Interview mit Tom Bartels„Ich bin kein Fan am Mikrofon“

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Für die ARD in Brasilien: Reporter Tom Bartels

Für die ARD in Brasilien: Reporter Tom Bartels

Herr Bartels, Sie dürfen in der ARD zum ersten Mal das Finale einer Fußball-WM kommentieren. Was bedeutet das für Sie?

Tom Bartels (49): Es ist ohnehin schon eine Ehre, dabei zu sein. Ich spüre durchaus eine gewisse Verantwortung und freue mich wahnsinnig darauf, im Maracaná, im vielleicht mystischsten Stadion der Welt, zu kommentieren. Ich beginne bei der WM aber ganz bodenständig mit Uruguay gegen Costa Rica, habe dann irgendwann auch deutsche Spiele. Aber klar, das Finale werde ich im Hinterkopf haben. Es ist etwas ganz Faszinierendes und Tolles. Unser Land wird komplett zuschauen.

Dafür müsste aber wohl Deutschland ins Endspiel kommen...

Bartels: Wenn ich es mir wünschen könnte, würde Deutschland das Finale erreichen. Dass es wahnsinnig schwer wird für Deutschland, weiß ich aber spätestens seit dem Confed-Cup im letzten Jahr. Allein schon wegen des Klimas, es ist sehr schwierig, bei extremer Luftfeuchtigkeit und hohen Temperaturen super Fußball zu spielen.

ARD und ZDF arbeiten bei der Fußball-WM in Brasilien eng zusammen und zeigen vom 12. Juni bis zum 13. Juli alle 64 Spiele live. Für die ARD kommentieren Tom Bartels, der beim Endspiel zum Einsatz kommt, Gerd Gottlob und Steffen Simon. Wolf-Dieter Poschmann, Bela Rethy, Oliver Schmidt und Thomas Wark sitzen an den ZDF-Mikrofonen. Rethy kommentiert das Eröffnungsspiel zwischen Brasilien und Kroatien. (ksta)

Warum kommt Ihr Stil der Kommentierung bei den ARD-Sportchefs so gut an?

Bartels: Ich nehme das an, dass er gut ankommt. Ich habe ihn in den letzten Jahren nicht großartig geändert. Ich versuche, der Sache gerecht zu werden. Auf gar keinen Fall geht es mir um mich selbst. Ich bin nur Vermittler. Mir ist klar, dass die Menschen das Finale einer Fußball-WM wegen der beiden Mannschaften sehen, die dort spielen – und ganz bestimmt nicht wegen mir.

Stimmen Sie zu, dass Ihr Stil eher zurückhaltend ist im Vergleich zu vielen anderen Reportern?

Bartels: Ich glaube nicht, dass ich zurückhaltend bin. Ich versuche, mich dem Spiel anzupassen. Wenn es außergewöhnlich ist, versuche ich, es außergewöhnlich rüberzubringen. Wenn es das Spiel nicht hergibt, mache ich es nicht. Ich sehe meine Aufgabe nicht darin, dem Zuschauer das Spiel hochzujubeln, sondern das zu übertragen, was stattfindet. Ich bin kein Hofberichterstatter und sitze auch nicht wie ein Fan im Deutschland-Trikot am Mikrofon. Dafür müsste man einen anderen suchen. Natürlich bin ich für Deutschland, ich versuche aber schon, ein Spiel neutral zu bewerten.

Sie sind in Internet-Foren schon heftig angefeindet worden. Nehmen Sie so etwas zur Kenntnis?

Bartels: Ich nehme alles zur Kenntnis. Ich könnte aber den Job nicht machen, wenn ich versuchen würde, allen gerecht zu werden. Dann wäre ich ein verbogener Reporter, der gar nicht mehr weiß, was er denkt. Ich versuche, es so zu machen, wie ich es kann. Mir geht es immer um das Spiel, niemand ist größer als das Spiel, schon gar nicht der Reporter. Ich kommentiere nicht, um bejubelt zu werden, sondern um das Spiel so einzufangen, wie es ist.

Das Gespräch führte Christiane Mitatselis

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