho Biddy oder Grande Dame Guignol

„Was geschah wirklich mit Baby Jane?“ („What Ever Happened to Baby Jane“, US 1962)

Ein ehemaliger Kinderstar (Bette Davis) quält ihre querschnittsgelähmte Schwester (Joan Crawford) in ihrer verfallenen Hollywood-Villa. Nebenbei versucht sie ihre verblasste Karriere wieder aufleben zu lassen. Im Laufe der Handlung eskaliert der zunächst unterschwellig brodelnde Streit der beiden Schwestern immer mehr. Der Film löste eine jahrzehntelange Flut von älteren weiblichen Stars in Horrorfilmen aus (in den USA „Psycho Biddy“ oder „Grande Dame Guignol“ genannt).

Dabei sollen die Dreharbeiten zu „Baby Jane“ an sich schon filmreif gewesen sein, denn die angebliche Fede von Bette Davis und Joan Crawford war schon fast sprichwörtlich. 2017 entstand dahingehend die Serie „Feud“ mit Susan Sarandon als Davis und Jessica Lange als Crawford, die nicht nur die Dreharbeiten, sondern generell das Verhältnis und die späten Karrieren der Kinodiven beleuchtet. 1990 entstand eine wenig bekannte Neuverfilmung von „Baby Jane“ für das US-Fernsehen mit Vanessa und Lynn Redgraves in den Hauptrollen. 2002 wurde in Deutschland „Fahr zur Hölle, Schwester!“ mit Iris Berben und Hannelore Elsner produziert – ein Quasi-Remake.

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Haunted-House-Horror

„Schloss des Schreckens“ („The Innocents“, UK 1961) 

Ein erstklassiger, abgründiger Geister-Thriller nach Henry James' Horrornovelle „The Turn of the Screw“ („Die Drehung der Schraube“), mit Deborah Kerr als Gouvernante im England des 19. Jahrhunderts, die überzeugt ist, dass mit den beiden ihr anvertrauten Kinder etwas nicht stimmt. Oder ist alles nur Einbildung?

Kerr ist fantastisch als altjüngferliche Miss Giddens, die langsam den Verstand verliert und im Schloss zwischen wehenden Vorhängen und mit einem Kerzenleuchter bewaffnet hinter den beiden ebenfalls großartig spielenden Kindern herumirrt. Hervorragend ist auch das psychologisch raffinierte Drehbuch von William Archibald und Truman Capote. Für den „Guardian“ einer der 25 besten Horrorfilme aller Zeiten.

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„Bis das Blut gefriert“ („The Haunting“, US 1963)

Ein 90 Jahre altes Spukhaus in Neuengland ist Schauplatz für eine ausgewählte Gruppe von Menschen, die in das Übernatürliche eingeführt wird – mit haarsträubenden Ergebnissen. Ein klassischer Gruselfilm mit Atmosphäre und Stimmung, der eine untergründige Angst schürt.

Die große Theaterschauspielerin und fünffache Tony-Award-Gewinnerin Julie Harris („Jenseits von Eden“) in einer der Hauptrollen als übersensible Jungfer ist besonders stark und spielt mit einer Intensität, die an sich schon beängstigend ist. Nelson Giddings Drehbuch basiert auf Shirley Jacksons „Spuk in Hill House“ und wurde 1999 mit Lili Taylor und Catherine Zeta Jones als „Das Geisterschloss“ bzw. 2018 als Netflix-Serie „Spuk in Hill House“ neu verfilmt.

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„Die Wendeltreppe“ („The Spiral Staircase“, US 1946)

Der Film folgt der stummen jungen Helen in eine Kleinstadt im Vermont des frühen 20. Jahrhunderts, die von einem Serienmörder terrorisiert wird, der es auf behinderte Frauen abgesehen hat. Als Setting dient ein gespenstisches Herrenhaus, das mit den Häuten von wilden Tieren geschmückt ist und in dem Türen, Tore und Fensterläden knarren.

Ein hervorragender Hitchcock-ähnlicher Thriller mit einer unvergesslichen Leistung der unterschätzten Schauspielerin Dorothy McGuire als stummer Dienerin. Bemerkenswert auch die Broadway-Legende Ethel Barrymore in einer ihrer vielen großartigen Nebenrollen als bettlägerige Witwe Mrs. Warren, die von Helen gepflegt wird. 1975 entstand ein Fernsehfilm-Remake mit Jacqueline Bisset in der Hauptrolle.

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Horrorfilme mit Kindern

„Das Dorf der Verdammten“ („Village of the Damned“, UK 1960)

In dem kleinen englischen Dorf Midwich fallen Menschen und Tiere mitten am Tag für mehrere Stunden in einen tiefen, geheimnisvollen Schlaf. Einige Monate später ist jede gebärfähige Frau schwanger, und die Kinder, die aus diesen Schwangerschaften hervorgehen, scheinen sehr schnell zu wachsen und haben alle das gleiche blonde Haar und seltsame, durchdringende Augen, die die Menschen dazu bringen, Dinge zu tun, die sie nicht tun wollen. Ein bitterböser Science-Fiction-Horrorfilm und Klassiker des Genres, mit einigen schaurigen Momenten. Stilbildend für das Subgenre „Kinder in Horrorfilmen“.

George Sanders, für „Alles über Eva“ mit dem Oscar ausgezeichnet, spielt einen der Väter, wobei ihm Martin Stephens als furchterregendstes der kaltäugigen Kinder die Show stiehlt. Er spielte ein Jahr später auch eine hervorragende Rolle im „Schloss des Schreckens“. Wird leider nur noch selten im Fernsehen gezeigt, da das schwächere Remake von 1995 den Vorzug erhält. Nach dem Roman „Kuckuckskinder“ (1957) von John Wyndham.

