Rededuell bei „Maischberger“Wagenknecht spricht von Kriegsverbrechen auch der Ukraine

Lesezeit 4 Minuten
Maischberger Wagenknecht 040522

Sahra Wagenknecht bei Sandra Maischberger 

Seit dieser Woche läuft der Talk mit Sandra Maischberger zweimal in der Woche in der ARD.  Zu Gast in der ersten Dienstagssendung waren neben Showmaster Frank Elstner, Miriam Lau („Zeit“), Melanie Amann („Spiegel“), Waldemar Hartmann (Sport-Moderator) auch Sahra Wagenknecht („Die Linke“) und Marieluise Beck („Grüne“).

Die beiden Politikerinnen lieferten sich ein Streitgespräch über den Ukraine-Krieg und speziell um die Lieferung schwerer Waffen durch Deutschland. Beck hat als eine der ersten aus der deutschen Politik selber in den vergangenen Wochen die Ukraine besucht, um ihre Solidarität mit dem angegriffenen Land auszudrücken und sich ein Bild von der Lage zu verschaffen. Sie sagt: „Es muss alles geliefert werden, was die Ukrainer in diesem Krieg brauchen“.

Sahra Wagenknecht vertritt die Gegenposition, die ihr in der Vergangenheit bereits viel Kritik als „Putin-Versteherin“ eingebracht hat. Sie glaubt, dass Waffenlieferungen an die Ukraine kontraproduktiv sind und Frieden nur auf diplomatischem Weg erzielt werden kann.  

Das könnte Sie auch interessieren:

Beck erklärt, dass sie in ihrer eigenen politischen Vergangenheit – sie engagierte sich in der Friedensbewegung – nicht über die letzten Konsequenzen eines „fundamentalen Pazifismus“ nachgedacht habe. Dies könne eben auch im Gegensatz zu den Menschenrechten stehen. Ihr Umdenken habe aber schon lange vor dem russischen Angriff auf die Ukraine begonnen. Spätestens der Bosnienkrieg habe dies bewirkt.

Wagenknecht bezeichnet sich auch nicht als Pazifistin, denn sie glaube, dass Deutschland beispielweise eine Armee zur Selbstverteidigung brauche. Sie verurteilt den Angriff auf die Ukraine, glaubt aber, dass die Gefahr eines Atomkrieges zu groß sei. Die Linke-Politikerin beruft sich auf Kennedy, der gesagt habe, man dürfe eine Atommacht nie in eine Lage bringen, aus der es keinen „gesichtswahrenden Ausweg“ mehr gibt. Sie finde Waffenlieferungen an die Ukraine „unverantwortlich“, da zum einen das Leid der Bevölkerung dort vergrößert werde und auch Deutschland in Gefahr gerate.

Beck: „Würden Sie der Ukraine empfehlen, dass sie sich ergibt?“

Beck sagt, niemand könne ausschließen, dass Putin zur Atomwaffe greifen werde. Der Westen dürfe sich aber nicht erpressbar machen. Putins Absichten seien nicht auf die Ukraine beschränkt, sondern er wolle möglicherweise auch Polen und das Baltikum angreifen. Daher gehe es nicht nur um Menschenrechte, sondern es sei auch im Interesse des Westens, Putin zu stoppen. „Waffen können auch schützen, nicht nur töten“, so Beck in Richtung Wagenknecht. Sie bezieht sich auf die Zivilisten in den angegriffenen Gebieten. „Würden Sie der Ukraine empfehlen, dass sie sich ergibt?“ will sie wissen. 

Wagenknecht sagt, darum gehe es nicht. Sie finde, man müsse aus „dieser Logik von Sieg und Niederlage“ heraus, das sei fatal. Der Krieg werde sowieso nur durch Verhandlungen beendet werden. Eine Lösung wäre, Moskau eine Neutralität der Ukraine anzubieten, um, so Wagenknecht erneut, einen für Putin „gesichtswahrenden Frieden“ zu erzielen. 

Wagenknecht spricht von Kriegsverbrechen der Ukraine im Donbass

Russland habe mit den Kriegsverbrechen seiner Armee in Butscha und anderen Orten sein wahres Gesicht gezeigt, meint Beck, Wagenknecht kontert, auch die ukrainische Seite begehe Kriegsverbrechen. „Wo?“ will Maischberger wissen. Im Donbass sei dies geschehen, so Wagenknecht. Die Moderatorin interveniert, ob die Linken-Politikerin tatsächlich der Meinung sei, man könne von Kriegsverbrechen gleichermaßen auf beiden Seiten sprechen.

Wagenknecht weicht aus, eine Dementi kommt ihr nicht über die Lippen. In Kriegen würden immer „furchtbare Dinge“ geschehen. Die USA und ihre Verbündeten hätten das Ziel, mit immer neuen Waffenlieferungen den Krieg am Laufen zu halten und in Kauf zu nehmen, dass mit jedem Tag dort Menschen sterben. Notfalls müsse man auch über den Kopf der Ukraine hinweg eine diplomatische Initiative ergreifen.

Wagenknecht gesteht Irrtum

Beck ist angesichts dieser Argumentation sichtbar empört. Sie hält sich jedoch zurück und sagt am Ende des Gesprächs, man müsse der Ukraine die freie Entscheidung zubilligen, ob sie sich verteidigen wolle oder nicht. Wagenknecht driftet ab in Vorwürfe gegen die USA, die anderen Ländern ja auch keine Bündnisfreiheit zugestehen würden. Als Beispiel nennt sie die Inselgruppe der Salomonen im Südpazifik, die sich mit China verbünden wollten. Beck und Maischberger wirken leicht fassungslos angesichts der sich in Rage redenden Wagenknecht. 

Maischberger fragt Wagenknecht ganz konkret, wie sie heute zu ihrer Aussage stehe, Putin wird nie und nimmer die Ukraine angreifen. Das hatte die Politikerin vier Tage vor dem Angriff Putins auf die Ukraine öffentlich gesagt. Ob nicht etwas mehr Demut gefragt sei, will die Moderatorin indirekt wissen. Wagenknecht gesteht einen Irrtum ein, geht aber schnell darüber hinweg. 

KStA abonnieren