„Hochmodernes Zeugs“Baerbock zaudert wegen Kampfpanzer-Lieferungen bei „Anne Will“

Lesezeit 3 Minuten
Baerbock DPA 190922

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigt sich offen für Panzerlieferungen in die Ukraine.

Berlin – Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat in der ARD-Talkshow „Anne Will“ erneut keine klare Zusage für die Lieferung moderner Kampfpanzer in die Ukraine gegeben. Deutschland liefere keine modernen Panzer im Alleingang, das sei der derzeitige Stand, sagte Baerbock am Sonntagabend.

„Ich bin dafür, dass wir alles liefern, was den Unterschied macht, um Menschen zu befreien. Aber das muss gemeinsam passieren. Es kommt auf jede Woche an, aber Lieferungen können nur international abgestimmt passieren“, erklärte Baerbock und unterstrich damit auch die Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

„Anne Will“: Annalena Baerbock zögert bei Panzerlieferungen

Zunächst begrüßte die Grünen-Politikerin allerdings die Landgewinne der ukrainischen Armee.  150.000 Menschen hätten durch die ukrainische Gegenoffensive in den vergangenen Tagen in ihre Heimat zurückkehren können. Deutschland wolle die Streitkräfte weiter unterstützen. „Wir liefern bereits Panzer. Wir liefern Bergepanzer, den Gepard und auch im Ringtausch Panzer sowjetischer Bauart, die sofort eingesetzt werden können“, erklärte Baerbock.

Alles zum Thema Annalena Baerbock

Allerdings müsse das gelieferte Material vor Ort auch entsprechend bedient werden und langfristig Hilfe gewährleisten. „Wir sehen auch, dass dieses Material, wenn es falsch bedient wird, schnell kaputtgeht, wenn es falsch bedient wird. [...] Daher können Lieferungen von hochmodernen Schützen- und Kampfpanzern nur international gemeinsam funktionieren. [...] Wir können diesen Schritt nicht alleine gehen.“

Baerbock gestand allerdings, dass die deutsche Haltung zu Waffenlieferungen in den ersten Kriegswochen zu zögerlich gewesen sei: „Wir waren in Deutschland am Anfang ein Stückchen zu langsam“, so die Außenministerin weiter. Allerdings sei es nach wie vor wichtig, sich mit den internationalen Bündnispartnern, wie beispielsweise den USA, abzustimmen.

Annalena Baerbock: Panzer sind „hochmodernes Zeugs“ 

„Jeder Tag unter russischer Besetzung bedeutet schlimmste Kriegsverbrechen.“ Die Argumente zu den Panzerlieferungen seien nicht neu, allerdings hätte die Erfahrung gezeigt, dass solche Lieferungen nur gemeinsam mit den internationalen Bündnispartnern funktionierten. Zudem sei es wichtig, dass die Geräte vor Ort bedient werden könnten.

„Wir haben einen Hub eingerichtet, in dem Panzer repariert und instand gesetzt werden. Reparatur klingt immer so wie eine Kleinigkeit. Aber das ist ja nicht so, als ob man mit dem Auto mal eben zum TÜV fährt. Das ist hochmodernes Zeugs, dass auch ich als Außenministerin nicht verstehe.“

Man sehe bei den Panzerhaubitzen, dass diese im Einsatz nach wenigen Wochen kaputt seien, weil die Umstände im Einsatz noch einmal andere seien als bei einem Lehrgang. „Deshalb ist der Ringtausch, auch wenn ihn viele belächeln, etwas, was den Unterschied machen kann.“

„Anne Will“: Ex-Bundeswehr-General Egon Ramms kritisiert Bundesregierung

Bundeswehr-General a.D. Egon Ramms dagegen kritisierte die Bundesregierung, die Argumente der Bedienbarkeit seien nicht haltbar, man könne ukrainische Soldaten durchaus binnen weniger Wochen den Umgang mit den Panzern beibringen.

Außerdem sei es schwierig, wenn Deutschland eine Führungsrolle einnehmen wolle, dies aber nur aus der zweiten Reihe heraus mache. „Man muss schon nach vorne treten, wenn man führen will. Das Problem ist, dass Putin das, was bei uns passiert, als Schwäche auslegt“, sagte Ramms.

Der ehemalige Bundeswehr-General monierte, dass mitunter die anstehende Landtagswahl in Niedersachsen die Ukraine-Politik beeinflusse. „Das halte ich für schwierig, denn wir sollten die Sicherheit Deutschlands im Auge behalten.“ Wenn Deutschland eine Position der Stärke zeige, habe das Auswirkungen auf Putin.

„Anne Will“: CDU-Politiker belächelt Olaf Scholz für Putin-Telefonat

Der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter kritisierte, dass Deutschland im Gespräch mit Putin keine Stärke zeige.

„Wenn Macron mit Putin telefoniert, dann erreicht er, dass Atomkraft-Experten nach Saporischschja dürfen. [...] Wenn er mit Olaf Scholz telefoniert, dann spricht er von nuklearer Eskalation.“ Putin bediene die deutsche Angst, seine Drohungen seien aber haltlos.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ebenfalls zu Gast bei „Anne Will“ waren am Sonntagabend der ehemalige Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD) und die Journalistin Anne Applebaum. (shh)

KStA abonnieren