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„Böse Saat“ („The Bad Seed“, US 1956)

Eine Mutter vermutet, dass ihre achtjährige Tochter ein herzloser Psychopath ist. Nach einem Broadway-Theaterstück von Maxwell Anderson inszeniert und dementsprechend an manchen Stellen theateresque, besticht der subtile Horrorthriller durch das bemerkenswerte Spiel der Darsteller. Sowohl Patty McCormack als teuflisches Kind im weißen Tutu, Nancy Kelly als verzweifelte Mutter und Eileen Heckart als Mutter, deren Kind ermordet wird, waren bereits in der Broadway-Inszenierung zu sehen. Alle erhielten Oscar-Nominierungen, obwohl der Film für damalige Verhältnisse sehr schockierend war.

Lächerlich wirkt jedoch das Postskriptum, das man nachträglich an den Film hängte, um dem Hays-Code zu entsprechen: Dem bösen Mädchen wird der Hintern versohlt. Patty McCormack spielte später in „Mommy“ eine ähnlich angelegte Rolle als Erwachsene. Sie ist auch in einer Nebenrolle als Psychologin im Lifetime-Remake „The Bad Seed Returns“ von 2022 zu sehen.

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Vampirhorror

„Vampyr – Der Traum des Allan Gray“ (DE 1932)

Kaum ein Land hatte mit expressionistischen Meisterwerken wie „Das Cabinet des Dr. Caligari“, „Der Golem, wie er in die Welt kam“ (beide 1920) oder „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ (1922) solch einen Einfluss auf den frühen Horrorfilm wie Deutschland. „Vampyr“ war gut zehn Jahre später einer der ersten Tonfilme, der diese Tradition fortführte. Der Film handelt von einem Reisenden namens Allan Gray, der in eine albtraumhafte Verschwörung verwickelt wird, als ein Mann ihn um Hilfe bittet, um seine Familie vor einem vermeintlichen Vampir zu retten. Seine erkrankte Tochter wird von Sibylle Schmitz gespielt, eine der besten Schauspielerinnen Deutschlands der 1930er und 1940er Jahre. Wir folgen Allan Grey auf seinem surrealistischen Trip in den Wahnsinn.

Regisseur Carl Dreyer nutzt dafür unsere unterbewussten Ängste aus. Angst und Besessenheit sind der Stoff des Films, und seine Stimmung ist beschwörend, verträumt und gespenstisch. Der Tod schwebt über allen. Die unvergleichlichen fotografischen Effekte sind das Werk von Rudolph Maté, dessen Einsatz von Licht, Schatten und Kamerawinkeln stilbildend sein sollten.

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Psychopathen und Serienmörder

„Psycho“ (US 1960)

Die schöne wie diebische Janet Leigh sucht sich den falschen Ort aus, um eine Nacht zu verbringen: Das Bates Motel (12 Hütten, 12 freie Zimmer – und 12 Duschen), das von einem sonderbaren jungen Mann (brillant: Anthony Perkins) und seiner schrulligen alten „Mutter“ geführt wird. Neben „Die Vögel“ der berüchtigtste Film von Alfred Hitchcock, der auch über 60 Jahre nach der Kinopremiere nichts von seiner Faszination verloren hat. Hitchcocks Mordszenen sind so wirkungsvoll, dass sie selbst einen Zuschauer, der sie schon einmal gesehen hat, mitreißen können.

Der Film war seinerzeit der beunruhigendste, in sexuellen Dingen freizügigste und gleichzeitig der gewalttätigste, der bis dahin in Hollywood produziert wurde. Bernard Herrmanns legendäre (und unendlich oft imitierte) Filmmusik trägt viel zur Spannung bei. Neben Janet Leigh als Nebendarstellerin wurde auch Alfred Hitchcock zum letzten Mal in seiner Karriere als bester Regisseur für den Oscar nominiert – und ging wieder leer aus. Es folgten drei (schwächere) Fortsetzungen sowie ein Fernsehfilm und eine erfolgreiche Serie namens „Bates Motel“.

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Behinderung in Horrorfilmen

„Freaks“ (USA 1932)

Ein einzigartiger Film über eine reisende Sideshow und die Kameradschaft ihrer ungewöhnlichen Darsteller, die sich in allem Elend ein Gefühl für Würde, Recht und Liebe bewahrt haben. Die Gemeinschaft wird von dem grausamen Trapezstar Baclanova zur Rache getrieben. Tod Browning („Dracula“), ein weiterer Meister des frühen Horrorfilms, versammelte für diesen bizarren, wie faszinierenden Film reale Sideshow-Künstler mit echten Fehlbildungen oder sonstigen Behinderungen. Was als Aufruf zu mehr Toleranz gedacht war, geriet zum Skandal bei einem Großteil des Publikums, das mit Unverständnis und Ablehnung reagierte.

In den USA wurde der Film bei der Veröffentlichung stark gekürzt und in manchen Bundesstaaten wie in Großbritannien lange verboten. Der Skandal war so groß, dass Browning nur noch wenige Filme realisieren konnte. Seit den frühen 1960er Jahren hat der Film seinen Status als Kultklassiker. Es ist auch unklar, wann der Film erstmals in Deutschland erschienen ist. Eine Fernsehausstrahlung lässt sich bis in das Jahr 1998 zurückverfolgen – als das hr-fernsehen ihn im Nachtprogramm zeigte. „Freaks“ diente auch als wichtige Inspiration für die vierte Staffel der Fernsehserie „American Horror Story“ mit dem Titel „Freak Show“ (2014-5).

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