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„Andere Eltern“Comedy-Serie begleitet Paare bei Kita-Gründung in Köln-Nippes

Lesezeit 4 Minuten
Spaß sieht irgendwie anders aus: Jannos (Jasin Challa, l.) und Björn (Serkan Kaya) im Bällebad

Spaß sieht irgendwie anders aus: Jannos (Jasin Challa, l.) und Björn (Serkan Kaya) im Bällebad

  • Helikopter-Eltern nennt man die überbehütenden Mütter und Väter, die jeden Schritt ihrer Sprösslinge genauestens beobachten und immer die einzigen sind, die wissen wie es geht.
  • Eine neue Kölner Comedy-Serie porträtiert Eltern, die in Nippes eine Kita gründen – und nimmt dabei jedes Klischee aufs Korn.

Köln – Das Kind braucht einen Namen. Tofu-Tiger? Blumenkinder? Oder vielleicht doch Bunkerkids? So unterschiedlich die Eltern sind, die da im Kölner Stadtteil Nippes zusammengekommen sind, um eine Kindertagesstätte zu gründen, so unterschiedlich ihre Vorschläge.

Am Ende setzt sich Nina (Lavinia Wilson) durch: Krimskrams-Kids soll die Kita heißen. Und dass die 38-Jährige ihren Wunschnamen durchbringt, ist kein Zufall. Sie ist mit dem dritten Kind schwanger und hat die Gründung angestoßen. Nina ist eine, die zwar über alles basisdemokratisch abstimmen lässt, aber erst dann zufrieden ist, wenn die Dinge genauso laufen, wie sie es will. Und abzustimmen gibt es viel: Soll die Ernährung vielleicht vegan oder vegetarisch sein? Gibt es einen eigenen Yoga-Raum? Braucht es das super teure Öko-Waschbecken oder reicht auch ein normales?

Helikopter-Eltern nennt man diese überbehütenden Mütter und Väter, die jeden Schritt ihre Sprösslinge genauestens beobachten und natürlich immer die einzigen sind, die wissen wie es geht. Weil man ja aber vordergründig wahnsinnig tolerant und verständnisvoll ist, macht man sich eben hintenrum das Leben schwer. Die Hölle sind ja bekanntlich immer die anderen.

Serie funktioniert als Mockumentary

„Andere Eltern“ heißt die neue Serie der Nippeser Produktionsfirma eitelsonnenschein deshalb auch, die ab Dienstag bei TNT Comedy zu sehen ist. Ideengeber und Regisseur des Formats war Lutz Heineking jr. Wie schon bei früheren Projekten hat sich sein Team für die Form der Mockumentary entschieden. Die Serie gibt vor, eine Dokumentarfilmerin, Ninas Mutter (Johanna Gastorf), bei ihren Dreharbeiten über die Kita-Gründung zu begleiten. Doch alle Rollen werden von Schauspielerin übernommen. „Bei Zeitgeistigem ist die Mockumentary eine tolle Form“, sagt Heineking jr., der die Serie mit den Autoren Sabine Steyer-Violet, Sebastian Züger und Ron Markus entwickelt hat. Und ihr Konzept geht auf. Sie haben den großartig agierenden Schauspielern ihre Rollenprofile vorgegeben, die Dialoge sind aber improvisiert. Dadurch wirkt das Geschehen erstaunlich authentisch. Mitunter vergisst man als Zuschauer, dass man hier Schauspielern zuschaut. Zu nah ist das Geschehen dran am ganz realen Irrsinn.

Extreme Eltern, aber keine Karikaturen

Die satirische Überspitzung übersteigt dabei nie das gerade noch Vorstellbare. Nina und all die anderen Eltern sind vielleicht extrem, was ihre Macken angeht, aber sie sind keine Karikaturen. Allzu oft ertappt sich der Zuschauer bei dem Gedanken: Die erinnert mich total an... Das gilt für Nina und ihren Mann Jannos (Jasin Challah) ebenso wie für Björn (Serkan Kaya), den vegane Kekse backenden Hausmann und seine Frau Yaa (Rebecca Lina), die sich zwischen ihrem Job und der Familie aufreibt. Anita (Nadja Becker) und Lars (Sebastian Schwarz), Anwalt, chronischer Besserwisser und, freundlich formuliert, politisch konservativ eingestellt, haben zwar noch kein Kind, weil es nicht so recht klappen will, sichern sich aber schon mal den Kitaplatz. Musikmanagerin Nike (Henny Reents) wurde nach einem One Night Stand schwanger und sieht das mit der Kindererziehung eher locker, ihr Bruder Malte (Daniel Zillmann) ist schwul und auf der Suche nach einer Mutter für sein Wunschkind.

Gedreht wurde tatsächlich wie bei einem Dokumentarfilm, chronologisch und ohne große Aufbauten. Die Serie entwickelte sich dann im Schnitt. „Wir haben fast alle Szenen nur einmal gedreht. Wenn man es nicht hat, hat man es eben nicht“, sagt Regisseur Heineking jr. „Das Regieprinzip ist manchmal, nichts zu tun. Wir hatten Takes von bis zu 45 Minuten. Das muss man auch aushalten.“

Schauspielern wird vieles abverlangt

Den Schauspielern verlangte diese Arbeitsweise einiges ab. „Für Leute, die immer die Kontrolle und das Heft in der Hand halten wollen, ist diese Art zu arbeiten schwierig“, sagt Nina-Darstellerin Lavinia Wilson. „Man hat eine ganz andere Verantwortung für die Figur, schließlich kann man hinterher nicht einfach sagen: Das war scheiße geschrieben.“ Die Vorbereitung für die Rolle und auch die Dreharbeiten seien sehr intensiv gewesen, sagt auch Sebastian Schwarz. „Man muss sich da wirklich in den Charakter und dessen Biografie reinarbeiten.“ Eine weitere Hauptrolle in der Serie spielt Nippes, der Stadtteil, in dem Lutz Heineking lebt. „Gerade bei dieser Form ist es gut, extrem kurze Wege zu haben. Wir drehen da, wo wir privat trinken“, sagt er. Und in der Tat hat er seinem Veedel viel Raum gegeben.

Wichtig ist allen Beteiligten zu betonen, dass es nicht darum gehe, sich nur plump lustig zu machen. „Die Komik muss aus einer Verzweiflung und Verunsicherung heraus entstehen. Sonst würden wir die Figuren vorführen, und das wollen wir nicht, auch keine Helikoptereltern.“, sagt etwa Lavinia Wilson. Und Lutz Heineking jr. ergänzt: „Im Grunde ist es ein Porträt unserer Generation. Sarkastisch, überspitzt, gemein-liebevoll.“ Und sehr lustig.

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