„Danke für dieses Referat“Trittin belehrt JU-Vorsitzenden Kuban bei „Hart aber fair“

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Kuban Trittin HAF 250122

Jürgen Trittin (l.) belehrt den JU-Vorsitzenden Tilman Kuban.

Köln – „Schön, dass Sie es sich leisten, ‚Hart aber fair‘ zu sehen. Kostet ja Strom." Mit etwas Ironie begrüßt Moderator Frank Plasberg die Zuschauer von „Hart aber fair“ an diesem Montagabend, an dem es mal nicht um das Coronavirus geht. Im Mittelpunkt steht ein anderes existenzielles Thema: „Zu Hause warm und hell: Wer kann sich diese Energiepreise noch leisten?“ war die Fragestellung, der sich die Sendung diesmal widmete.

Über das Thema diskutierten:

  • Tilman Kuban
  • Jürgen Trittin
  • Harald Lesch
  • Kerstin Andreae
  • Wolfram Weimer
  • Christina Wallraf

Ob Strompreise oder Gaspreise, beide kennen aktuell nur eine Richtung: aufwärts. Doch was tun?

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Der Oberlehrer: Jürgen Trittin, so der Eindruck, weiß es eben einfach besser und teilt deshalb mal gerne mit Sätzen in „Wie doof bist du denn?“-Manier gegen Sitznachbar Tilmann Kuban aus. Nordstream 1 und Nordstream 2 seien schon zwei unterschiedliche Pipelines, belehrt der Grünen-Politiker da den Junge-Union-Bundesvorsitzenden.

Mit allerlei Zahlenwerk versucht Trittin später darzulegen, dass die Erneuerbaren Energien ja weltweit so viel günstiger als fossile Energien seien, weil Deutschland diese Entwicklung erst angestoßen habe. „Danke für dieses Mini-Referat“, bedankt sich Plasberg beim Herr Lehrer.

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Ansonsten freut sich Jürgen Trittin den ganzen Abend über die Senkung der EEG-Umlage, die ja dann auch die Energiekosten wieder sinken lassen soll. Jürgen rettet Deutschland vor dem Energiepreis-Schock. Ob das am Ende tatsächlich für einen niedrigeren Strompreis sorgt? Kuban ist sicher: „Das wird ein Nullsummenspiel“, weil die wegfallende Umlage den Anstieg der Strompreise nicht ausgleichen werde. Sollte Kuban Recht behalten, dann wird er wohl zu Hause sitzen und in sich hineinlächeln, weil er schlauer als Oberlehrer Trittin war.

Ach und Herr Trittin, was wird denn mit dem im Grünen-Wahlkampf vielgepriesenen Energiegeld, das die steigende CO2-Bepreisung ausgleichen soll? Das heißt jetzt Klimageld und kommt irgendwie, irgendwann ...

Der Soziale: Tilman Kuban ist nicht sonderlich laut an diesem Abend und redet auch nicht extrem viel, aber wenn er etwas sagt, dann steckt erfreulicherweise (Selbst)Erkenntnis darin, oder er versucht Trittin mit Einwürfen von der Seite aus der Oberlehrer-Sphäre zu holen. 

Die erfreuliche Erkenntnis eins ist, dass wohl alle, die da an diesem Abend sitzen, so privilegiert und gutverdienend sind, dass sie sich keine Sorgen um die Bezahlung der gestiegenen Energiepreise machen müssen. Erkenntnis zwei: Für eine vierköpfige Familie bedeuten 2500 Euro mehr Energiekosten im Jahr keinen Sommerurlaub. Erkenntnis drei: Dass Menschen mit niedrigen Einkommen mit einem Heizkostenzuschuss unterstützt werden sollen, ist ja schön, hilft aber all den anderen, die überlegen müssen, wie sie die 1500 Euro mehr an Kosten jährlich zahlen können, auch nicht. „Steuern und Abgaben, da müssen wir jetzt ran“, sagt Kuban und meint damit, dass Öko- und Mehrwertsteuer runter müssen.

Der Kritische: Publizist und Verleger Wolfram Weimer hat eine ganz klare Meinung und eine noch klarere Lösung für das Problem der steigenden Energiekosten. „Der Staat macht den Strom teuer“, sagt er. Mehr als 50 Prozent des Preises seien Abgaben an den Staat. Der Staat müsse diese Abgaben also endlich senken, um die deutschen Verbraucher zu entlasten. Sofort. Auch, dass Deutschland aus Atomkraft, Kohlekraft und allem, was noch fürs Klima schädlich ist, quasi auf einmal aussteigen will, hält er für keine gute Idee, erhöhe es doch die Abhängigkeiten von Gas als Brückentechnologie.

Ansonsten fürchtet Weimer angesichts der Energiepreise um den Wirtschaftsstandort Deutschland und befürchtet, dass Unternehmen, die sich das nicht mehr leisten wollen oder vielmehr können, einfach abwandern. Es gebe Glashütten, die Wirtschaftskrisen überstanden hätten und jetzt sagen: „Diese Energiepreise werden wir nicht überleben.“

Ach und apropos Klimageld. Dass der Staat täglich 200 Millionen Euro an Ökosteuer und Mehrwertsteuer an der Energie verdiene und dann so tue, als sei er großzügig, wenn der Bürger 200 Euro Klimageld bekommt, das sei doch unverschämt. Mann würde den Bürgern ja nur etwas von dem geben, was man ihnen vorher abgenommen habe.

Die Pragmatische: Kerstin Andreae hat für vieles eine sachliche und durchaus verständliche Erklärung parat. Dass Grundversorger, die jetzt zusehen müssten, wie sie 60.000, 70.000 gekündigte Kunden, etwa von Stromio, mit Energie versorgt bekommen und dafür höhere Preise nehmen müssten, sei nachvollziehbar. Denn um den Bedarf zu decken, müsse teuer und tagesaktuell am Energiemarkt zugekauft werden. Und das kostet eben.

Ansonsten ist Andreae überzeugt, dass die Atomkraft in Deutschland „Geschichte“ ist, ein Umstieg aber ohne Gas und Kohle, die eine dauerhafte Last im Netz gewährleisten kann, nicht zu schaffen sei. Einen Kohleausstieg 2030 hält sie deshalb für „sehr ambitioniert“.

Mit Blick auf die aktuelle Russland-Ukraine-Problematik und aus dem Konflikt resultierende mögliche Probleme der Gasversorgung für Deutschland bleibt sie gelassen. Es gebe entsprechende Sicherheitskonzepte, die dann greifen würden. So würden Unternehmen etwa Produktlinien zurückfahren können, um Energie freizumachen. Zudem hätte man Flüssigerdgas-Tanks auf die man zurückgreifen könne.

Der Unbequeme: Aus Sicht von Harald Lesch waren wir es bisher einfach gewohnt, sehr viel Strom sehr günstig zu verbrauchen. Mit anderen Worten: „Wir leiden an energetischer Adipositas.“ Überhaupt frage er sich, woher eigentlich die Idee komme, dass Energie „billig“ sein müsse. Dennoch hat er einige Vorschläge, wie sich die Last umverteilen ließe. So müsse man das Dienstwagenprivileg abschaffen, Kerosin besteuern.

Dass es jetzt so haarig werde, liegt aus Leschs Sicht auch daran, dass Deutschland beim Ausbau der Erneuerbaren Energien zu lange gepennt habe. Mit Blick darauf kann er sich auch einen Seitenhieb auf die Bevölkerung und das „Akzeptanzproblem" (Ein Windrad ja, aber bitte nicht vor meiner Tür) nicht verkneifen.

Zur Idee der EU, die Atomkraft als nachhaltig und klimafreundlich einzustufen, fällt ihm nicht viel ein außer: „Die sind verrückt“, und: „Was haben die genommen?" 

Die Verbraucherschützerin: Christina Wallraff kann vor allem mit praktischen Tipps aufwarten für Verbraucher, denen von ihrem Stromanbieter gekündigt wurde. „Unzulässig“ ist das laut Verbraucherzentrale. Betroffene Verbraucher sollten sofort alle Zahlungen einstellen, die Zählerstände ablesen und an alten und neuen Versorger melden und das, was sie nun mehr an Stromkosten durch den erzwungenen Wechsel zum Grundversorger zahlen müssen, vom bisherigen Anbieter zurückfordern. Einen entsprechenden Musterbrief gebe es online. Ansonsten solle man sich nach Möglichkeit schnell einen anderen, günstigeren Anbieter suchen. 

Sonstige (unschöne) Erkenntnisse des Abends: Energie wird wohl erstmal weiter teuer bleiben, und wenn dann in 25 Jahren der Umbau hin zu den Erneuerbaren Energien geschafft ist, dann wird es bestimmt auch mal wieder billiger. Die Chinesen pusten so viel Dreck in die Luft, dass am Ende eigentlich eh alles egal ist.

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